FC Augsburg:Sorgenfrei wütend sein

FC Augsburg v Bayer 04 Leverkusen - Bundesliga

Erst Ärger, dann Jubel: Kevin Danso (rechts) trifft einmal ins eigene und einmal ins gegnerische Tor.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Eigentor, Rückstand, Ausgleich: Der FC Augsburg beweist beim 1:1 gegen Leverkusen seine neue Robustheit.

Von Max Ferstl, Augsburg

Der Fußballer Philipp Max hat gerade einen Lauf. Der Außenverteidiger des FC Augsburg erledigt seine Aufgaben zuverlässig, er hat ein Tor geschossen und schon fünf vorbereitet. Und auch als er am Freitag gemeinsam mit Teamkollege Kevin Danso beim Friseur saß, machte er alles richtig. Während sie sich die Haare schneiden ließen (Max oben lang, seitlich kurz, Danso eher schlicht) sagte Max: "Es wird Zeit für dein erstes Bundesligator." So erzählte er es jedenfalls am Samstagabend, nachdem Danso zuvor mit seinem frisch frisierten Kopf gegen Leverkusen den Ball zum Ausgleich über die Linie gedrückt hatte - sein erstes Bundesligator.

Dieser Treffer hätte für sich genommen schon eine nette Geschichte sein können: Kevin Danso, 19 Jahre jung, sichert Augsburg mit seinem Ausgleich einen wichtigen Punkt, das Spiel endete 1:1. Doch die Geschichte wurde noch besser. Zum einen, weil sie etwas tragisch war. Zum anderen, weil sie erklärte, was den FCA in dieser Spielzeit auszeichnet: die Mentalität.

Der Plan: aggressives Verteidigen, hohe Laufbereitschaft, Einsatz

Kurz vor seinem Tor in der 49. Minute war Danso unglücklich weggerutscht, als er einen harmlosen Befreiungsschlag klären wollte. Er hatte sich zwar gleich wieder aufgerappelt, fand aber nicht schnell genug Balance, um Kevin Volland am Führungstor zu hindern. "Bei uns darf man Fehler machen", sagte Trainer Manuel Baum. Die Mannschaft ist in dieser Saison robust genug, um solche Missgeschicke zu kompensieren - auch gegen besser besetzte Teams. Auch deshalb liegt der FC Augsburg im Mittelfeld der Tabelle, punktgleich mit Leverkusen, und weit entfernt von den Abstiegsplätzen. "Es ist das Ziel, eine sorgenfreie Runde zu spielen", sagte Rani Khedira. "Momentan ist sie sorgenfrei." Anders als die vergangene, als Augsburg an der Schwelle zur zweiten Liga taumelte.

Die Gründe für den Aufschwung sind hinreichend diskutiert worden. Baum lässt einen einfachen Fußball spielen, der Augsburgs Stärken in den Vordergrund rückt: aggressives Verteidigen, hohe Laufbereitschaft, Einsatz. "Es gibt klare Aufgaben. Das macht es einfach, den Plan umzusetzen", erklärte Michael Gregoritsch.

Gegen Leverkusen kam ein weiteres Argument hinzu: Die Augsburger sind auch in der Lage, aus Fehlern zu lernen. Vor zwei Wochen, gegen Hannover, verausgabten sich die Spieler in der ersten Halbzeit so sehr, dass ihnen am Ende die Kraft fehlte. Hannover gewann durch zwei Treffer in der Schlussphase. "Wir hatten das Spiel noch im Kopf", sagte Max. Diesmal gingen sie es cleverer an, konzentrierten sich zunächst auf eine stabile Abwehr. Im richtigen Moment, als Sven Bender verletzt den Platz verließ und Leverkusen die spielerische Linie verlor (33.), ging Augsburg in die Offensive. Sie setzten die Gäste unter Druck, kamen zu Chancen. "Wir sind mit der Situation nicht zurecht gekommen", gab Leverkusens Trainer Heiko Herrlich zu. Erst in der Schlussviertelstunde erspielte sich Leverkusen wieder Vorteile. Diesmal aber hatten die Augsburger genug Kraft, um das Ergebnis ruhig und meist souverän zu verteidigen. Lektion gelernt.

Vor einer ähnlichen Aufgabe steht nun auch der unglückliche Danso. Nach seinem Tor jubelte er erst, als ihn seine Kollegen dazu aufforderten. "Meine Hauptaufgabe ist das Verteidigen", sagte Danso, in Gedanken noch beim Gegentor. Er hätte es verhindern können, fand er, trotz des Ausrutschers. Die meisten Augsburger ärgerten sich jedoch über einen anderen (vermeintlichen) Fehler: Dass ihnen Schiedsrichter Christian Dingert einen Elfmeter verweigerte, als Panagiotis Retsos der Ball an die Hand sprang. Es gab Verwirrung um Dingerts Geste. Augsburgs Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter interpretierte sie als Entscheidung pro Elfmeter und schimpfte über den Video-Assistenten. Dingert hatte aber nach eigener Aussage Abstoß angezeigt. Doch Reuter war kaum zu beruhigen. "Wir haben uns die Szene ungefähr 20 Mal angeschaut, und er zeigt ganz klar auf den Punkt, ins Zentrum", zürnte er.

Vielleicht war Reuters Wut aber ein Indiz für den Augsburger Weg: Ein Punkt gegen Leverkusen reicht nicht mehr zwangsläufig für Glücksgefühle.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: