Europa League:Retter Raul

Europa League: Raketenantrieb: Raul Bobadilla hatte nach seinen drei Toren gegen Alkmaar alle Gründe abzuheben.

Raketenantrieb: Raul Bobadilla hatte nach seinen drei Toren gegen Alkmaar alle Gründe abzuheben.

(Foto: Matthias Schrader/AP)

Bobadilla trifft beim 4:1-Sieg des FC Augsburg gegen Alkmaar dreimal und wahrt dem Bundesliga-Letzten damit die Chance aufs Weiterkommen.

Von Kathrin Steinbichler, Augsburg

Knappe eineinhalb Stunden vor dem Anpfiff tigerte Stefan Reuter bereits mit federnden Schritten durch die Katakomben der Augsburger Arena. "Ich habe ein gutes Gefühl", sagte er, "die Jungs sind wieder viel besser drauf als zuletzt." Zuletzt, damit meinte der Manager des FC Augsburg die freudlosen Wochen im Herbst. Die Zeit also, die den FCA mangels Erfolgen und angesichts sich häufender Fehler ins Grübeln gebracht hatte. Doch dann kam am 22. Oktober dieses Europa-League-Spiel beim AZ Alkmaar, das die Schwaben 1:0 gewannen, es war der erste internationale Erfolg überhaupt und für Reuter "der Beweis, dass die Mannschaft lebt". An diesem Donnerstagabend beim Rückspiel in Augsburg erneuerte der FCA den Beweis: Mit einem 4:1 (2:1) gegen die Niederländer holten die Schwaben den ersten internationalen Heimsieg und wahrten zudem die Chance auf den Einzug in die Zwischenrunde.

Beim AZ Alkmaar haben sie es gerade auch nicht leicht. In der Liga, der niederländischen Eredivisie, will beim ehemaligen Klub von Louis van Gaal einfach keine Konstanz aufkommen. Nach der 2:4-Niederlage gegen den NEC Nijmegen liegt der Amsterdamer Vorstadtklub auf Rang elf und damit im bedeutungslosen Niemandsland der Tabelle, von wo aus man eher sorgenvoll nach hinten als hoffnungsvoll nach vorne blickt. Trainer John van den Brom steht längst unter Beschuss, vor zehn Tagen dann gab auch noch Sportdirektor Earnest Stewart bekannt, dass er Alkmaar verlassen wird. Der 46 Jahre alte Niederländer mit US-Pass wechselt zum 1. Januar zu Philadelphia Union in die Major Soccer League. Beim AZ Alkmaar wissen sie derzeit also nicht so recht, für welchen Fußball sie stehen und wohin es geht. Die Situation erinnert an den FC Augsburg.

Mit dem Unterschied, dass sie in Augsburg in personellen Fragen weiter ruhig bleiben. Schließlich stand es schon einmal derart schlecht um den FCA: im Spätherbst 2012, Markus Weinzierls erster Hinserie als FCA-Trainer, als die Mannschaft ebenfalls nach elf Ligaspielen nur sechs Punkte hatte - und sich später mit einer spektakulären Rückrunde rettete. Um einen derartigen Energieakt in der Bundesliga auch diesmal hinzubekommen, ließ Weinzierl in der Europa-League-Aufstellung gegen Alkmaar rotieren. Offenbar hatte er bereits das Bundesliga-Heimspiel am kommenden Sonntag gegen Werder Bremen im Hinterkopf und schonte einige Spieler.

Vor dem 3:1 durch Augsburgs Ji lässt Alkmaar zweimal den Querbalken erzittern

Augenfälligste und einzige erzwungene Veränderung war die Hereinnahme von Christoph Janker, der als letzter von Verletzungen verschonter Innenverteidiger (Bänderriss bei Hong, muskuläre Probleme bei Callsen-Bracker) neben Ragnar Klavan ins Abwehrzentrum rückte. Daneben bekam statt des offensiver ausgerichteten Koo oder des trickreichen Trochowski wieder Dominik Kohr im zentralen Mittelfeld eine Chance. Sein mangelndes Stellungsspiel sorgte allerdings erneut für große Löcher im Augsburger Defensivspiel und so zu einigem Mehraufwand für seine Nebenleute. Dafür war an diesem Europa-Abend ein anderer im FCA-Trikot ganz prächtig aufgelegt: Stürmer Raul Bobadilla, der vor seinem Wechsel 2013 zum FCA als unzähmbar galt und inzwischen einer der wichtigsten Spieler in Weinzierls Gefüge ist.

In der 10. Spielminute zitterte zunächst aber das Tor des FCA, als Alkmaars Henriksen frei zum Schuss kam - der linke Pfosten verhinderte den Rückstand. Drei Minuten später durfte sich Bobadilla zum ersten Mal beim Torschuss versuchen, der Argentinier aber traf den Ball nicht richtig und in der Folge weit übers Tor. Im Gegenzug prüfte AZ-Stürmer Janssen die Reflexe von Hitz, der wie seit Wochen auch diesmal ein gewissenhafter Rückhalt war. Keine der Mannschaften brachte Ruhe ins Spiel, zunächst wusste nur Schiedsrichter Bobby Madden, welchen Stil er an diesem Tag pflegen wollte - einen herzhaften. Der Schotte ließ FCA-Stürmer Raul Bobadilla so spielen, wie der Argentinier es mag: mit heftigem, aber ehrlichem Körpereinsatz.

In der 13. Minute holte er so einen Freistoß heraus, den er daraufhin aus 19 Metern selbstbewusst ins linke obere Toreck zwirbelte - das 1:0 (14.). Knappe zehn Minuten später lief Bobadilla sich quer zur Strafraumgrenze in Position und zog dann mit Verve ab - das 2:0 (33.). Der FCA trat auf wie eine Siegermannschaft, bis eine Unaufmerksamkeit des FCA den Gegner wieder ins Spiel brachte: AZ-Stürmer Janssen lief nach einem langen Ball von Luckassen auf und davon und schob, ungestört vom mitlaufenden Janker, den Ball zum 1:2 ins Tor (45.+1). Und wie zuletzt in der Liga ging auch nun wieder das Zittern los.

Bei Schüssen von Gouweleeuw (53.) und Jahanbakhsh (60.) verhinderte allein die Querlatte den Ausgleich, bei Janssens Abschluss parierte Torhüter Hitz (57.). Kaum verstärkte Weinzierl dann mit Feulner die Defensive, erinnerte sich Ji an seine offensiven Stärken. Sein erfolgreicher Sololauf brachte das 3:1 (66.) und damit die Sicherheit zurück ins Spiel. Als Bobadilla dann noch zum 4:1 traf (74.), lächelte Manager Reuter. Sein Gefühl hat ihn nicht getrogen.

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