05er im Europapokal:Mainz, wie es feiert und weint

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Der FSV beschließt die beste Saison der Vereinsgeschichte mit bewegenden Abschieden für Mittelfeldspieler Elkin Soto und Manager Christian Heidel. Weitere Abschiede könnten im Sommer folgen.

Von Tobias Schächter, Mainz

Martin Schmidt hat es dann doch noch gemacht. Kurz vor dem Abpfiff wechselte der Trainer von Mainz 05 Elkin Soto ein. Über ein Jahr fehlte der Kolumbianer, er hatte sich am Ende der vergangenen Saison eine schwere Knieverletzung zugezogen, Mainz gab ihm dennoch einen neuen Einjahresvertrag. Nun wechselte ihn Schmidt im letzten Saisonspiel zum ersten Mal wieder ein. In einem Endspiel um die Europapokal-Direktqualifikation gegen Hertha BSC Berlin! Beim Stand von 0:0! Das war ein Risiko, aber am Ende ging die Rechnung auf: Mainz hilt das 0:0 und spielt in der Europa League.

Er hatte es sich lange überlegt, ob er dem alten Kolumbianer nach achteinhalb Jahren in Mainz diesen Abschied gönnen sollte. Soto, 35, geht nun mit einem Jahr Verspätung zurück in die Heimat. Und mit einem guten Gefühl. Die Einwechslung war eine große, menschliche Geste des Trainers. Die Fans huldigten Soto mit Ovationen und Nullfünf-Kapitän Julian Baumgartlinger zog ihm für eine "wunderbare Minute" (Mainz-Präsident Harald Strutz) die Spielführerbinde über. Es war ein Tag der großen Gesten in Mainz, es war das dramaturgisch beste Ende der erfolgreichsten Saison in der Mainzer Vereinsgeschichte.

Bleibt Kapitän Julian Baumgartlinger? Für Mainz geht es jetzt direkt in die Gruppenphase der Europa League - aber es stehen Personalwechsel an. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Auch beim scheidenden Manager Heidel kullern die Tränen

Mainz 05 schließt diese Runde mit dem sechsten Platz ab. Die Berliner, die lange auf einem Champions-League standen, liegen jetzt nach 34 Spieltagen auf dem undankbaren Platz sieben. Undankbar deshalb, weil die Hertha nun Ende Juli schon in die Europapokal-Qualifikation einsteigen muss. Das bleibt den Mainzern erspart. Das ist eine besondere Pointe zum Abschied von Manager Christian Heidel, der nach 24 Jahren zum FC Schalke wechselt. Heidel kullerten Tränen aus den Augen, als Peter Kühn nach dem Abpfiff die Hymne "Ich werd immer Mainzer sein" sang. Heidels Kinder und seine Frau standen daneben und weinten. Von der Leinwand sprach Jürgen Klopp Abschiedsworte aus Liverpool: "Alles wird gut", beruhigte er all jene, die sich Mainz ohne Heidel nicht vorstellen können. Denn, als er, der "Kloppo", einst ging, sei danach ja auch alles gut geworden.

Zuvor hatte der Mainzer Präsident Harald Strutz Heidel einen Pokal zum Abschied überreicht, genau 111 Zentimeter groß, Mainz 05 ist 111 Jahre alt. Mit diesem Pott ging Heidel Richtung Kurve. Ein riesiger Konfettiregen rieselte auf den Mann herab, der so lange "das Herz und das Hirn des FSV war" (Klopp). Und dann geschah etwas, was in den letzten 24 Jahren fast nie passierte: Heidel war zunächst fast sprachlos, überwältigt von den Emotionen. Dann bedankte er sich bei den Fans, den Mitstreitern im Präsidium und vor allem bei den prägenden Trainern: dem leider schon verstorbenen Wolfgang Frank, Jürgen Klopp, aber auch Thomas Tuchel.

Natürlich hat Heidel in den letzten Wochen schon strategisch auch für Schalke gearbeitet. Anfang der Woche habe er mit dem aktuellen Schalker Trainer André Breitenreiter telefoniert, erzählte Heidel und diesem gesagt, dass er nicht mit ihm plane. Dass Markus Weinzierl von Augsburg nach Schalke wechseln werde, wollte Heidel nicht bestätigen. Dass Schalke sich als Fünfter auch direkt für die Europa-League qualifizierte, freue ihn, gab Heidel zu.

Liverpool lockt Keeper Karius, der sagt: "Kein Kommentar"

Am Dienstag wird eine Strategiebesprechung mit Heidels Nachfolger Rouven Schröder, 40, stattfinden. Schröder arbeitet nach seiner Freistellung beim SV Werder Bremen bereits seit Monaten im Hintergrund. Drei gestandene Neuzugänge sollen kommen, um der höheren Belastung künftig zu trotzen. Aber Mainzer Spieler sind auch interessant für andere Vereine: Der in dieser Saison überragende Torwart Loris Karius könnte für die festgeschriebene Ablösesumme von zehn Millionen Euro zum FC Liverpool wechseln. Er sagte nur: "Kein Kommentar heute". Auch für Spielgestalter Yunus Malli gibt es Angebote, womöglich auch für Kapitän Julian Baumgartlinger und Flügelflitzer Jairo.

An diesem Pfingstwochenende aber wird in Mainz erstmal gefeiert. Und ein wenig geweint.

© SZ vom 15.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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