Englische Premier League:Diese Talente verblüffen die Insel

Englische Premier League: Mit 18 Jahren und 141 Tagen der jüngste Torschütze in einem Manchester-Derby: Marcus Rashford

Mit 18 Jahren und 141 Tagen der jüngste Torschütze in einem Manchester-Derby: Marcus Rashford

(Foto: AP)
  • Marcus Rashford sorgt mit seinem Siegtreffer für Manchester United im Derby gegen Manchester City erneut für Furore in der Premier League.
  • Der 18-Jährige ist aber längst nicht das einzige einheimische Talent, das sich etabliert.
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Von Tim Brack

Die Anhänger von Manchester City verstummten. Marcus Rashford hatte gerade Martin Demichelis frech ausgetanzt und das 1:0 für Manchester United erzielt. Es sollte der Siegtreffer im prestigeträchtigen Derby werden - und für Demichelis nur eine von vielen Demütigungen. Er bekam Rashford nie richtig in den Griff. Für den 18-Jährigen bedeutete der Treffer eine Bestmarke in seiner jungen Karriere: Er löste Wayne Rooney mit 18 Jahren und 141 Tagen als jüngsten Derby-Torschützen ab.

Auch deswegen ist der Stürmer Sinnbild für eine neue Generation englischer Talente. Dabei ist er nur die jüngste Entdeckung, die so unbekümmert gegen das Etablissement der Liga aufspielt. Was er in einer Momentaufnahme beweist, lassen einige Engländer bereits länger vermuten: Es tummeln sich endlich wieder einheimische Talente in der Liga.

Das Größte ist wohl der 19-jährige Dele Alli. Der Mittelfeldspieler passt zur Mentalität auf der Insel: Er liebt harte Zweikämpfe. Das äußert er gerne auch verbal. "Braucht man einen aggressiven Charakterzug, um Erfolg zu haben?", fragte Alli in englischen Medien, um die Antwort selbst zu geben: "Das kann man wohl sagen."

Alli ist mehr als ein Zerstörer

Diese Aggressivität fließt über 90 Minuten in sein Spiel ein. Seine Ausdauer und Physis machen das möglich. Die Trainer in Tottenham attestierten Alli unlängst, der fitteste Spieler im Kader zu sein. Aber der englische Nationalspieler, der auch im Kader für das Freundschaftsspiel am Samstag in Berlin gegen die DFB-Elf steht, ist viel mehr als ein Zerstörer.

In der laufenden Saison erzielte er bereits sieben Tore und bereitete neun vor. Sein erster Treffer für die englische Nationalmannschaft gegen Frankreich veranschaulicht seine Qualitäten: In feinster Arturo-Vidal-Manier erobert Alli den Ball mit einer wuchtigen Grätsche an der Mittelfeldlinie, um ihn Sekunden später aus 20 Metern im Winkel zu versenken. Für die anstehenden Freundschaftsspiele gegen Deutschland (am 26. März, ab 20.30 Uhr im SZ-Liveticker) und die Niederlande steht der Mittelfeldspieler im Kader.

Bei Tottenham hält ihm Eric Dier im defensiven Mittelfeld den Rücken frei. Der 22-Jährige nahm einen anderen Weg als die meisten Engländer. Mit sieben Jahren zog er zusammen mit seinen Eltern nach Portugal, dort lernte er bei Sporting Lissabon (Klub von Figo und Cristiano Ronaldo) das Fußballspielen, häufig als rechter Verteidiger.

Für anderthalb Jahre spielte er dann in Everton, sein erster Ausflug in die Premier League. Die raue Spielart behagte ihm anfangs nicht, aber als er 2012 nach Portugal zurückkehrte, war er für die erst Mannschaft von Lissabon gestählt und wurde zum defensiven Mittelfeldspieler umgeschult. 2014 ging es dann nach Tottenham, wo er trotz vehementer Kritik die Lücke im defensiven Mittelfeld famos schloss - und seitdem Stammspieler ist.

Barkley betreibt obsessive YouTube-Studien

Neben der Tottenham-Fraktion stechen zwei Spieler vom FC Everton in dieser jungen Generation heraus. Ross Barkley ist einer von ihnen. Der offensive Mittelfeldspieler ist ein Hedonist, geht es um Offensivaktionen. Der 22-Jährige studiert in seiner Freizeit obsessiv YouTube-Videos von Zinedine Zidane, Paul Gascoigne oder Mesut Özil. Das Inspirationsmaterial entlarvt, welche Art von Fußballer Barkley ist. Die technische Qualität seiner Dribblings vermisste man lange bei englischen Spielern auf seiner Position - selbst bei torgefährlichen Mittelfeldspielern wie Steven Gerrard oder Frank Lampard.

Beim FC Everton ist er Stammkraft, fehlte nur in zwei Spielen. Acht Treffer und sieben Vorlagen gelangen Barkley beim mittelklassigen Verein. Für die Europameisterschaft in Frankreich liefert er damit eine gute Bewerbung ab. 19 Mal lief er bereits für England auf; geht es so weiter, könnte er in Zidanes Heimat demonstrieren, was er von seinem Idol gelernt hat. Und für Barkley ist klar: "Ich will etwas mit England gewinnen."

Guardiola will angeblich Stones

Auch Evertons Innenverteidiger John Stones ist mit seinen 21 Jahren ein gefragter Spieler bei englischen Top-Klubs. Im Sommer holte sich der FC Chelsea eine schallende Absage. Lange dürfte Stones' Verein den passsicheren Innenverteidiger (89,1 Prozent Passquote) nicht mehr halten können - seine Spielstärke ist zu gefragt bei den großen englischen Klubs. Angeblich auch bei Pep Guardiola und Manchester City.

Der künftige Guardiola-Klub arbeitet zudem selbst an den Rashfords, Allis und Barkleys der Zukunft. Im Winter 2014 stellte City sein Jugendzentrum fertig. Kosten: 250 Millionen Euro. Was Englands Fußball freut, dürfte Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge nicht allzu fröhlich stimmen. Ihm wurde bereits vor einem Jahr ganz bange, als die Premier League verkündete, sie würde ab 2016 für drei Spielzeiten 9,5 Milliarden Euro an Fernsehgeldern verdienen.

Er fürchtet nicht um Thomas Müller und Co., sondern darum, dass die Engländer mit dem Geld "deutsche" Leistungszentren bauen und ihre eigenen Talente hervorbringen. "Es ist zu befürchten, dass England das deutsche Modell mit den Leistungszentren kopiert", sagte der Bayern-Verantwortliche im März der SportBild.

Englische Talente mit deutscher Förderung? Der Derby-Rekord von Rashford dürfte bald wieder gebrochen werden. Vielleicht dann von einem Akteur von Manchester City. Pep Guardiola setzt ja auch gerne auf junge Spieler.

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