Facholympisch (3):Die Internet-Zensur

Das Online-Zensursystem Chinas ist das ausgefeilteste der Welt. Weil das IOC einknickt, bleibt das auch während Olympia so.

Mirjam Hauck

Das Internationale Olympische Komitee will von seinem Versprechen, ausländischen Journalisten freien Zugang zum Internet zu gewähren, nichts mehr wissen. Kevan Gosper, Chef der IOC-Pressekommission, sagt: "Meine Verantwortung ist es, sicherzustellen, dass offen über die Wettbewerbe berichtet wird. Das erstreckt sich nicht notwendigerweise auf den freien Zugang und die Berichterstattung über alles, was mit China zu tun hat."

Damit hat sich das IOC den chinesischen Machthabern gebeugt. Zensur findet statt. Journalisten haben wie die chinesische Bevölkerung nur einen eingeschränkten Zugang zum Internet. Sie können Webseiten von Menschenrechtsorganisationen nicht besuchen. Meist sperrt die Regierung aber nicht ganze Domains, sondern einzelne Seiten. Sie enthalten unerwünschte Schlagwörter wie "Tibet", "Taiwan", "Tiananmen", "Falun Gong" oder "Demokratie".

Das Online-Zensursystem Chinas ist das ausgefeilteste der Welt. In offiziellen Verlautbarungen der Funktionäre heißt es "Golden Shield". Kritiker sprechen von der "Great Firewall of China" - an Anlehnung an das größte Bauwerk der Welt, die chinesische Mauer. 1998 startete das Projekt, das den chinesischen Internetverkehr überwacht, seit 2008 wird es landesweit eingesetzt. Zu den Olympischen Spielen steht es erstmals im Fokus der Weltöffentlichkeit.

Für die regimetreue Internetzone sorgt eine ganze Armada von Rechnern, die rund um die Uhr den elektronischen Datenverkehr überwachen. Sie blockieren unerwünschte IP-Adressen oder geben eine falsche IP-Adresse aus. Der Nutzer merkt gar nicht, dass er auf andere Seiten umgeleitet wird. Technische Filter suchen zensierte Schlagwörter in URLs, Websites und Suchmaschinen und manipulieren oder sperren dann den Zugang. So bekommen die Nutzer manchmal Jingjing oder Chacha, Comicfiguren in Polizeiuniform, zu sehen - der Staat surft mit.

Neben der rein technischen Überwachung sorgen 30.000 Staatsdiener sowie chinesische Provider, Inhalteanbieter und Internetcafebetreiber für ein regimetreues Internet. Darüber hinaus gelingt es aber der chinesischen KP immer wieder, auch ausländische Firmen für ihre Zwecke einzuspannen. So gab Yahoo 2004 die persönlichen Daten eines Regimekritikers weiter. Er wurde daraufhin zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Die meisten ausländischen Firmen arbeiten geräuschloser mit den chinesischen Machthabern zusammen. So zensiert Google seit 2006 sein eigenes Angebot in China. "Das ist nichts, was ich gut finde, aber ich halte es für eine verantwortungsvolle Entscheidung", sagte damals Google-Gründer Sergey Brin. Bevor China blockiere, mache man das lieber selber. Bleibt nur zu hoffen, dass die ausländischen Journalisten bei den Olympischen Spielen nicht den gleichen vorauseilenden Gehorsam an den Tag legen.

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