FC Augsburg:Obelix aus Schwaben

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Am Ende jubelt er: Augsburgs Raúl Bobadilla feiert seinen Siegtreffer in Darmstadt. (Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images)

Durch das Tor von Raúl Bobadilla gewinnt der FC Augsburg wichtige Punkte in Darmstadt.

Von Tobias Schächter

Wer gerne zuspitzt, sagt nach dem 2:1-Auswärtssieg des FC Augsburg beim SV Darmstadt 98: Der Unterschied zwischen beiden Klubs trägt den Namen Raúl Bobadilla. Das ist natürlich ein bisschen übertrieben, aber im Kern auch nicht falsch. Es war ja der wuchtige Stürmer, der fünf Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit den wichtigen Sieg für den FCA sicherte. Freigespielt von Ja-Cheol Koo, sprintete Bobadilla den Darmstädter Abwehrspielern davon und lupfte den Ball schließlich brillant über Lilien-Torwart Michael Esser zum Siegtreffer ins Netz. Für Augsburg bedeutete der Erfolg einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum vorzeitigen Klassenerhalt. "Das war ein ganz wichtiger Dreier, aber noch kein Befreiungsschlag", mahnt Manager Stefan Reuter.

Aber mit nun 27 Punkten und sieben Zählern Vorsprung auf den Hamburger SV auf Relegationsplatz 16 dürfen die Augsburger vor den beiden kommenden schweren Partien gegen Leipzig und Schalke erst mal kräftig durchatmen. Der Abwärtstrend ist nach zuvor zwei Niederlagen zum richtigen Zeitpunkt und gegen den richtigen Gegner gestoppt.

Trotz des Rückstandes kurz nach der Pause nach Darmstadts ersten Torschuss von Marcel Heller (47.) gelang Augsburg dank zweier alter Erstliga-Garanten wieder einmal die Wende: Paul Verhaegh verwandelte wie fast immer souverän einen Elfmeter zum Ausgleich, den Dominik Kohr gegen Alexander Milosevic provoziert hatte (54.). Und wie vor einigen Wochen gegen Werder Bremen entschied dann Bobadilla in der Schlussphase mit seinem Können wieder eine richtungsweisende Partie. In der abgelaufenen Runde war Sandro Wagner für Darmstadt das, was Bobadilla für Augsburg ist: eine Klasse für sich. Aber Wagner zog nach dem Klassenverbleib und 14 Saisontoren weiter nach Hoffenheim, die Lilien haben keinen Stürmer mehr, vor dem die Gegner sich fürchten müssen. Gegen Bobadilla zu spielen aber tut weh - nicht nur, weil er wichtige Tore erzielt. In Darmstadt gab es eine Szene, in der der in Paraguay eingebürgerte Argentinier den Ball gegen vier Gegner behauptete - und die Darmstädter an ihm abprallten wie Römer an Obelix in den Asterix-Comics.

Bei nur der Hälfte der 22 Ligaspiele war dieser angstfreie Mittelstürmer in dieser Saison im Einsatz. Drei Tore und zwei Vorlagen sind da eine gute Bilanz. Halil Altintop, der zum dritten Mal beim zehnten Aufeinandertreffen ein Duell gegen seinen zwölf Minuten älteren Zwillingsbruder Hamit gewinnen konnte, lobte: "Bei allem Respekt vor Darmstadt: Wir wussten, wir haben in der Breite mehr Qualität. Und Raúl hat das ja am Schluss auch zum Glück gezeigt." Trainer Manuel Baum hatte zunächst auf eine kompakte Verteidigung und später auf die Konterstärke seiner Elf und die Qualitäten von Bobadilla gesetzt. "Am Schluss haben wir dann halt jemand, der mit seiner individuellen Klasse so ein Spiel entscheiden kann: Bobadilla", freute sich Baum, der in seinem achten Einsatz als Cheftrainer zum achten Mal die Anfangself hatte verändern müssen, weil Jeffrey Gouweleeuw, Daniel Baier und Jonathan Schmid verletzt fehlten.

Nach seinem verletzungsbedingten Ausfall in der Vorrunde nähert sich der nicht immer pflegeleichte Bobadilla wieder seiner Bestform. Letzten Sommer hatte er eine lukrative Offerte aus China ausgeschlagen. Die Entscheidung sei nicht einfach für ihn gewesen, erzählte der 29-Jährige jüngst. Es sei um viel Geld gegangen: "Das war der einzige Grund, mich damit zu beschäftigen. Sonst gibt es keinen Grund, den FCA zu verlassen." Er erlebe in Augsburg die besten Jahre seiner Karriere, sagt der 2013 aus Basel gekommene Stürmer, der mit einer ehemaligen Miss Argentina verheiratet ist und ein Kind hat. Im Januar verlängerte er seinen Vertrag bis 2020.

Zum sechsten Mal nacheinander geriet Baums Mannschaft mit 0:1 in Rückstand. Dass sie nun wieder eine Partie drehen konnte (17 Punkte nach Rückstand bedeuten Ligarekord), wertet Baum als Beleg für den "starken Charakter" seiner Elf. Auch zwei Feueralarme in der Nacht vor dem Anpfiff in einem Darmstädter Hotel (FCA-Manager Stefan Reuter: "Das ist schon viel Zufall") um drei und fünf Uhr nachts konnten die Augsburger nach dem Spiel locker verkraften. Vor allem Bobadilla war ja trotzdem hellwach. Träumen koste nichts, hatte er bei seiner Vertragsverlängerung erklärt. In Darmstadt hat er mit seinem Tor am Samstag Albträume hinterlassen.

© SZ vom 27.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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