Erfolge bei der Fußball-WM:Südamerika reißt die WM an sich

Honduras v Ecuador: Group E - 2014 FIFA World Cup Brazil

Ecuadors Frickson Erazo (li.) und Enner Valencia: Stolze Südamerikaner mit dem (Zwischen-) Ziel Achtelfinale

(Foto: Getty Images)

Brasilien, Argentinien, Kolumbien, Chile, Uruguay: Fünf von sechs Teams aus Südamerika haben sich bereits fürs Fußball-WM-Achtelfinale qualifiziert, Ecuador kann folgen. Liegt das an der Schwäche der Europäer?

Von Carsten Eberts

Ecuador hat es nun in der Hand, Geschichte zu schreiben. Und Reinaldo Rueda, der Trainer der Mannschaft, weiß es genau. Fünf von sechs südamerikanischen Nationalteams haben sich bei der Fußball-WM bislang für das Achtelfinale qualifiziert. Ecuador könnte die muntere Sechserrunde am Mittwochabend gegen Frankreich komplettieren.

Rueda hatte zuvor den Sieg Urugays gegen Italien gesehen, der die Italiener letztlich aus dem Turnier beförderte. "Das zeigt die Stärke und das Leistungsvermögen von Südamerika, wenn es um Fußball geht", erklärte Rueda, der selbst aus Kolumbien stammt, "wir hoffen, dass wir diesem Weg folgen können."

Schafft auch Ecuador den Einzug ins Achtelfinale, wäre ein Trend, den schon vor Turnierbeginn viele vorausgesagt hatten endgültig bestätigt. Die Südamerikaner haben ihr Heim-Turnier wie erwartet an sich gerissen. Nicht nur die gastgebenden Brasilianer, sondern jede Mannschaft, die vom südamerikanischen Subkontinent stammt, spielt aktuell nicht immer schönen, aber erfolgreichen Fußball. Auch Argentinien, Kolumbien, Chile und Uruguay stehen in der Runde der letzten 16.

Halb Europa liegt danieder

Die brasilianische Zeitung O Globo bejubelte bereits die "lateinamerikanische Vorherrschaft gegenüber den Europäern". Sechs von acht Spielen haben die Südamerikaner gegen europäische Teams gewonnen. Nur die Niederlande (2:0 gegen Chile) und die Schweiz (2:1 gegen Ecuador) konnten etwas entgegensetzen.

Liegt das nun an der Schwäche der Europäer? Die Antwort fällt nicht leicht. Die Gründe dafür, dass viele europäische Größen nicht auf ihrem allerbesten Leistungsniveau sind, sind vielschichtig. England war nicht stark genug. Auf die Kunst der Spanier haben sich die Gegner gut eingestellt. Italien verließ sich im falschen Moment auf die traditionelle Fähigkeit, ein Unentschieden über die Zeit zu retten - und wurde bestraft. Nur sieben Punkte haben die drei Mannschaften bei der WM geholt. Genau so viele wie der vermeintliche Außenseiter Costa Rica.

Doch nicht ganz Europa liegt danieder, auf dem nördlichen Festland sieht es freundlicher aus. Frankreich und Holland werden nach ihren offensivstarken Auftritten bereits als WM-Favoriten gehandelt, insbesondere Louis van Gaals Niederländer, die ihre Art des überfallartigen Konterfußballs perfektioniert haben. Am Donnerstag kann sich auch die deutsche Mannschaft gegen die USA fürs Achtelfinale qualifizieren. Der Kontinent ist zweigeteilt - halb gut dabei, halb raus.

Macht der Solokünstler

Die Südamerikaner hingegen sind voll da. Auch die benachbarten Mittelamerikaner, die mit Costa Rica und Mexiko ebenfalls zwei Vertreter im Achtelfinale platzieren konnten. Ob es der Heimvorteil ist, dass sich jene Teams auf dem eigenen Kontinent wohler fühlen? Oder das Wetter?

"Ich glaube, dass sie mit den Bedingungen sehr gut umgehen können", sagt der deutsche Bundestrainer Joachim Löw, "dass sie auch mal nachmittags bei der Hitze spielen müssen." Generell ist Löw ziemlich angetan vom Leistungsniveau zwischen Feuerland und Karibik. "Die Süd-, aber auch die Mittelamerikaner machen einen starken Eindruck. Sie sind körperlich stark, taktisch gut", sagt Löw.

Auch Belgiens Trainer Marc Wilmots schwärmt: "Die südamerikanischen Teams haben eine sehr schnelle Reaktionszeit, ein sehr gutes Umschaltspiel, ein Gespür für Tore."

Finale gegen Frankreich

Die physische Stärke, etwa bei den dauerrennenden Chilenen, ist freilich nicht der einzige Grund. Die Brasilianer haben sich vor allem dank Neymar für das Achtelfinale bei der Heim-WM qualifiziert. Der Volksheld stellt pünktlich zum großen Turnier seine Form zur Schau, erzielte bereits vier Treffer. Bei den Argentiniern ist es ähnlich, überzeugen konnten sie nicht - aber sie haben Lionel Messi im Kader, der ihnen zuletzt in der Nachspielzeit gegen Iran die nächste Runde vorzeitig bescherte.

Im Achtelfinale wird sich die Zahl der Mannschaften aus Mittel- und Südamerika dezimieren. Brasilien trifft auf Chile, Kolumbien auf Uruguay. Ecuador bekäme es womöglich mit den Argentiniern zu tun, wenn es am Mittwoch gegen die Franzosen besteht.

Reinaldo Rueda hat am Dienstag auch von "Druck" gesprochen. Vom Druck, der formidablen Bilanz der Südamerikaner nach der Gruppenphase keine auch noch so kleine Delle zu verpassen.

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