Europa League:Köln hofft auf eine Therapie

FC Augsburg v 1. FC Koeln - Bundesliga

Der Kölner Simon Zoller will sich im Europapokal gegen den FC Arsenal vom Liga-Frust befreien.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Philipp Selldorf, London

Die Operation Europa League trägt beim 1. FC Köln einen Titel, der einem Schwindel gleicht. Das Motto "the return of the goat", die Rückkehr der Ziege, hört sich zwar hervorragend an, entspricht aber nicht den Tatsachen, da besagte Ziege, der Geißbock Hennes VIII, gemütlich in ihrem Wohnzimmer im Zoo sitzt, anstatt mit den übrigen Vertretern des Klubs die Reise nach England zu unternehmen. Doch wahrscheinlich hätten ihm die humorlosen Briten ohnehin das Visum verweigert. Fraglich ist auch, ob er im Teamhotel in den Londoner Docklands eine angemessene Unterkunft gefunden hätte.

Wenn der Ziegenklub nach Europa zurückkehrt, ein Vierteljahrhundert nach dem vorerst letzten Auftritt (als die Stars noch Falko Götz und Frank Ordenewitz hießen), dann ist das einerseits aus Kölner Sicht ein welthistorisches Ereignis und andererseits schon vor dem Anpfiff am Donnerstagabend in mancher Hinsicht ein Ding der Unmöglichkeiten. Den FC Arsenal lernten die Kölner bereits bei den Vorbereitungen auf die Partie als unerbittlichen Widersacher kennen.

Alle Bemühungen der Klubführung, den Kölner Anhängern eine halbwegs ausreichende Anzahl Tickets für den Stadionbesuch zu verschaffen, fanden bei den Engländern kein Gehör. Sie hielten sich exakt an die Richtlinien der Uefa und stellten knapp 3000 Karten zur Verfügung. Das liegt offenbar nicht daran, dass Arsenal die Plätze für seine eigenen Sympathisanten braucht. Sondern an der Sorge, die mutmaßlich überschwänglichen Gäste könnten aus dem Heimspiel für Arsenal ein Auswärtsspiel machen.

Die Londoner verbreiten eine Art Reisewarnung an Kölner Fans

Der Londoner Verein verbreitete sogar eine Art Reisewarnung an die Kölner Fans: Auswärtige Besucher ohne Ticket für den Gästeblock sollten erst gar nicht versuchen, sich Karten für andere Tribünenränge zu beschaffen - sie müssten damit rechnen, nicht ins Stadion gelassen zu werden. Begründung: Sicherheitsbedenken. Beim FC bedauert man diese Politik. Doch auch das Argument, dass es aus Sicherheitsgründen sinnvoller wäre, die Kölner Fans kontrolliert im Stadion zu wissen, statt verstreut in den umliegenden Pubs, zeigte keine Wirkung. Die Völkerwanderung vom Rhein an die Themse findet natürlich dennoch statt, zu Land, zu Wasser und in der Luft. Dabeisein ist nach all den Jahren der Absenz alles. Tatsächlich musste dann am Abend genau deshalb - weil Köln-Fans ohne Tickets für den Köln-Block versuchten, ins Stadion zu gelangen - der Anstoß um eine Stunde nach hinten auf 22.05 Uhr (MESZ) verschoben werden.

Die Kölner Spieler machten sich bereits am frühen Mittwochvormittag auf den Weg. Der Klub verbreitete Bilder von Männern in Klubanzügen, die mit ernsten Mienen das Flugzeug bestiegen. Angeblich ist die Stimmung aber gar nicht so schlecht, obwohl der FC in der Bundesliga bisher alles unternommen hat, sich selbst den Spaß zu verderben. Prompt kamen eingedenk des 0:3 beim FC Augsburg Fragen nach dem Sinn des Unternehmens, was sogar dem grundsätzlich toleranten Trainer Peter Stöger einen Moment lang schlechte Laune bereitete: "Sollen wir es bleiben lassen?", fragte er streng in die Runde.

Stöger hält Arsenal nicht für besser als Dortmund oder Bayern

Nach herkömmlicher Expertenmeinung sind die Kölner nicht der Favorit der Begegnung. Das würde auch Peter Stöger nicht bestreiten, aber er ist auch nicht der Meinung vieler Kommentatoren, die den kostspieligen FC Arsenal als das Ding aus einer anderen Welt und den FC mit Horn und Heintz und Hector als Provinz-Ensemble darstellen. Arsenal habe "eine absolute Spitzenmannschaft", bestätigt der Trainer, er hält das Team allerdings nicht für besser als die gängigen deutschen Spitzenmannschaften. Gegen den FC Bayern und gegen Borussia Dortmund hatten Stögers Spieler in den vergangenen Jahren oft gut ausgesehen, auch diesmal hofft der Coach den Außenseiter-Bonus zu nutzen.

In den drei verlorenen Ligaspielen sah sich der FC durch die Umstände zu ausdauerndem Ballbesitz und verschärfter Offensive genötigt - nicht unbedingt die Spielweise, die dem Team behagt, zumal in der aktuellen Verunsicherung. Jetzt dürfte es Stöger mit den Mitteln versuchen, die in kleinen, aber stetigen Fortschritten zur Rückkehr nach Europa verholfen hatten: Hingabe, Disziplin, Teamarbeit - und Catenaccio. Außer einem guten Ergebnis erhoffen sich die Kölner auch ein bisschen therapeutische Wirkung für die Liga.

Stöger weiß im Übrigen aus eigener angewandter Erfahrung, wie man mit Arsenal fertig wird. Im Oktober 1991 besiegte er mit Austria Wien den Londoner Klub 1:0 im Europapokal der Landesmeister, er selbst erzielte das goldene Tor. Allerdings hatten die Engländer das Hinspiel 6:1 gewonnen.

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