Ex-Trainer des FC Bayern:Van Gaal rechnet mit Hoeneß ab

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"Er hat immer auf meinen Abschied gedrängt": Der frühere Bayern-Trainer Louis van Gaal erzählt seine Geschichte des Abschieds 2011 und kritisiert das Vorgehen und die Machtfülle von Präsident Uli Hoeneß. Auch Bundestrainer Joachim Löw bekommt wegen der Taktik im EM-Halbfinale einen Seitenhieb.

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Hollands Nationaltrainer Louis van Gaal hat vor dem bevorstehenden Freundschaftsspiel gegen Deutschland seine Sicht der Geschichte mit dem FC Bayern München erzählt und dabei mit Präsident Uli Hoeneß abgerechnet. Hoeneß hatte sich in der Saison 2010/11 immer stärker gegen den damaligen Trainer van Gaal positioniert, der schließlich im April 2011 beurlaubt wurde. Im Interview mit der Sport Bild verdeutlichte van Gaal seine Abneigung gegen Hoeneß und kritisierte dessen Machtfülle im Klub.

Zwar schließt der 61-Jährige eine Rückkehr zum FC Bayern nicht aus. "Ob Ajax, Barcelona oder Alkmaar, in allen meinen Klubs bin ich noch mal als Trainer zurückgekommen - so wie in der Nationalelf. Jetzt bleibt nur noch Bayern übrig. Ich würde er auf jeden Fall schön finden." Doch eine Zusammenarbeit mit Hoeneß werde es nicht mehr geben. "Der Einzige im Klub, der immer auf meinen Abschied gedrängt hat, war Uli Hoeneß. Kein anderer. Darum wird auch keine weitere Zusammenarbeit mehr zwischen uns beiden möglich sein", sagte van Gaal, der zudem dessen Machtstellung bei Bayern kritisierte. Es sei zwar Hoeneß gewesen, der den Klub groß gemacht habe. Trotzdem sei er der Meinung, "dass es keineswegs eine gute Sache ist, wenn die Macht bei so einem großen Klub wie dem FC Bayern nur bei einer Person liegt".

Van Gaal hätte nach einer harschen Kritik von Hoeneß im TV erwartet, "dass meine Spieler mich mehr unterstützen. Aber der FC Bayern hat eine Struktur, in der der Präsident vom Vorstand bis runter zum Trainer alles beeinflussen kann". Uli Hoeneß habe viel Macht und benutze diese auch. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge habe zwar sehr lange für ihn gekämpft, aber am Ende doch den Schulterschluss mit Hoeneß suchen müssen. Eine Einladung zum 60. Geburtstag von Uli Hoeneß habe er abgesagt, weil er sie als unpassend empfand.

Van Gaal monierte zudem, dass sich der Bayern-Boss zu sehr um die eigentlichen Aufgaben des Trainers gekümmert habe. "Ein Chef-Trainer muss mit seinem Stab die Spieler beurteilen, weil er sie täglich in der Kabine und auf dem Platz sieht", erklärte er. "Der Präsident kann das nicht, weiß auch nicht, was in der Mannschaft wirklich passiert. Darum sollte er sich nicht einmischen."

Die spätere Entlassung seines damaligen Sportchefs Christian Nerlinger habe van Gaal bereits vorausgesehen. "Ich habe gesehen, wie viel Druck er die ganze Zeit über von Hoeneß bekommen hat", erklärte van Gaal.

Er wies auch den Eindruck zurück, er habe sich damals gegen eine Verpflichtung von Torwart Manuel Neuer gestellt. Er habe allein Thomas Kraft (heute bei Hertha BSC Berlin,Anm.d.Red.) als Konkurrent aufbauen wollen. Doch "so musste Bayern neben Neuer noch einen weiteren Torwart kaufen".

Van Gaal lobt sich dafür, mit David Alaba, Holger Badstuber und Thomas Müller drei Spieler aus der Jugend gefördert zu haben: "Nach mir ist kein Spieler aus der Jugend mehr neu hinzugekommen." Spieler aus der eigenen Jugend seien aber wichtig für einen Klub, "sie sind Kulturträger, spiegeln den Klub wider und prägen ihn". Doch seitdem er weg ist, habe sich beim FC Bayern "wieder die alte Politik eingestellt, wie sie schon vor meiner Zeit herrschte: kaufen, kaufen und noch was kaufen".

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Die Münchner profitierten nicht nur wegen der geförderten Jugendspieler immer noch von seiner Arbeit, sondern es werde auch weiterhin sein System gespielt. Auch Bundestrainer Joachim Löw lasse heute so spielen, wie van Gaal es einst beim FC Bayern eingeführt habe. Van Gaal nahm Löw allerdings in Mitverantwortung für die Niederlage im EM-Halbfinale gegen Italien: "Die Entscheidungen, die Jogi mit seinen Spielern beim Italien-Spiel getroffen hat, waren nicht gut für die Mannschaft. Damit bin ich aus taktischer Sicht nicht einverstanden."

Im Hinblick auf das kuriose 4:4 gegen Schweden in der WM-Qualifikation nahm van Gaal seinen Kollegen Löw aber in Schutz: "Ich habe mit dem FC Barcelona auch einmal 3:0 gegen Valencia geführt und sogar innerhalb eines Spielviertels noch 3:4 verloren. Als Trainer bist du da von außen fast machtlos."

Am 14. November trifft der Bondscoach mit Oranje in Amsterdam auf den Erzrivalen aus Deutschland.

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