FC Augsburg:Der Augsburger, der bald Nationalspieler sein könnte

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Das Selbstvertrauen ist mittlerweile größer: Philipp Max vom FC Augsburg. (Foto: Borussia Dortmund/Getty Images)
  • Linksverteidiger Philipp Max, 24, vom FC Augsburg gehört zu den Überraschungsspielern der Bundesliga-Hinrunde.
  • Vor dem Spiel am Mittwochabend gegen seinen früheren Klub Schalke 04 hat er bereits acht Tore vorbereitet.
  • In Augsburg sehen sie ihn als kommenden Nationalspieler auf einer Position, auf der in Deutschland stets Talente gesucht werden.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Wenn Philipp Max über seine Stärke spricht, die ihn gerade zu einem besonderen Fußballer macht, dann nennt er sie "Marschieren". Wie er in der eigenen Hälfte auf der linken Abwehrseite losläuft, das meint er damit. Wie er immer schneller wird, sprintet, kurz aufschaut, flankt - und zurück trabt. Wie er damit immer wieder von vorne beginnt, 90 Minuten lang. Max, Außenverteidiger beim FC Augsburg, ist in 15 Spielen fast 169 Kilometer gelaufen, mehr als die meisten Bundesligaspieler. Er hat acht Tore vorbereitet, mehr als alle anderen Bundesligaspieler. Doch es ist auch das Besondere an seiner Geschichte, dass Max das Marschieren erst lernen musste. Es war mal seine Schwäche. Er musste seinen eigenen Weg erst finden.

Augsburg ist eine der Überraschungen der Hinrunde, als Abstiegskandidat gestartet, nähert sich der FCA inzwischen den Europapokal-Rängen. Max, 24, ist der Überraschungsspieler. Der Guardian nannte ihn neulich einen der zehn großen Aufsteiger in Europas Top-Ligen. In Augsburg sehen sie ihn als kommenden Nationalspieler auf einer Position, auf der in Deutschland stets Talente gesucht werden. Und wenn Max an diesem Mittwoch mit Augsburg beim FC Schalke 04 aufläuft, dann geht es noch mal darum, wie es dazu kam.

Vater Martin Max: "Er wird seinen Weg gehen"

Philipp Max ist der Sohn eines berühmten Vaters, des früheren Stürmers Martin Max (ein Länderspiel). Die Karriere des Sohnes begann erst so richtig, als er zu dem Verein zurückkehrte, für den der Vater 33 Bundesligatore machte, und für den dessen Herz schlägt: Schalke.

Max fing 2000 in München mit dem Fußball an, sein Vater wurde damals beim TSV 1860 Torschützenkönig. Philipp Max spielte in der Jugend der Sechziger, später beim FC Bayern. Doch erst als die Familie zehn Jahre später in die Heimat zurück zog und Max zur Schalker A-Jugend wechselte, fing er an, ernsthaft an seine Profikarriere zu glauben. Denn in Schalke traf er, so erklärt er es, seinen wichtigsten Trainer.

Norbert Elgert gilt als Guru unter Deutschlands Nachwuchstrainern, als einer der besten Fußballlehrer überhaupt, er bildete Mesut Özil und Julian Draxler aus. Wenn Elgert, 60, über Max spricht, dann wird er grundsätzlich, dann sagt er: "Talent stellt dich nur in die Tür, Charakter, Einstellung und Anstrengungsbereitschaft bringen dich hindurch." Und dann erzählt er, wie er einem 18-Jährigen das Laufen beibrachte, das Marschieren.

Es kann Sportler hemmen, wenn sie stets mit ihrem berühmten Vater konfrontiert werden, doch für Philipp Max war das nie so. Sein Vater, heißt es, sei für ihn stets ein guter Ratgeber. Zum Beispiel soll er ihm geraten haben, es doch als Linksverteidiger zu probieren. Das Verhältnis zwischen den beiden sei sehr gut. Martin Max will sich in der Sache lieber zurückhalten. Er sei stolz, schreibt er per SMS über seinen Sohn: "Er ist eine eigene Persönlichkeit und wird seinen Weg gehen."

Doch es brauchte zwei Jahre in der A-Jugend, um diese Persönlichkeit auf den Fußballrasen zu übersetzen.

Elgert erzählt, er habe gleich wahrgenommen, dass Max eine besondere Lernbereitschaft auszeichnet. "Man konnte mit ihm über die Dinge sprechen, da war eine große Offenheit", sagt Elgert, und: "Er konnte zuhören. In Gesprächen hat er den klaren Blickkontakt gesucht." Deshalb machte Elgert bald einen Witz, um Max' Schwäche anzusprechen. Er sagte: "Philipp, du hast die Ausdauer eines unterdurchschnittlich trainierten Schachspielers."

Max arbeitete an seiner Kondition, er arbeitete mit Elgert am defensiven Zweikampfverhalten, am schwächeren rechten Fuß, am Stellungsspiel, am Durchsetzungsvermögen. Max wurde Stammspieler, manchmal gar als Linksaußen, schoss viele Tore. Und am Ende seiner Fußball-Ausbildung hatte sich auch sein Charakter gewandelt, sein Selbstvertrauen war größer.

In München, sagt Max, war er "einer der Ruhigeren, der sich jetzt nicht so in den Vordergrund getan hat". Als er mit Schalke 2012 deutscher A-Jugend-Meister wurde, nahm er sich ein Megafon, lief zu den Fans und dirigierte die Meisterfeier.

Max rückte in die zweite Mannschaft auf, im Frühjahr 2014 wurde er erstmals in der Bundesliga eingewechselt, im darauffolgenden Sommer wechselte er zum Karlsruher SC in die zweite Liga, "ein sehr kluger Schritt", sagt Elgert, Max wurde robuster. Nach einem Zweitligajahr verpflichtete ihn der FC Augsburg, für rund 3,8 Millionen Euro. Zu viel, sagten manche.

In Augsburg setzte er sich nicht sofort durch, auch in seinem zweiten Jahr, nachdem er im Sommer 2016 für die deutsche Olympia-Mannschaft in Rio gespielt hatte, war er noch kein Stammspieler auf seiner besten Position, links hinten. Max kam mal im linken Mittelfeld zum Einsatz, mal gar nicht. Dass es in diesem Jahr so gut läuft, ist wieder eine Pointe, die mit der Vergangenheit zu tun hat. Manuel Baum, Augsburgs Trainer seit Dezember 2016, war Max' Realschullehrer zu Münchner Zeiten.

Am Dienstag saßen Baum und Max gemeinsam in der Pressekonferenz und sollten darüber sprechen, dass am vergangenen Sonntag gegen Berlin englische Scouts in Augsburg gewesen sein sollen, um Max zu beobachten. Max sagte, was er auch über eine mögliche Nominierung für die Nationalmannschaft sagt: "Das lasse ich überhaupt nicht an mich ran."

Philipp Max, bald Nationalspieler? Sein alter Trainer Norbert Elgert sagt: "Die Dinge werden sich ergeben." Er klingt dabei sehr zuversichtlich.

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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