Fanfrieden in Hannover:Ungewohnter Lärm

Hannover 96 v 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Sie sind wieder da: Die Ultras von Hannover kehren zurück in ihre Fankurve.

(Foto: Joern Pollex/Getty Images)

Erstmals in dieser Saison bevölkern die 96-Ultras ihre angestammten Plätze. Selbst nach der Niederlage gibt es keine Pfiffe gegen das eigene Team.

Von Carsten Eberts, Hannover

Etwas fehlte am Samstagnachmittag in der Hannoveraner Arena. Diesmal blieben sie aus, die ätzenden "Kind-muss-weg"-Rufe aus dem Ultra-Block. Nur einen Tag nach der Trennung von Trainer Tayfun Korkut hatte der Verein am Dienstagnachmittag den Frieden mit den eigenen treuesten Anhängern verkündet, was im Trubel um die Inthronisierung von Michael Frontzeck als Korkuts Nachfolger fast ein wenig unterging. Vereinsvertreter und Fanverbände hatten den Monate währenden Streit beigelegt, in dessen Folge die Ultra-Fans, die für den Großteil der Stimmung verantwortlich sind, seit Saisonbeginn lieber die Amateurmannschaft im Ricklinger Beekestadion unterstützt hatten.

Vieles drehte sich damals um die Maßnahmen des Vereins rund um das Derby gegen Eintracht Braunschweig in der vergangenen Saison, als sich die Fans von Präsident Martin Kind so gegängelt fühlten, dass sie fortan der eigenen Profimannschaft die Unterstützung versagten. Sie forderten eine Entschuldigung von Kind, der verweigerte sie - bis zum Dienstag. Auch die Ultras räumten eigene Fehler ein, und so stand dem ersehnten Frieden in der Kurve nichts mehr entgegen.

Und tatsächlich: Die Ultras kehrten beim 1:2 gegen Hoffenheim auf ihre angestammten Plätze zurück. Es lärmte aus der Nordkurve, zum ersten Mal in dieser Spielzeit. Vom Anpfiff weg strömte bekanntes Liedgut aus den Kurven, die übrigen Fans beklatschten erleichtert nicht nur die eigenen Spieler, sondern auch die Gesänge aus dem Ultrablock. Als Hannover schon nach 61 Sekunden in Rückstand geriet, währte der Schockmoment kurz. Danach war die Unterstützung umso lauter. Auch nach dem Spiel, Hannover hatte wieder einmal verloren, gab es keine Pfiffe fürs eigene Team. Sondern lauten Applaus.

"Mit den Fans im Rücken fühlt es sich richtig gut an"

"Die Zuschauer waren endlich wieder da. Das gibt uns Mut, das kitzelt einige Prozente heraus", sagte Edgar Prib nach dem Spiel. Auch Torwart Ron-Robert Zieler erklärte, es habe sich "richtig gut angefühlt mit den Fans im Rücken". Als in der zweiten Halbzeit Hoffenheims Torwart Oliver Baumann und Hannovers Salif Sané im Strafraum aneinander rasselten, wehte ein Orkan von den Rängen, wie er sich in der Arena lange nicht mehr ereignet hatte. Die Fußballstimmung war endgültig nach Hannover zurückgekehrt.

Es war ein Lehrstück über die Macht der Fans im Profifußball, das hier in den vergangenen Monaten aufgeführt wurde. Es dauerte lange, ehe der Verein und sein mitunter sturer Präsident erkannten, dass auch ihre Mannschaft ohne die Unterstützung der treuesten Fans keinen erfolgreichen Fußball spielen würde. Die Mannschaft kann im Kampf um den Klassenerhalt tatsächlich wieder auf einen Faktor setzen, der zuvor gewiss keiner war: auf die eigenen Fans. Lob kam sogar von Hoffenheims Coach Markus Gisdol, der sagte: "Die Zuschauer standen wirklich wie eine Wand hinter ihrer Mannschaft." Das hatte schon lange kein gegnerischer Coach mehr über die Hannoveraner gesagt.

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