Fankrawalle in der Bundesliga:Null Toleranz für Ganzjahres-Jecken

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Ausschreitung mit Folgen: Die Polizei beendet den Platzsturm von Mönchengladbach. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Mit ihrem Platzsturm fallen Kölner Fans ihrem Verein extrem in den Rücken. Der Klub ist wieder mittendrin in der Spirale der DFB-Strafen. Im Umfeld der Krawallmacher wird zu viel toleriert.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Vermutlich werden in Kürze, wenn sich der Qualm gelegt hat, die Handyfotos vom Mönchengladbacher Krawallkarneval von den Teilnehmern in einer Cloud eingelagert. Für alle Ewigkeit, damit man sie den Nachfahren zeigen kann. Oder einem Filmemacher, der sich der Frage widmet, warum circa 30 Maskierte in schneemann-weißen Overalls mit Abpfiff den Rasen stürmten. Sie sind notwendig, diese Forschungsreisen an den Rand der Gesellschaft. Gerade beim 1. FC Köln, dessen Anhänger schon vor diesem 0:1 im rheinischen Derby häufiger als Pyromanen und Platzstürmer auffällig wurden.

Man muss jedoch - das zeigt aktuell nicht nur die politische Großwetterlage - in jeder noch so ausweglos erscheinenden Situation einen Dialog versuchen. Zumal das zutiefst Menschliche im Stadion-Hooligan, dem Vorgänger des heutigen Extrem-Ultras, ja ausreichend belegt ist. In vielen verwirrenden Dokumentationen vom heimischen Küchentisch. Es gibt diese Filme, in denen der Hooligan stolz sein Bilderbuch vom Gewalttourismus präsentiert. Solche Alben werden heute kaum noch geklebt, aber ein Erinnerungswert ist da, man hat es ja schließlich mal bis in die Nachrichten geschafft. Ähnlich wie beim Maibaumklauen, auch dabei wird gerauft. So mancher Ganzjahres-Jecke sieht das alles als Mutprobe und als Kavaliersdelikt.

Das ist es nicht. Und es ist auch selten in der Bundesliga eine Fangruppe dem Verein, dem sie anzuhängen vorgibt, derart in den Rücken gefallen. In einem Interview, das am Tag des rheinischen Krawalls in dieser Zeitung veröffentlicht wurde, hatte sich FC-Präsident Werner Spinner noch für einen moderateren Umgang mit den Ultras durch den Deutschen Fußball-Bund eingesetzt: "Der DFB hat die Maxime: Strafen. Und wenn noch mal was passiert: höhere Strafen." Die Spirale drehe sich so immer weiter, und "das ist keine Lösung des Problems".

Nun ermittelt der DFB erneut gegen den FC, und die nächsten Fotos, die in Zusammenhang mit der dortigen Gefolgschaft gemacht werden könnten, sind die einer leeren Tribüne. Köln drohen Sanktionen bis hin zum Geisterspiel. Zumal der Platzsturm unter dem Jubel der eigenen Kurve erfolgte.

Während Spinner zunächst nur mitteilte, er sei "erschüttert", kritisierte Trainer Peter Stöger offen "all jene, die das nicht verhindert haben". In deren Schutz die Randalierer in die eingeschmuggelte Maskerade schlüpfen konnten. So mancher pubertäre Zaungast wird dies mit dem Karneval verwechselt haben, auch deshalb ist zu hoffen, dass Präsident Spinner auf seinem Kölner Weg nicht völlig resigniert. Es muss in und ums Stadion die Null-Toleranz-Strategie wirken. Zugleich aber hilft, trotz aller Rückschläge, nur eines: Reden, reden, reden.

© SZ vom 16.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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