Fanproblematik beim BVB:Klopps Appell an die gelbe Wand

Nach den Protesten wegen des DFL-Sicherheitskonzepts geht Borussia Dortmund auf seine Zuschauer zu: Die Profis und Trainer Klopp bitten die Fans, sie im Pokalspiel gegen Hannover wieder anzufeuern. Ärger bringt der Vorwurf, der BVB-Ordnungsdienst sei von Rechtsradikalen unterwandert.

Mit Appellen und einem offenen Brief an die Fans kämpfen die Verantwortlichen von Borussia Dortmund um einen gebührenden Abschluss des erfolgreichsten Jahres der Vereinsgeschichte. "Ich würde mir wünschen, dass verschiedene Dinge mal außen vor gelassen werden," sagte Trainer Jürgen Klopp von Cup-Verteidiger BVB vor dem Achtelfinale des DFB-Pokals am Mittwoch (20.30 Uhr) gegen Hannover 96 und meinte die Fan-Proteste gegen das Sicherheitspapier der Deutschen Fußball Liga (DFL).

"Gerade beim BVB haben wir unseren Mörderrespekt vor der Leistung der Fans immer zum Ausdruck gebracht. Über allem, was wir tun und denken, steht das Spiel", sagte der Coach, nachdem die schwarz-gelben Anhänger in Hoffenheim (3:1) am Sonntag 90 Minuten lang geschwiegen hatten. Die Borussia, so der 45-Jährige weiter, sei "ein Gesamtkunstwerk aus vielen Komponenten. Wenn da ein Stück wegbricht, fehlt etwas".

Am Dienstag legten Geschäftsführung, Mannschaft und Trainerstab in einem offenen Brief an die Anhänger nach. Man zeige Verständnis für deren Ängste und Sorgen sowie den daraus entstandenen Protest. Es sei der Mannschaft nicht leicht gefallen, unter diesen ungewohnten Bedingungen Fußball zu spielen. Man wisse, dass auch für das Pokalspiel gegen Hannover Teile der Fanszene einen Protest planen würden.

"Wir wissen aber auch, dass uns viele Fans schon von Beginn an unterstützen möchten und werden", heißt es in dem Brief. Man bat die treuesten Anhänger, keine Gräben innerhalb der Fan-Gemeinschaft entstehen zu lassen. "Euch, die BVB-Fans, möchten wir deshalb bitten, uns wieder zu unterstützen. Lautstark. Bedingungslos. Geduldig. So, wie wir Euch kennen. Und falls nötig 120 Minuten lang!", ist in dem von BVB-Boss Hans-Joachim Watzke, Sportdirektor Michael Zorc und Kapitän Sebastian Kehl unterzeichneten Text zu lesen.

Und weiter: "Zwischen unserer jungen Mannschaft und Euch Fans passte im Jahr 2012 kein Blatt Papier. Ganz Europa hat bewundert, welches Wir-Gefühl in Dortmund gewachsen ist. Wie respektvoll wir alle miteinander umgehen. Wie intensiv und echt das Miteinander in unserem ganz besonderen Fußballverein ist, der immer - und übrigens auch auf dem Weg zum DFL-Sicherheitspaket - den Austausch mit seinen Anhängern gesucht, gefunden und aktiv dafür gesorgt hat, dass Fanbedenken nicht nur gehört, sondern berücksichtigt werden"

Auch zum DFL-Sicherheitskonzept nahm der Klub ausführlich Stellung. In der vergangenen Woche beschlossenen die 36 Klubs der ersten und zweiten Bundesliga ein 16-Punkte-Paket, um die Sicherheit in den Stadien zu erhöhen. Die Fanbeauftragten des BVB stellen klar, dass sie dafür eingetreten sind, Ganzkörperkontrollen ausdrücklich auszuschließen. Allerdings sei hierfür die Polizei zuständig, ein solcher Passus sei rechtlich unwirksam. "Der BVB hat aber durch seinen Vorsitzenden Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke deutlich gemacht, dass er grundsätzlich keine Vollkontrollen wünscht und auch in Zukunft auf diese verzichtet."

BVB lehnt Artikel 14 ab

Den von Fans stark kritisierten Punkt 14, wonach Heimklubs bei Spielen "mit erhöhtem Risiko" das Kartenkontingent der Gäste-Zuschauer verringern darf, lehnte der Klub sogar ab. Die Dortmunder befürchten, dass sich Fans in einem solchen Fall über Internetportale oder anderen Wegen trotzdem Karten besorgen, diese Anhänger dann aber willkürlich über das Stadien verteilt sind und dadurch die strikte Trennung der Blöcke nicht mehr gewährleistet sei. "Wir sind der Ansicht, dass eine Reduzierung des Kartenkontingents nicht dazu führen wird, dass Fans, die unter Umständen Probleme bereiten könnten, zu Hause bleiben werden", schreibt der Klub.

Der BVB stellt fest, dass er nicht daran interessiert ist, sein derzeitiges Publikum gegen ein zahlungskräftigeres einzutauschen. "Stadien mit reinen Hochpreistickets werden nicht funktionieren."

Dass eine bessere Schulung des Ordnungsdienstes durchaus Sinn machen kann, bestätigt vermutlich eine weitere Geschichte aus Dortmund. Wie Spiegel Online berichtete, wird der Dienst des BVB teilweise von Rechtsradikalen besetzt.

Ein Ordner soll Mitglied der als gewalttätig und rechtsradikal bekannten Gruppierung "Northside" sein, er soll beim Derby gegen Schalke am 20. Oktober (1:2) einen ebenfalls einer gewaltbereiten Szene zuzuordnenden S04-Fan grundlos zusammengeschlagen und danach sogar noch angezeigt haben. Der Ordner hat dies vehement bestritten. Er ist aber nach Bekanntwerden der Vorwürfe vorläufig suspendiert worden.

"In dem einen konkreten Fall des beschuldigten Ordners muss man festhalten, dass dort Aussage gegen Aussage steht. Das wird sich gerichtlich klären", sagte Watzke in einer Videobotschaft. Ansonsten "sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir eine rechtsradikale Unterwanderung unseres Ordnungsdienstes nicht sehen."

Dennoch werde der Verein nun alle seine fast 800 Ordner anschreiben und sie darauf hinweisen, "dass sich jeder, der bei uns beschäftigt ist, zu den demokratischen Spielregeln bekennen muss".

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