Erster deutscher Shorttrack-Weltcup-Sieger:Ein zäher Bursche

Shorttracker Seifert feiert ersten Weltcupsieg

Shorttracker Robert Seifert.

(Foto: dpa)

Wegen einer schweren Knöchelverletzung war die Karriere von Robert Seifert eigentlich schon beendet. Doch der Dresdner Shorttracker gab nicht auf. Auch reihenweise Stürze in Finalläufen stoppten ihn nicht. Nun gewann er als erster Deutscher ein Weltcup-Rennen, vor zwei Olympiasiegern.

Von Thomas Hummel

Im Moment des Sieges überbrachte Robert Seifert eine fast melancholische Nachricht. "Schade, dass man immer erst eine solche Erfahrung machen muss, damit man anfängt, anders über die Dinge zu denken." Es sind die Worte eines Athleten, der schon einmal lange gelitten, der einige Enttäuschungen erlebt hat in seiner Karriere. Der sich aber nicht entmutigen ließ und nun einen historischen Erfolg feierte. Und mit ihm eine ganze Sportart.

Der 24 Jahre alte Dresdner hat am vergangenen Sonntag in Nagoya den Shorttrack-Weltcup über 500 Meter gewonnen. Es war der erste Weltcup-Einzelsieg eines Deutschen. Er hat die besten Athleten seines Sports besiegt, zwei Olympiasieger standen in Seiferts Endlauf. Allein das macht den Erfolg zu etwas Besonderem. Dabei hätte es diesen schon viel früher geben müssen.

2006 gewann der damals 18-jährige Seifert bei der Junioren-WM Gold über 500 Meter. Die deutschen Shorttracker ahnten, dass ihnen da ein seltenes Talent entgegenflitzte, doch wenig später war dessen Karriere schon vorbei. In Chicoutimi, Kanada, stürzte Seifert bei seinem dritten Start im Männer-Feld so schwer, dass er mit einem Bruch des Sprunggelenks ins Krankenhaus musste. Dort trauten sich die Ärzte aufgrund der Komplexität der Verletzung nicht zu operieren. Bis der Papierkram erledigt war, vergingen mehrere Tage. Dann erst wurde Seifert nach Dresden geflogen. In der Heimat folgte der Eingriff.

Erst ein Jahr später wurden einige Schrauben aus dem Gelenk entfernt, drei davon sind bis heute in seinem Fuß. "Das war eine harte Zeit, vielleicht die schwerste meines Lebens", sagt er. Einige Familienmitglieder, Freunde oder Ärzte rieten ihm, mit dem Sport aufzuhören. Doch Seifert wollte wieder aufs Eis. Und der Verband nahm ihn gerne auf.

Matthias Kulik, Shorttrack-Teamleader in der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG), sagt, Seifert habe alles, um in die Weltspitze hineinzufahren: "Die Gene. Die Bereitschaft, sich zu quälen. Und er ist im Kopf stark." Mit den "Genen" meint Kulik eine ausgesprochen explosive Muskulatur, die Seifert zum aktuell besten Starter der Welt macht. Und wer beim Shorttrack am Start vorne liegt, ist nur noch schwer zu überholen.

Das mit dem Kopf ist allerdings nicht unwichtig bei Robert Seifert. Denn in der vergangenen Saison hatte er es ja eigentlich schon geschafft. Fünfmal stand er in einem 500-Meter-Endlauf, dreimal im Weltcup, je einmal bei der EM und der WM. Viermal stürzte Seifert, bei der WM überholte ihn ein Koreaner in der letzten Kurve - Seifert wurde Vierter. "Ich dachte schon, ich bin der ewige Vierte", erinnert er sich. Doch Seifert sieht auch das Gute im Quälenden: "Ich habe gelernt, dass sich Erfolge nach vielen Misserfolgen erst so richtig gut anfühlen."

Selbst das Feiern viel schwer

Der Erfolg von Nagoya hatte auch seine holprige Vorgeschichte. Zu Beginn der Saison hatte Seifert eine Adduktorenverletzung, weshalb er die ersten zwei Weltcups in Nordamerika verpasste. Nach Japan durfte er nur mit einer Sondererlaubnis des Verbands, Seifert hatte sich gar nicht qualifiziert. Am ersten Tag in Nagoya lieferte er eine miserable Leistung ab. Seifert kam mit dem recht weichen Eis nicht zurecht. Zum Finaltag präparierte Bundestrainer Michael Kooreman die Kufen neu, die Eistemperatur wurde gesenkt und plötzlich flog Seifert durch alle Hoffnungs- und K.-o.-Runden bis zum Sieg. "Wir hoffen, dass Robert unsere Sportart ein bisschen prägen kann, dass er zu einer Identifikationsfigur wird", sagt Kulik.

Der Shorttrack-Funktionär gibt zu, dass die Mannschaft in den Weltcups bislang noch nicht überzeugen konnte. Robert Seifert ist die deutsche Ausnahme in dem Sport, der bei Olympia mit seiner Rasanz für Aufsehen sorgt, sonst aber gerade in Europa kaum wahrgenommen wird. Beim vierten Weltcup in Shanghai an diesem Wochenende könnte Seifert seinem Sport weitere Aufmerksamkeit bescheren. Die Konkurrenten, da ist er sicher, "werden sich jetzt intensiver mit einem Deutschen beschäftigen müssen".

Dennoch wäre es verwunderlich, würde es in Seiferts Athletenleben fortan einfach glatt weitergehen. Schon am Abend nach dem Triumph in Nagoya folgte das nächste Hindernis. Als das überschaubare deutsche Shorttrack-Team im Hotel auf den Erfolg anstoßen wollte, "bekamen wir alle paar Minuten Besuch von einem Hotel- angestellten. Wir sollten in die Zimmer verschwinden", erzählt Seifert. Doch der japanische Hotelangestellte wusste offenbar nicht, mit welch' zähem Gesellen er sich da anlegte: "Wir ließen uns nicht verscheuchen", sagt Seifert.

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