FC Augsburg:Ausgeflippt

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"Wir sind auf dem Zahnfleisch gegangen, aber man sieht, dass einer für den anderen da ist." - Daniel Baier. (Foto: imago)

Daniel Baier trifft beim 1:1 gegen Schalke gegen seinen Mentor Markus Weinzierl. Georg Teigl wird von den eigenen Anhängern beschimpft.

Von Maik Rosner

Auch den Randthemen widmete sich Daniel Baier gerne, natürlich, nach solch einem Tag mit seinem Traumtor, das dem FC Augsburg das verdiente 1:1 gegen den FC Schalke 04 gerettet hatte. Die Randthemen, das waren der 50. Geburtstag von Stefan Reuter am Sonntag und Baiers Torjubel, nach dem sich das Reinfeiern für den Geschäftsführer noch angenehmer gestaltete. Nach einer ausgelassenen Party allerdings, das bekannte Baier, sei ihm nicht zu Mute nach diesem aufreibenden Kampfspiel. "Ich bin froh, wenn ich den Sonntag für mich habe und mich ausruhen kann", sagte der Mittelfeldspieler. Dass ihm neben Müdigkeit auch ein verhaltener Torjubel von einem Reporter unterstellt wurde, wollte Baier nicht stehen lassen. "Ich bin normal nie einer, der jubelt", sagte Baier, aber diesmal sei er für seine Verhältnisse doch regelrecht "ausgeflippt". In der Tat hatte er einen Sprint samt Luftsprung aufgeführt, nachdem sein direkter Versuch nach einem Abpraller aus 20 Metern in den rechten Winkel des Schalker Tores gerauscht war (77.).

Die Ultras protestieren mit Plakaten gegen Zugang Teigl

Als äußerst hübscher Treffer reihte sich dieser Kunstschuss in den Bilderbogen der Partie, die zuvor ein ähnlich schönes Tor durch Schalkes Nabil Bentalebs hervorgebracht hatte (65.). Vor allem aber erfreuten sich die Augsburger an ihrer Wehrhaftigkeit und Beharrlichkeit, mit der sie die weitaus teurere Mannschaft ihres ehemaligen Trainers Markus Weinzierl trotz des Rückstandes in das Remis gezwungen hatten. Und das trotz zahlreicher verletzungsbedingter Absenzen, bei denen sich auch der isländische Nationalstürmer Alfred Finnbogason mit Adduktorenbeschwerden eingefunden hatte. "Wir sind auf dem Zahnfleisch gegangen", sagte Baier, "aber man sieht, dass einer für den anderen da ist."

Es hatte eine besondere Note, dass dem 32-Jährigen sein fünftes Bundesligator im 197. Spiel gegen die Mannschaft seines Mentors Weinzierl gelungen war. Den Schalker Fußballlehrer hatte Baier einst als den besten Trainer seiner Karriere bezeichnet. Gewiss auch, weil dieser ihn mit viel Vertrauen gestärkt und ihn als zentrale Drehscheibe im defensiven Mittelfeld etabliert hatte. Nun hatte Baier einen erheblichen Anteil daran, dass Weinzierl Augsburg mit einer ziemlich grundsätzlichen Übellaunigkeit wieder verließ.

Ganz anders sah das bei Baiers aktuellem Trainer Dirk Schuster aus, der sich darüber freute, "wie wir zurückgekommen sind, den Ausgleich gemacht und den Gegner über 90 Minuten in ein sehr intensives Spiel verwickelt haben". Schuster wertete diese Bereitschaft als Beleg für "eine sehr gute Moral und Mentalität".

Dass sie sich beim FCA nicht ausschließlich über die Stabilität der ersatzgeschwächten Mannschaft freuen konnten, hatte mit den Begleiterscheinungen des Spiels zu tun. Schon vor dem Anpfiff war ein Transparent im Fanblock zu sehen gewesen, das sich gegen Sommerzugang Georg Teigl richtete. Während der ersten Hälfte war dort auf einem weiteren Banner hinter dem Tor von Marwin Hitz gar zu lesen: "Winterpause nutzen, Teigl abschieben."

Außenverteidiger Teigl, 25, war im Sommer von RB Leipzig verpflichtet worden und hatte jüngst bei der Dienstreise des FCA zum Aufsteiger seinen ersten Bundesligaeinsatz absolviert. Danach hatte er sich mit seiner ehemaligen Mannschaft vor den Leipziger Fans gezeigt und für die Unterstützung bedankt. Es wirkte wie eine etwas unbedarfte Aktion. Er habe mit den Leipzigern gefeiert, warfen ihm einige Augsburger Anhänger danach vor.

Nach den erneuten Anfeindungen gegen Teigl sah Reuter nun den Zeitpunkt gekommen, sich klar zu positionieren. "Georg ist ein wichtiger Spieler von uns. Ich mag es überhaupt nicht, wenn unsere Fans Aktionen gegen eigene Spieler starten. Das ist nicht zu akzeptieren", sagte der Geschäftsführer. Auch Baier nahm sich dieses Themas unmissverständlich an. "Georg ist ein Teil unserer Mannschaft", sagte er, "wir sind eine Mannschaft, ein Verein, und dann finde ich es nicht gut, wenn gegen ihn gesungen oder Stimmung gemacht wird. Er wird jede Unterstützung von mir kriegen."

Bisher ist der FCA dem breiteren Publikum vor allem als familien- und gastfreundlicher Verein aufgefallen. Von Klubseite aus wird dieses Image mit Veranstaltungen für Gästefans gepflegt. Und beim Wiedersehen mit Markus Weinzierl hatten für diese freundliche Stimmung auch die Menschen auf der Fantribüne mit dem Ultrablock gesorgt.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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