Ermittlungen der Staatsanwaltschaft:"Von Entlastung keine Rede"

Die Justiz bleibt bei ihren Vorwürfen gegen die Wildmosers. Deren Anwalt hält sie für "maßlos überzogen".

Von Wolfgang Görl

Karl-Heinz Wildmoser, der Präsident des Fußball-Bundesligisten TSV 1860 München, befindet sich weiterhin in Untersuchungshaft, und auch sein Sohn Karl-Heinz Wildmoser junior sitzt in U-Haft, und zwar in der Justizvollzugsanstalt Augsburg.

Die jüngsten Ermittlungen hätten den Tatverdacht erhärtet, teilte die Staatsanwaltschaft MünchenI gestern mit.

Ein ebenfalls beschuldigter Mitarbeiter der Dresdner Immobilienfirma "Weißer Hirsch", über die die Schmiergeldzahlungen an die beiden Wildmosers gelaufen sein sollen, hat nach Angaben des Leitenden Oberstaatsanwalts Christian Schmidt-Sommerfeld ein umfassendes Geständnis abgelegt.

Anschließend sei der Haftbefehl gegen den Mann außer Vollzug gesetzt worden, so die Ermittlungsbehörden. Der vierte Beschuldigte, ein Schulfreund von Karl-Heinz Wildmoser junior, der als Strohmann fungiert haben soll, ist hingegen noch immer in Untersuchungshaft.

Rechtsanwalt Steffen Ufer, der den Senior der beiden Wildmosers vertritt, bezeichnete die Aktionen der Staatsanwaltschaft und des bayerischen Landeskriminalamts, in deren Verlauf rund 30 Objekte in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter die Lupe genommen worden sind, als "maßlos überzogen".

Das Verfahren gegen Wildmoser bestehe "im Wesentlichen aus einer gigantischen Vorverurteilung, wie ich sie in nahezu 40 Jahren beruflicher Tätigkeit noch nie erleben musste", sagte Ufer.

Eng miteinander verknüpft

Am gestrigen Vormittag besuchte der Anwalt seinen Mandanten in der Haftanstalt Stadelheim. Wildmoser senior gehe es gut, "und er ist zuversichtlich, weil er sagt, er sei unschuldig", sagte Ufer.

Das habe sowohl die Aussage des geständigen Mitarbeiters ergeben, als auch die Vernehmung von Wildmoser junior. Dieser habe erklärt, dass "der Vater von den betreffenden Konten nichts gewusst hat".

Florian Ufer, Anwalt von Wildmoser junior, berichtete am Abend, dass sein Mandant "weitgehend geständig" sei. Demnach seien die "Provisionen", die Alpine gezahlt habe, an besagten Schulfreund geflossen.

Der wiederum habe den "Löwenanteil" an den jungen Wildmoser weitergeleitet, um seine Schulden zu begleichen.

Der Junior als treibende Kraft

Oberstaatsanwalt Schmidt-Sommerfeld sieht das ganz anders.

Von einer Entlastung des "Löwen"-Präsidenten könne nicht die Rede sein, denn immerhin "sind Vater und Sohn Wildmoser persönlich und geschäftlich eng miteinander verknüpft".

Dennoch scheint nach allem, was bisher bekannt wurde, Karl-Heinz Wildmoser junior die treibende Kraft bei den Vorgängen um die Auftragsvergabe für den Bau des neuen Münchner Fußballstadions gewesen zu sein.

Der junge Wildmoser ist einer von zwei Geschäftsführern der "Allianz Arena München Stadion" GmbH, der Bauherrin des WM-Stadions im Münchner Norden.

Der TSV 1860 und der FC Bayern sind je zur Hälfte an der Gesellschaft beteiligt. Bayern-Vizepräsident Fritz Scherer, der andere Geschäftsführer, hat kürzlich angekündigt, im April seinen Posten aus gesundheitlichen Gründen zu räumen.

Teure Schmerzgrenze

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft besteht im Wesentlichen darin, dass Wildmoser der österreichischen Unternehmensgruppe Alpine während des Vergabeverfahrens geheime Details zugespielt habe, die das Bauunternehmen für sein Angebot nutzen konnte.

Dies muss aller Wahrscheinlichkeit erst nach dem Wettbewerb geschehen sein, an dem sich acht Bietergemeinschaften mit zum Teil namhaften Architekten beteiligt hatten.

Ein Gutachtergremium aus Vertretern der Stadt, des Stadtrats, der beiden Münchner Bundesligavereine sowie Architektur-Experten hatte sich für den Plan der Alpine Bau GmbH entschieden, die mit einem Entwurf der Basler Architekten Herzog&de Meuron angetreten waren.

Auf Wunsch der Vereine blieb auch ein zweiter Vorschlag in der Auswahl, den das oberpfälzische Unternehmen Max Bögl eingereicht hatte.

Die Kosten beider Modelle lagen ursprünglich weit über dem Rahmen von 240 Millionen Euro, den die Vereine gesteckt hatten.

Für die Entscheidung, wer letztlich den Auftrag erhalten würde, war es somit wesentlich, wer bei den Nachverhandlungen das finanziell günstigere Angebot vorlegen konnte.

In dieser Phase, so der Verdacht der Staatsanwaltschaft, könnte Wildmoser dem Bauunternehmen Alpine den Betrag genannt haben, den die beiden Vereine gerade noch akzeptieren würden.

Die Rede ist von 280 Millionen Euro. Alpine hätte also gewusst, dass durchaus ein höheres Bauvolumen möglich gewesen sei, als im ursprünglichen Budget mit 240 Millionen Euro vorgesehen war .

"Wie das im Einzelnen abgelaufen ist, wissen wir noch nicht"

Ebenso hätte sich die Firma ausrechnen können, mit welchem Betrag sie noch unter dem Angebot der Konkurrenz liegen würde.

Die Staatsanwaltschaft wirft deshalb beiden Wildmosers Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr vor. Gegen den Junior wird zudem wegen Untreue ermittelt, der er sich als Geschäftsführer der Stadion GmbH schuldig gemacht haben soll.

Noch ist vieles unklar, wie Oberstaatsanwalt Schmidt-Sommerfeld einräumte: "Wie das im Einzelnen abgelaufen ist, wissen wir noch nicht."

Ein Betrag in der mutmaßlichen Höhe der Schmiergeldzahlungen ist am Mittwoch von der Staatsanwaltschaft aus dem Privatvermögen der Wildmosers eingefroren worden.

Dabei handelt es sich, so Schmidt-Sommerfeld, um eine "vermögenssichernde Maßnahme", damit der Gewinn, der aus der Straftat geflossen sei, den Tätern zur Verfügung stehe.

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