FC Augsburg:Per E-Mail in die Bundesliga

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Gegen die Etablierten in der Bundesliga durchgesetzt: Augsburgs 18-jähriger Verteidiger Kevin Danso (Mitte) überzeugt beim Debüt, weil er sich unter anderem gegen Leipzigs Stürmer Timo Werner (r.) durchsetzt. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Durch eine Initiativbewerbung seines Bruders wurde Kevin Danso Juniorennationalspieler Österreichs - und fiel dem FC Augsburg auf. Bei den Schwaben zeigte der 18-Jährige ein bemerkenswertes Debüt.

Von Maik Rosner

Seit Freitag darf sich Kevin Danso Bundesligaspieler nennen. Das ist eine schöne Geschichte für den jüngsten Fußballer, der dort jemals für den FC Augsburg zum Einsatz gekommen ist. Mindestens ebenso erzählenswert kommt aber auch jene Geschichte daher, die sich hinter dem Debüt des 18 Jahre alten Nachwuchsspielers verbirgt. Sie beginnt in England und endet bei Augsburgs 2:2 gegen RB Leipzig, als Danso einem seiner beiden älteren Brüder sein Trikot mit der Rückennummer 38 schenkte, "weil er immer dabei war", wie er dankbar sagte.

Es gibt viele teils auch etwas kitschige Geschichten, in denen Familienangehörige bedacht werden, weil sie geholfen haben, sich einen Lebenstraum zu erfüllen. Bei Kevin Danso aber gilt das in besonderem Maße. In seinem Fall lässt sich stark verdichtet sogar sagen, dass er ohne seinen Bruder Emmanuel vielleicht nicht die vielen Lobreden hätte entgegennehmen können, die auf ihn nach seiner erstaunlich stabilen und unaufgeregten Premiere angestimmt wurden.

Mit sechs Jahren war Danso mit seinen aus Ghana stammenden Eltern aus Voitsberg in der Steiermark nach England gezogen. Eineinhalb Jahre später schloss er sich den Milton Keynes Dons an. In jener Zeit schickte sein Bruder Emmanuel 2013 eine E-Mail an den Österreichischen Fußball-Verband (ÖFB) mit der Empfehlung, Kevin einzuladen. Eine Initiativbewerbung, die den ÖFB vor allem deshalb überraschte, weil sie dort noch nie etwas von Kevin Danso gehört hatten. "Wir wussten ja gar nicht, dass es ihn gibt. Über Spieler von kleineren englischen Vereinen haben wir ja keine Informationen", hat Manfred Zsak einmal erzählt. Zsak war 49-maliger Nationalspieler Österreichs und ist heute Dansos Trainer in der U19-Auswahl, damals coachte er die U15. Er habe Danso dann zu einem Probetraining eingeladen, "da hat er sofort überzeugt".

Dieses Urteil fällte auch Augsburgs Chefscout Stephan Schwarz, als er Danso bei dessen erstem U15-Länderspiel für Österreich sah. Schwarz gewann Danso für den FCA, 2014 wechselte dieser ins Jugendinternat der Schwaben. Das war für ihn auch deshalb eine Herausforderung, weil er Deutsch erst wieder neu lernen musste. "Ich habe zehn Jahre lang kein Wort Deutsch gesprochen, habe die Sprache komplett vergessen", hat Danso dazu einmal erzählt. Erschwerend kam hinzu, dass er keine Freigabe erhielt und ein Jahr lang nur trainieren konnte. Das sei "wirklich eine lange Zeit" gewesen, "aber ich habe durchgehalten."

Bei den Junioren spielt Danso im Mittelfeld und im Sturm, bei den Profis überzeugt er als Verteidiger

Gegen Leipzig wurde das mit dem bisher größten Moment seiner Karriere belohnt. Danso spielte bei seinem überraschenden Debüt 90 Minuten durch, als linker der drei Verteidiger. Meist ruhig, stets couragiert und mit seinen 1,90 Metern körperlich sehr präsent, wie bei einer beherzten Grätsche im Strafraum gegen Emil Forsberg. "Ich habe volles Vertrauen in meine Verteidigung", sagte er dazu nach seinem Einstand selbstbewusst. Dabei wurde er als Verteidiger nicht ausgebildet. Bei Augsburgs A-Junioren besetzt er diese Position eher selten. In seinen 15 Spielen in der U19 in dieser Saison (sechs Tore) kam er meist im zentralen Mittelfeld zum Einsatz, zuweilen auch als Stürmer, als der er bei den MK Dons gespielt hatte. "In der A-Jugend spiele ich überall, ich kann eigentlich alles im Zentrum spielen", hat Danso erzählt. Im Wintertrainingslager war er erstmals von Trainer Manuel Baum hochgezogen worden, der ihn aus seiner vorherigen Position als Chefcoach des gesamten Nachwuchses kennt. "Wenn du so einen Trainer hast, der volles Vertrauen in dich zeigt, ist das natürlich ein Bonus", sagt Danso, "ich kann mich bei ihm nur bedanken." Auch für die U23 hat er schon gespielt.

Der Teenager ist nach Julian Günther-Schmidt, Tim Rieder und Raphael Framberger, der sich am Freitag am Knie verletzte, bereits der vierte Nachwuchsspieler, der in dieser Spielzeit bei den Profis debütierte. Sein erster Einsatz zeigt besonders deutlich, wie ernst es dem FC Augsburg mit dem Vorhaben ist, Talente an die Profis heranzuführen und dort einzubauen. Es gehe darum, "eigene Spieler aufzubauen, zu entwickeln, dass sie uns irgendwann im Profibereich weiterhelfen", sagt Geschäftsführer Stefan Reuter, und dass dies in dieser Vielzahl gelinge, sei "natürlich höchst erfreulich". Zumal die Augsburger das Ziel haben, ihre Mannschaft zu verjüngen.

Kevin Danso dürfte bei diesen Plänen eine große Rolle spielen. Es ist auch sein Plan, wenngleich er auf Fragen zu seiner Zukunft zurückhaltend antwortet: "Ich weiß nicht, ich trainiere ganz normal hier mit. Durch gute Leistungen im Training bekommt man seine Chancen. Wenn der Trainer sagt, ich bin wieder dabei, bin ich halt wieder dabei." Eine E-Mail von Bruder Emmanuel wird dafür nicht mehr nötig sein.

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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