FC Augsburg:Und dann sprang Raul

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Stürmer Raul Bobadilla (links) verlor nach etlichen Entscheidungen gegen sich kurz vor der Halbzeit die Beherrschung. Mit Gelb-Rot musste er vom Platz. (Foto: Christof Stache/AFP)

Das 0:1 im Auftaktspiel gegen Hertha BSC sorgt nicht nur für schlechte Laune und Verletzungen, sondern gipfelt in der Aufregung um die gelb-rote Karte für Stürmer Raul Bobadilla.

Von Kathrin Steinbichler

Ein Kapitän verkörpert im besten Fall seine Mannschaft. Er steht für sie. Er kämpft für sie. Er spricht für sie. In guten wie in schlechten Zeiten. So gesehen gab es zu diesem Bundesligaauftakt des FC Augsburg wohl keinen besseren Kapitän als Paul Verhaegh.

Als der 31-jährige Niederländer an diesem Samstag vor die Mikrofone trat, waren auf seinen Wangen, seiner Nase und seiner Stirn noch die Überreste hastig verwischter Blutflecken zu sehen. Seinen Kopf zierte ein ebenso abgekämpft aussehender Verband, der eine während der Partie erlittene und getackerte Platzwunde bedeckte, das Trikot hing ihm schweißnass und mit Grasflecken am Leib. Dieses erste Liga-Heimspiel zum Start in die neue Saison hatte seine Spuren hinterlassen bei Paul Verhaegh und dem FC Augsburg, und eigentlich wollte der Kapitän gar nicht mehr darüber reden. Das Spiel hatte ja auch genug ausgesagt.

"Mit dem Kopf gegen den Gegner, Platzwunde, fertig", fasste Verhaegh die Szene zusammen

"Mit dem Kopf gegen den Gegner, Platzwunde, fertig", fasste Verhaegh den Moment in der 26. Minute zusammen, der ihm die Verletzung eingebracht hatte. Irgendwie hatten sie es in Augsburg ja geahnt, dass es nach der vorangegangen, euphorie-getränkten Saison mitsamt der Qualifikation zur Europa League nicht leichter, sondern eher schwerer werden würde für den FCA. Angesichts der Dreifachbelastung aus Bundesliga, DFB-Pokal und Europa League war klar, dass Augsburg eine arbeitsreiche Spielzeit mit Blut, Schweiß und Tränen bevorsteht. Dass die Mannschaft das gleich so wörtlich nehmen würde, konnte ja niemand ahnen. Wobei: Geheult hat am Samstag keiner. Aber fast.

0:1 (0:0) verlor Augsburg gegen Hertha BSC, wegen eines Foulelfmeters von Salomon Kalou (48.). Mehr brachte der Hauptstadtklub nicht zustande, der FC Augsburg aber wusste letztlich auch keine verwertbare Antwort zu geben. Trotz einer Handvoll guter Chancen, die allesamt gut herausgearbeitet und doch allesamt vergeben wurden. "Wir hätten einen Punkt verdient", war Verhaegh überzeugt, "aber manchmal bekommt man eben nicht, was man verdient."

Mit dem Philosophieren darüber, was für wen verdient war an diesem Tag und was nicht, könnte man sich noch eine ganze Saison lang aufhalten. Der Ärger, der auf Seiten des FCA im Laufe des Spiels immer mehr zu hören und zu sehen war, brachte allerdings nur einem etwas ein: Stürmer Raul Bobadilla. Der nämlich fühlte sich nach einer sehr frühen, nicht notwendigen ersten gelben Karte (5.) und darauffolgender Entscheidungen gegen sich derart missachtet, dass er kurz vor der Halbzeit die Beherrschung verlor. Als er in vollem Lauf von Herthas Per Skjelbred gefoult wurde, rannte Bobadilla an der Seitenlinie weiter - und sprang dann mit dem Bein voran in Richtung des heransprintenden Fabian Lustenbergers. Beide lagen danach am Boden, Raul Bobadilla aber musste das Spielfeld verlassen: Mit dem gestrecktem Bein in den Gegner, Gelb-Rot, fertig (45.+2).

Vor der Partie hatte der FCA noch die vorzeitigen Vertragsverlängerungen von Innenverteidiger Jan-Ingwer Callsen- Bracker (bis 2017) und Bobadilla (bis 2018) bekannt gegeben. In der Auswärtspartie bei Eintracht Frankfurt am nächsten Samstag (15.30 Uhr) aber wird der paraguayische Nationalspieler jetzt gesperrt fehlen. Und das, nachdem er bereits die letzte Partie der Vorsaison nach einem Platzverweis verpasst hatte.

Philipp Max gab für 20 Minuten sein Debüt, Baba wartet nach dem Medizincheck auf sein Visum

"Natürlich schaut's bei Bobadilla immer so aus, dass er mit vollem Körpereinsatz arbeitet. Aber deshalb darf nicht alles gegen ihn gepfiffen werden", ereiferte sich FCA-Trainer Markus Weinzierl, der sich wie Manager Stefan Reuter schon während des Spiels kaum beruhigen wollte. Dass nach etwas mehr als einer Stunde und Gelb-Rot für Berlins Roy Beerens (66.) wieder Gleichzahl herrschte, tat dem Spiel des FCA sichtlich gut: Vor allem Alexander Esswein entwickelte Zug zum Tor und verausgabte sich bis zur Erschöpfung, platzierte den Ball jedoch insgesamt dreimal ans Aluminium. Sascha Mölders Kopfball Sekunden vor dem Abpfiff drückte Hertha-Torhüter Thomas Kraft noch an die Latte.

Dass Zugang Philipp Max, 21, die letzten 20 Minuten sein Debüt als Linksverteidiger geben durfte, wirkte angesichts der aufgeladenen Atmosphäre im Stadion wie eine Feuertaufe. Sein gleichaltriger Vorgänger konnte ja auch nicht, Rahman Abdul Baba saß auf der Tribüne, zwischen Finanz-Geschäftsführer Peter Bircks und seinem neu verpflichteten ghanaischen Landsmann Daniel Opare. Manager Reuter bestätigte, dass Baba am Samstag den Medizincheck des FC Chelsea bestanden habe. Am Sonntagabend meldeten beide Seiten dann den Vollzug. Für den 21 Jahre alten Außenverteidiger soll Augsburg etwas mehr als 20 Millionen Euro erhalten. Plus Bonuszahlungen.

© SZ vom 17.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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