FC Augsburg: Posse um Michael Thurk:Der Rausgeworfene lauert auf seine Chance

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Die Ausmusterung von Michael Thurk wirbelt den Bundesliga-Aufsteiger FC Augsburg gehörig durcheinander. Trainer Jos Luhukay und Manager Andreas Rettig planen ohne ihren besten Torschützen, Thurk hingegen denkt gar nicht daran, den Verein zu verlassen - und will zum Ligastart am Samstag sogar im Stadion sein.

Stefan Mayr, Augsburg

Das haben noch nicht viele Bundesliga-Aufsteiger geschafft: Bereits vor dem ersten Punktspiel hielt der FC Augsburg am Dienstag eine Krisensitzung mit Überlänge ab. Mannschaft, Trainerstab und Manager Andreas Rettig saßen eine Dreiviertelstunde beisammen, das Vormittags-Training begann reichlich verspätet.

Wohin nun? Michael Thurk, Augsburgs bislang bester Torschütze. (Foto: dpa)

Thema der kontroversen Diskussion war der überraschende Rauswurf von Torjäger Michael Thurk. Trainer Jos Luhukay und Manager Rettig hatten den 35-jährigen Publikumsliebling am Montag quasi über Nacht freigestellt - plötzlich war die zuvor ausgiebigst zelebrierte Aufstiegs-Euphorie verpufft und einer Unruhe gewichen.

Im Internet kündigen Fans ihren Vereinsaustritt und die Rückgabe der Dauerkarte an, auf dem Trainingsgelände bezeichnen sie das Management als "Lachnummer". Ausgerechnet auf Michael Thurk will der FCA verzichten? Der Zweitliga-Torschützenkönig von 2010 ist neben Torhüter Simon Jentzsch der prominenteste Spieler im No-Name-Kader der Augsburger, in den Vorbereitungsspielen schoss er die meisten Treffer.

Dennoch erklärte Trainer Luhukay den Rauswurf mit "sportlichen Gründen, weil keine Position mehr für Michael frei ist". Mit dieser Begründung hat sich der Trainer wohl keinen Gefallen getan, Fans fühlen sich "veräppelt" und sprechen wahlweise von "Inkompetenz" oder "Lügengeschichten". Am Tag nach ihrer Entscheidung ruderten Rettig und Luhukay zurück: Der Manager bestätigte, dass es nicht nur sportliche Gründe waren, die zur Trennung führten. Und der Trainer betonte vielsagend: "Ich setze auf das Kollektiv, da kann ich keine Rücksicht auf Einzelspieler nehmen."

Luhukay und Thurk - das hat noch nie gepasst. Hier der Coach aus den Niederlanden, der von allen Bundesligatrainern mit Abstand am deutschesten denkt: Der 48-Jährige strich zwei Stammspieler aus dem Kader, weil sie fünf Minuten zu spät zum Frühstück kamen. Dort das Schlitzohr aus dem Frankfurter Arbeiterviertel Gallus, das das Herz auf der Zunge trägt. "Ich kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen", sagt Thurk, "ich bin sehr überrascht und sehr enttäuscht."

Er berichtet, die Verantwortlichen hätten ihm nahegelegt, sich von der Mannschaft fernzuhalten. "Aber am Samstag werde ich im Stadion sein und mit den Spielern reden", so Thurk, "das wäre ja noch schöner, wenn sie mir das auch noch verbieten wollen." Zudem betont er, er werde den Verein nicht verlassen, "sondern auf meine Chance warten". Soll heißen: Er wird seinen Vertrag bis Saisonende als Topverdiener des Klubs aussitzen.

Für Luhukay ist es der zweite Anlauf, sich als Chefcoach in der Bundesliga zu etablieren: 2008 stieg er mit Mönchengladbach auf - wurde aber nach sieben Spieltagen entlassen. Nun versucht er es mit dem FC Augsburg nochmals, dabei wäre alles andere als der sofortige Wiederabstieg eine Überraschung; Mit 30 Millionen Euro hat der Klub den kleinsten Etat aller Erstligisten.

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Das Aufstiegsteam wurde nicht verstärkt, sondern verlor seine gefährlichsten Außenflitzer Moritz Leitner (Dortmund) und Ibrahima Traoré (Stuttgart). Die Zugänge Sascha Mölders (FSV Frankfurt), Sebastian Langkamp (Karlsruhe), Dominic Peitz (Union Berlin), Patrick Mayer (Heidenheim) und Akagi Gogia (Wolfsburg II) sind Nobodies aus der zweiten oder dritten Liga. Den bekanntesten Namen trägt Lorenzo Davids (NEC Nijmegen) - er ist der Cousin des früheren niederländischen Nationalspielers Edgar Davids.

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Luhukay selbst konstatierte nach den ersten Testspielen "fehlende Qualität" in der Offensive und forderte zwei neue Spieler. Doch bislang wurde der Wunsch nicht erfüllt. "Geld ausgeben kann ja jeder", sagt Manager Rettig, "aber wir wollen nicht unvernünftig wirtschaften und haben noch keinen Spieler gefunden, bei dem das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt."

Das klingt schwäbisch bodenständig. Doch viele Fans fragen sich, wer in der Bundesliga die nötigen Tore für den Klassenverbleib schießen soll. In der ersten Pokalrunde wurden diese Sorgen eindrucksvoll bestätigt: Gegen den Drittligisten RW Oberhausen mussten zwei Verteidiger einspringen, um das glückliche 2:1 nach Verlängerung zu sichern.

Die Frage, ob sein Kader Bundesliga-tauglich sei, beantwortet Luhukay nicht etwa mit einem zweckoptimistischen oder selbstbewussten Spruch, sondern mit maximalem Realismus: "Das kann ich jetzt noch nicht sagen." Die 2000 Mitglieder der Facebook-Gruppe "Thurk zurück zum FCA" sind sich sicher, dass Thurks Freistellung eine weitere Schwächung bedeutet. Luhukay und Rettig werden indes nicht müde, die Einheit des Kollektivs zu beschwören.

Augsburg startet am Samstag mit einem Heimspiel gegen den SC Freiburg. Es ist die erste Bundesliga-Saison in der Klubgeschichte, dennoch herrscht seit Montag mehr Unruhe als Euphorie. Und nach jeder Niederlage wird Luhukay seinen Verzicht auf Thurk rechtfertigen müssen. Mit dieser Personalentscheidung hat sich der FCA das ohnehin schon große Abenteuer Bundesliga nicht einfacher gemacht.

© SZ vom 03.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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