Europa League: FC Augsburg:Eine Drehung zu viel

Fußball: Europa League, FC Augsburg - Athletic Bilbao

Schnee und Rodel gut: Dong-Won Ji (rechts) im Zweikampf mit Bilbaos Markel Susaeta.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Augsburg verliert ein Winterspiel gegen Bilbao nach einer 2:1-Führung noch mit 2:3 und steht vor dem Aus.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Das Stadion dampfte, die Flutlichtmasten warfen strahlende Lichtkegel auf den Rasen. Geigen dröhnten aus den Lautsprechern und verloren sich im Gesang der Fans, als sich die Spieler zum Mannschaftsfoto aufstellten. Europapokal. Davon hat jeder Profi als Kind geträumt, das muss jeder genießen. Eigentlich.

Die Fußballer des FC Augsburg können das gerade nicht. Dieses Spiel am Donnerstagabend gegen Athletic Bilbao war ihnen nämlich ziemlich unwichtig. Zwar hatte Trainer Markus Weinzierl vor diesem letzten Heimspiel des FCA in der Europa-League-Gruppenphase erklärt, schon gewinnen zu wollen. Doch dann wechselte er die Startaufstellung im Vergleich zum 4:0- Erfolg in der Bundesliga gegen Stuttgart am vergangenen Wochenende gleich auf fünf Positionen. Als wollte er noch mal zeigen, dass sie beim Bundesliga-Vorletzten gerade Wichtigeres zu tun haben als Kindheitsträume von Fußballern zu erfüllen: den Abstieg in die zweite Liga zu verhindern.

Ein Verteidigungsverhalten wie in der Bunten Liga

Weinzierl hat sich natürlich trotzdem geärgert am Donnerstagabend: dass seine Mannschaft einen Rückstand gegen Bilbao zunächst in eine 2:1-Führung verwandelte - und diese in der Schlussphase wieder hergab. Nach zwei späten Toren durch Aritz Aduriz in der 83. und 86. Minute stand es am Ende 2:3 (1:1). Das Abenteuer Europa, es ist für Augsburg damit wohl zu Ende. In zwei Wochen braucht der FCA bei Partizan Belgrad mindestens einen 3:1-Sieg. Weinzierl sagte unumwunden: "Es ist klar, dass wir deprimiert sind." Zehn Minuten waren gespielt, da hatten die Augsburger Fans ihre Gesänge erstmals abrupt unterbrechen müssen. Nach einem Einwurf durfte der Baske Markel Susaeta den Ball zwanzig Meter vor dem Augsburger Tor annehmen, sich drehen und den Ball links unten ins Tor schießen - völlig ungestört von Mittelfeldspieler Daniel Baier, der in der Nähe stand. Es war ein Verteidigungsverhalten, das in der Europa League zwangsläufig zu einem Gegentor führt - und in der Bunten Liga wahrscheinlich auch. Deshalb ist der FCA zurzeit eben nur Vorletzter in Deutschland. Augsburg war fortan spielbestimmend. Auf eine einschläfernde Art und Weise zwar: Selten gelangen Kombinationen bis in die Spitze. Doch der Wille, der in der vergangenen Saison zu Platz fünf und zur ersten Europapokalteilnahme der Vereinsgeschichte geführt hatte - er war sichtbar. Kostas Stafylidis grätschte Susaeta den Ball vom Fuß, Piotr Trochowski nahm ihn 25 Meter vor dem Tor auf, seinen Schuss fälschte Carlos Gurpegi zum 1:1 ab, Torhüter Iago Herrerin hatte keine Chance (41.). Stafylidis und Trochowski waren zwei der Spieler, die Weinzierl in die Startelf beordert hatte. Insbesondere der frühere Nationalspieler Trochowski, der seit seinem Wechsel aus Sevilla im Sommer kaum in Erscheinung getreten war, nutzte seine Chance: Er brachte er Leben ins Augsburger Spiel, dribbelte, sorgte für ein paar kreative Momente. Deshalb war es überraschend, als Weinzierl ihn nach 56 Minuten gegen Caiuby auswechselte. Außerdem brachte er Raul Bobadilla für den schwachen Halil Altintop. Diese Wechsel beeinflussten das Spiel, scheinbar entscheidend. Nur drei Minuten war Bobadilla auf dem Feld, dann nickte er den Ball nach einem Schuss von Ji zum 2:1 über den Torwart - und über die Linie. Der paraguayische Nationalspieler lief vor Freude im Kreis, seine Mitspieler sprangen auf ihn, wie Kinder spielten sie im Schnee, der den Rasen bedeckte. Wie gut gelaunte Kinder, die vom Europapokal träumen. Und an den Klassenerhalt in der Bundesliga glauben. "Unser Plan ist aufgegangen", sagte Weinzierl - "bis zur 83. Minute". Denn dann kam ja Aduriz. Der Stürmer der Gäste stand nach Flanken von der rechten Seite zweimal frei vor Hitz, zweimal hatten die Augsburger Flanken nicht verhindert und ihre Ordnung in der Abwehr verloren, zweimal zu viel. "Vielleicht haben wir uns einlullen lassen", sagte Christoph Janker. Die Augsburger Spieler bemühten sich, positiv zu klingen. Es gibt ja Wichtigeres, das Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg schon am Sonntag. Torhüter Hitz sagte: "Es bringt jetzt nichts, drei Tage den Kopf nach unten zu halten." Und tatsächlich: Er lächelte dabei sogar ein wenig.

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