Europa League:Liverpools Anspruch macht Klopp das Leben schwer

Liverpool Press Conference

"Die Augsburger wollen uns auskontern", warnte Liverpools Trainer Jürgen Klopp.

(Foto: REUTERS)

Von Kathrin Steinbichler, Liverpool

Es kommt nicht von ungefähr, dass in Liverpool in diesen Tagen wieder oft von Bill Shankly gesprochen wird. Wer sich etwas wünscht, versucht an alte Mythen zu erinnern, die den Glauben an die eigenen Möglichkeiten stärken. Und Shankly, der 1981 verstorbene, ehemalige Teammanager des FC Liverpool, steht in der Hafenstadt für das, was die Fans der Reds sich seit dieser Spielzeit von Jürgen Klopp erhoffen, dem neuen Trainer: große Fußballabende, große Gefühle, und wenn möglich - endlich wieder einen Titel.

In der Victoria Street nahe des Zentrums erinnert ein Backsteingebäude an das Lebenswerk des knorrigen Schotten, der den FC Liverpool in den sechziger und siebziger Jahren groß gemacht hatte - das "Bill Shankly Hotel" hat die Hinterlassenschaften des einstigen Trainers gesammelt, der vor dem Stadion an der Anfield Road mit einer Bronzestatute verewigt ist.

In den liebevoll ausgestatteten Räumen finden sich Wände voll mit handschriftlichen Taktikanweisungen, gerahmte Briefwechsel von Shankly mit Fans und viele der legendären Sprüche, mit denen der einstige Bergarbeiter das Ehrgefühl des FC Liverpool geprägt hat. Einer davon lautet: "Liverpool Football Club exists to win trophies." Der Anspruch, dass der FC Liverpool nur existiert, um Trophäen zu gewinnen, macht Jürgen Klopp das Trainerleben in dieser Woche aber besonders schwer.

Klopp soll den Liverpool Fans einen Titel holen

Denn da ist dieses Ligapokalfinale gegen Manchester City am Sonntag im Londoner Wembley-Stadion, auf das die ganze Stadt hinfiebert und das den ersten Titel seit 2012 bescheren könnte. Vorher aber gilt es noch, das Europa-League-Rückspiel an diesem Donnerstag (19 Uhr/Sky) gegen den FC Augsburg zu bestreiten. "Die Woche ist nicht einfach, aber die Jungs sind alle Profis", sagte Klopp zum Spagat zwischen den Wettbewerben. Die Schwere der Aufgabenstellung ist allerdings auch ihm klar.

"Dass es in der Liga noch nicht so läuft, vergessen die Leute, wenn Klopp ihnen einen Titel holt", wird Michael Owen, der frühere Nationalspieler der Reds, in den Medien zitiert, "deshalb ist dieser Sonntag für Liverpool auch so wichtig." Aber Moment. Sonntag? Und was ist mit dem Spiel gegen Augsburg am Donnerstag? "Da kann die Mannschaft sich Selbstvertrauen holen."

In Augsburg sehen sie die Lage nach dem 0:0 im Hinspiel etwas anders. "Da fährt der kleine FC Augsburg nach Liverpool, um da eventuell eine Sensation zu schaffen. Da darf und soll sich jeder drauf freuen", meinte Trainer Markus Weinzierl vor dem Abflug nach England. Von einem Spiel auf der Insel hatte der Klub geträumt, seit die Europa-Qualifikation im Mai vergangenen Jahres feststand. "England gilt als Mutterland des Fußballs, die Anfield Road als eine der legendärsten Spielstätten überhaupt - da auflaufen zu dürfen, übersteigt die Erwartungen von allen hier", hatte Klubchef Klaus Hofmann die Auslosung kommentiert.

Die Augsburger haben bis zu sieben Ausfälle zu beklagen

Der FCA muss bei dem Duell auf der Insel allerdings auf viele Profis verzichten: Neben Spielorganisator Daniel Baier und Innenverteidiger Jan-Ingwer Callsen-Bracker hat sich jüngst beim 1:0-Sieg in Hannover auch noch Markus Feulner verletzt (Jochbeinbruch), ein Einsatz von Stürmer Raul Bobadilla ist nach seiner Muskelverletzung aus dem Hinspiel ebenso unwahrscheinlich wie der von Offensivkollege Dong-Won Ji (Fieber) und Mittelfeldmann Jan Moravek (Gehirnerschütterung).

Ob Innenverteidiger Jeong-Ho Hong nach seiner Muskelverletzung aus dem Hinspiel antreten kann, steht noch nicht fest. Mittelfeldspieler Tobias Werner gab sich dennoch entspannt: Man habe nichts zu verlieren, "ganz Augsburg soll das Spiel genießen. Die Mannschaft wird sich zur absoluten Energieleistung pushen".

Klopp warnt vor möglichen Kontern

Jürgen Klopp und seine Reds dürften keine Warnung mehr brauchen: Schon im Hinspiel tat Liverpool sich schwer, sein Direktspiel aufzuziehen und Chancen zu kreieren. Im Rückspiel lauert nun der FCA darauf, dass Liverpool zu mehr Offensive gezwungen ist und damit auch mehr Räume anbieten muss. "Die wollen uns auskontern", warnte Klopp. "Ein Tor würde uns reichen", erinnerte Weinzierl: Bei einem 1:1 wäre die Sensation dank der Auswärtstor-Regel geschafft.

Dass Augsburg sich auf seine Defensive verlassen kann, dafür will wieder Marwin Hitz sorgen. Der Schweizer, der seit Wochen überragend hält, erwartet zwar mit seiner hochschwangeren Frau in diesen Tagen das zweite gemeinsame Kind, doch er werde konzentriert sein, versprach Hitz: "Wir werden alles oder nichts spielen." Auch Liverpools Spielmacher Philippe Coutinho appellierte an die Konzentration seiner Kollegen: "Wir müssen an Augsburg denken, bevor wir ans Wembley denken." Woran sie auch denken: Sie laufen auf Bill Shankly. Dessen Asche wurde nach seinem Tod über den Rasen an der Anfield Road verstreut.

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