Erfolgreicher WM-Kampf:Von wegen alter Abraham

German WBO super-middleweight boxer, Arthur Abraham, reacts after winning the title fight against his challenger, Britain's Paul Smith, in Berlin

Klarer Sieger: Arthur Abraham

(Foto: REUTERS)

Arthur Abraham macht als neuer Vorzeigeboxer von Sat 1 alle happy. Dass er seinen wankenden Herausforderer Paul Smith nicht K.o. schlägt, stört nicht: Der 35-Jährige hat seinen Stil erweitert - und soll nun mit den ganz großen Kämpfen belohnt werden.

Von Saskia Aleythe, Berlin

Es musste auch über Mode geredet werden, das ging an diesem Abend nicht anders. Es ist tief in der Nacht, das Sakko sitzt perfekt, dunkler fester Strukturstoff, schwarzes Hemd - Arthur Abraham hat seine Liebe zum Schicksein entdeckt. Kaum zwei Stunden vorher bei seinem Einmarsch in den Ring: Schwarzes Samtsakko, weißes Hemd, Fliege, untenrum Boxershorts. Wozu das alles? Trainer Ulli Wegner nahm ihm das Erklären ab und sagte: "Der rote Teppich ist für Arthur der Ring. Dementsprechend hat er sich schmuck jemacht. Fand ick jut."

Gleich drei Sachen gab es für Abraham zu feiern: Da war sein 35. Geburtstag, den er am Freitag begangen hatte, da war die Premiere bei Sat 1, erstmals übertrug der Sender einen Abraham-Kampf und da war dann auch die Leistung im Ring: Seinen WM-Titel im Supermittelgewicht der WBO hatte er souverän verteidigt gegen den Engländer Paul Smith. Da durfte der Garderobenkoffer ruhig ein bisschen größer ausfallen.

Happy sei er, sagte Abraham, für Promoter Kalle Sauerland war der Sieg einer, "den man schon mit Glanz bezeichnen kann". Dass es keinen Knock-out gegeben hatte, obwohl es öfter danach aussah, daran störte sich niemand. Und dass es nicht die ganz große Boxbegegnung war, nachdem Abraham Smith bereits vor fünf Monaten nach Punkten besiegt hatte, das spielte ohnehin keine Rolle.

Wenn über die Leistung von Arthur Abraham gesprochen wird, fällt oft ein prägnanter Begriff: Der "alte" Abraham, gleichbedeutend mit dem "wahren" Abraham. Beides steht für einen Boxer, der einst mit gebrochenem Kiefer einen Kampf nach Punkten gewann und nicht für den Boxer, der später drei Kämpfe recht schmucklos verlor und schon vor seinem Karriere-Ende stand. Am Samstag in Berlin wurde wieder geredet und zwar: Über den wahren Abraham.

Der Linksausleger ist einer, der vor allem von seiner stabilen Deckung lebt, so hat er schon manche Runden in seiner Karriere schadlos überlebt. Das führte bisweilen dazu, dass sich Abraham gänzlich hinter seinen Handschuhen versteckte und das Angreifen vergaß - gegen Smith war das nicht der Fall. Zwar bot meist der Engländer die offensiveren Aktionen, doch Abraham war deutlich aktiver als man es manches Mal von ihm gesehen hatte. "Er ist über die drei Minuten gegangen jede Runde", merkte auch Sauerland an, "das war schön anzusehen".

Ein Duell gegen Felix Sturm könnte folgen

Tatsächlich ließ Abraham seinen Herausforderer immer erstmal werkeln, ins Wanken brachte ihn kein einziger Schlag, und dann, in den letzten Sekunden der Runden machte er sich selbst ans Werk. Smith wurde oft in die Seile gedrängt und musste vieles einstecken, je länger der Abend wurde, um so härter wurden auch Abrahams Schläge. Doch der Engländer, der das Rematch wollte, weil er sich beim verlorenen Kampf im September von den Punktrichtern betrogen gefühlt hatte, steckte alles ein und wollte einfach nicht umfallen.

"Er hat tapfer gekämpft", merkte Abraham noch im Ring an. Mutig fand ihn Sauerland, "dass er immer wieder zurückgekommen ist, hat mich überrascht", gab er zu. Trainer Wegner sagte sogar: "Paul, ich ziehe den Hut vor dir. Fürs Publikum war das ein toller Kampf. Dein Trainer kann auf dich stolz sein."

Die Niederlage hatten die Engländer schon im Ring akzeptiert, dieses Mal gab es kein Hadern mit den Punktrichtern. Ein blaues Auge und viele Blessuren hatte sich Smith zugezogen, er sagte lädiert: "Arthur war gut heute Nacht, ich habe heute keine Entschuldigungen." Sein Trainer Joe Gallagher hatte auch nichts zu monieren. "Wir haben den wahren Arthur gesehen", sagt er, "das war ein toller Kampf fürs Publikum." So wollten es auch Sauerland und Sat 1 verstanden wissen: Die neue Zusammenarbeit ist gut angelaufen.

Endlich wieder Bratkartoffeln von Muttern

Wie es nun weitergeht für Abraham? Als Pflichtherausforderer wird Robert Stieglitz bereit stehen, es wäre das vierte Aufeinandertreffen der beiden, danach könnte Felix Sturm folgen: Gegen ihn hat Abraham noch nie geboxt, es ist ein Duell, dass er schon lange herbeisehnt. Und: Es laufen auch Gespräche mit dem Promoter von Carl Froch, deutete Kalle Sauerland noch an, was die Ohren von Ulli Wegner ganz spitz werden ließ und ihm ein verdutztes "Aha" entlockte. Gegen den Briten hatte Abraham schließlich 2010 verloren - es wäre ein brisantes Wiedersehen.

Zunächst einmal standen aber andere Gedanken für Abraham auf dem Plan: Nach dem Kampf konnte er schließlich endlich wieder ordentlich essen, in der Vorbereitung hatte er von 90 Kilogramm auf 76 abspecken müssen. Von den Bratkartoffeln seiner Mutter schwärmt Abraham regelmäßig ("sie sind ein Gedicht"), die wird er sich nun nicht entgehen lassen. Auch wenn die Anzüge dann kneifen. Das Gute beim Boxen ist ja: Beim nächsten Kampf passt er garantiert wieder hinein.

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