FC Augsburg:Auf schmalem Grat

FC Augsburg - Bayer Leverkusen

Mutig - vielleicht zu mutig? Die Augsburger mit Ja-Cheol Koo (rechts, gegen Lars Bender) müssen sich derzeit Kritik anhören.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Der FCA muss aufpassen, nicht in den Abstiegskampf verwickelt zu werden. Die Spielidee von Trainer Baum wird bereits hinterfragt.

Von Maik Rosner

Am trainingsfreien Sonntag hatten die Augsburger reichlich Gelegenheit, noch einmal Anschauungsunterricht zu nehmen, auch wenn das für sie unangenehm gewesen sein muss. Das 50 000. Tor der Bundesliga-Geschichte von Karim Bellarabi ließ sich auch zwei Tage nach der 1:3 (0:2)-Niederlage des FCA gegen Bayer Leverkusen in diversen Sportsendungen bestaunen. Vorgeführt bekamen die Augsburger dabei auch, warum sie das Jubiläumstor (23.) hinnehmen mussten. Immerhin durften sie Leverkusens lehrbuchmäßigen Konter als idealtypisches Vorbild für ihre Spielidee auffassen. "Wir wollen auch auf diese Art und Weise spielen", hatte Kapitän Paul Verhaegh schon am Freitagabend erinnert, ehe er sich durch die Mängelliste hangelte, die das verhindert hatte.

Ein Ballverlust in der Vorwärtsbewegung hatte Bellarabis 0:1 eingeleitet, gefolgt von Leverkusens perfektem Umschaltspiel mit vier schnellen Pässen. In höchstem Tempo geradezu seziert worden war die Defensive des FCA. Erleichtert wurde dies, weil die Abstände der Augsburger zu groß ausfielen, nachdem die Zuordnung bei ihrem Angriffsversuch gelockert worden war. Es war ein Leverkusener Gegenzug, wie ihn Augsburgs Trainer Manuel Baum von seiner Mannschaft sehen will. Doch vorgeführt bekam er das Ideal jener mutigen Spielweise, die er vermitteln möchte, bald darauf ein zweites Mal vom Gegner. Chicharitos 0:2 (40.) ging erneut ein Ballverlust auf dem Weg nach vorne voraus, provoziert durch Leverkusens Pressing. Und weil Dominik Kohrs Anschluss (60.) nur kurz für Hoffnung sorgte, ehe Chicharito das zehnte Gegentor der Augsburger im fünften Spiel des Jahres erzielte (65.), mussten sich diese im Anschluss bereits Fragen nach Anspruch und Umsetzbarkeit ihres Ansatzes anhören. Die Kernfrage lautete: Hat der FC Augsburg für einen offensiven und forschen Stil die geeignete Mannschaft?

Dass es wieder enger zugeht, ist für Reuter "keine Überraschung"

Baum hat darauf rasch eine eindeutige Antwort gegeben. "Klar ist es so, dass wir jetzt ein bisschen risikoreicher spielen, aber das muss nicht mit Gegentoren einhergehen. Im Moment machen wir einfach zu viele einfache Fehler. Da müssen wir schauen, dass wir die wieder abstellen", sagte der 37-Jährige. Auch Geschäftsführer Stefan Reuter verdeutlichte, nicht vom Leitmotiv des schnellen und mutigen Umschaltspiels abrücken zu wollen. Dieses hat er schließlich vorgegeben, nachdem er Dirk Schuster im Dezember beurlaubt hatte. Mit der Begründung, Baums Vorgänger habe zu defensiv agieren gelassen.

Die Bilanzen von Baum und Schuster verdeutlichen ihre Ansätze ebenso wie die jeweiligen Probleme, die damit einhergehen. Unter Baum gelangen dem FCA in sieben Ligapartien acht Tore (1,14 pro Spiel), allerdings kamen auch elf Gegentore zusammen (Schnitt: 1,57). In den 14 Ligaspielen unter Schuster fielen beide Werte geringer aus. Elf erzielten Toren (Schnitt: 0,79) standen 16 Gegentore gegenüber (Schnitt: 1,14). Der Anstieg der Gegentore unter Baum gerät damit etwas markanter als bei den erzielten Toren. Allerdings mit einem deutlich erhöhten Ertrag. Schusters Punkteschnitt lag bei genau einem Zähler pro Spiel, Baum kommt auf 1,42.

Die Augsburger wissen, dass sie trotz dieser maßgeblichen Ertragssteigerung mit ihrer attraktiveren Spielweise auf einem schmalen Grat wandeln. Zumal sie nach zwei Niederlagen hintereinander nun verstärkt aufpassen müssen, nicht in den akuten Abstiegskampf verwickelt zu werden. Nur noch fünf Punkte beträgt der Vorsprung des Tabellen-13. auf Werder Bremen, das den Relegationsplatz 16 belegt. Sechs Zähler sind es auf den FC Ingolstadt, der auf dem ersten direkten Abstiegsplatz steht. Umso wichtiger wäre zumindest ein Teilerfolg beim Tabellenletzten SV Darmstadt 98 am kommenden Samstag.

Reuter findet, es sei "keine Überraschung", dass es für den FCA wieder enger zugeht im Souterrain der Liga. Er ist überzeugt, die Mannschaft könne die anspruchsvollere Grundidee umsetzen, mahnt aber Verbesserungen an. "Wir wollen schon mutig spielen, aber eine bessere Kompaktheit haben", sagt er, ergänzt von dem sehr bestimmten Zusatz: "Das ist eine klare Vorgabe." Reuter weiß, dass der mutige Ansatz "sicherlich eine Herausforderung" darstellt, "aber das ist schon machbar". Sein Auftrag für das Spiel bei den Darmstädtern ist klar formuliert: "Wichtig ist, dass wir weniger zulassen und eine gute Kompaktheit haben." Damit ein weiterer unliebsamer Anschauungsunterricht ausbleibt.

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