Eröffnungschoreografie in Wembley:Dämliches Kriegsspiel der Uefa

Die Uefa beschwört vor dem Finale zwischen Borussia Dortmund und Bayern München in Wembley bei der Choreografie Bilder des Krieges und der Deutschen

Wer wird denn gleich aufeinander losgehen? Von der Uefa autorisiert, selbst in Wembley möglich.

(Foto: dpa)

Fußball wie ewig alter Kampf, Schwerter statt Spielfreude: Die Eröffnungsfeier des Champions-League-Finals beschwört eigenartig martialische Bilder herauf. Da fragt man sich: Wieso hat Europas Fußballverband nicht gleich die "German Panzer" rollen lassen?

Ein Kommentar von Christopher Pramstaller

Vor dem Stadion in Wembley, da gingen sie aufeinander los, die Fans von Borussia Dortmund und Bayern München. Am Nachmittag, vielleicht betrunken. Zwei Dutzend Männer schlugen sich. Kurz zwar nur, die Polizei schritt ein, doch Bilder der Gewalt, die will niemand bei einem Fußballspiel sehen. Am wenigsten die Uefa. Normalerweise.

Denn im Stadion durfte sich diesmal auch geprügelt werden. Genehmigt vom europäischen Fußballverband. Alles nur Show natürlich; doch was die Uefa vor dem Spiel als Choreografie auf dem Rasen des Wembley-Stadions inszenierte, lässt am Urteilsvermögen der Verantwortlichen schwer zweifeln.

Die Deutschen und der Krieg; ein äußerst heikles Thema. Die Deutschen, die Briten und der Krieg; ein vielleicht noch heikleres Thema. So eine Eröffnungschoreographie kann alles mögliche zum Thema haben. Fairplay, das Leben, die Liebe. Was sich nicht so sehr eignet: Verbrechen, Gewalt, Krieg. Möchte man jedenfalls meinen. Doch die einfachsten Aufgaben können manchmal einfach zu schwer sein. Denn was sich die Uefa für das Eröffnung in London aussdachte, war: ein kriegerisches Schauspiel. Sensibilität? Fehlanzeige.

Ritterheere in den Vereinsfarben stehen sich drohend gegenüber. Martialisch schlagen sie mit Schwertern auf ihre Schilde. Langsam bewegen sie sich aufeinander zu, Bogenschützen schießen Pfeile auf den Feind.

Das Kriegsspiel gipfelt im Zweikampf zweier (Fußball-)Riesen, die sich im Mittelkreis bekämpfen. Nicht bis aufs Blut natürlich, man soll es ja nicht zu weit treiben. Und bei der Uefa achtet man schließlich stets auf das Fairplay, das friedliche Miteinander. Bevor es weh tut, ist Schluss.

Vielleicht hatten die Uefa-Granden einfach zu sehr an Rinus Michels gedacht. "Fußball ist wie Krieg", hatte das niederländische Trainer-Idol einst gesagt. Viel gescholten wurde er für diese reichlich unangebrachte Analogie. Doch bei Deutschland und Großbritannien, da mussten sie beim Fußballverband anscheinend einfach nur noch an Kampfhandlungen denken, obwohl sie sonst beim Abbrennen jedes einzelnen bengalischen Feuers hohe Geldstrafen verhängen. Sicherung durchgebrannt, Blödsinn aufgeführt. Wäre es nicht ganz so dämlich, man könnte drüber lachen.

Offizielle Eröffnungsfeiern sind nie ästhetische Erweckungserlebnisse; besonders im Fußball. Wer hingegen inszenieren kann, das sind die Fans. Dortmund gegen Málaga: ein Stadion in Schwarzgelb, Gänsehaut selbst vor dem Bildschirm bei der imponierenden Choreografie der Ultras. Und auch die Münchner haben diese Saison gezeigt, mit welcher Wucht der Bilder sie ein Stadion vor einem großen Spiel einstimmen können.

Doch was macht die Uefa? Sie stellt derart viele Auflagen, dass die Borussen-Fans ihre Choreografie gleich ganz abgesagt haben - auch bei den Bayern-Fans gab es im Vorfeld großen Unmut wegen verbotener Spruchbanner. Die Fans bleiben außen vor. Stattdessen gibt es dümmliche Klischees von offizieller Seite.

Bleibt nur eine Frage: Wieso hat die Uefa, wo sie doch schon eine so kriegslüsterne Eröffnung inszenieren ließ, die "German Panzer" in der Garage stehen lassen, welche die britische Boulevardpresse so gerne beschwört? Es kann nur einen Grund geben. Panzer hätten wohl den Rasen zerstört. Und es sollte schließlich noch Fußball gespielt werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: