Englische Klubs in der Champions League:Wenn das Empire untergeht

Die Premier League ist aufgrund ihrer Fernseh- und Sponsorverträge die umsatzstärkste Liga der Welt. Nun das Desaster: Erstmals seit 1996 wird es wohl ein Champions-League-Viertelfinale ohne englischen Klub geben. Das ist keine Momentaufnahme - die Dominanz der Klubs von der Insel scheint vorüber.

Klaus Hoeltzenbein

Das Spektakulärste, was vom englischen Fußball in dieser Spielzeit zu bestaunen war, ereignete sich in München. Allerdings bereits im September 2011, was viel zu früh war, weil der Höhepunkt der Champions-League-Saison zwar auch in München ausgeschrieben ist, aber erst für den 19. Mai 2012. Dann findet in der Arena das Finale statt, und wenn jetzt nicht noch Dinge geschehen, die nicht einmal Wundergläubige für möglich halten, schauen alle Briten dort nur ernüchtert zu.

SSC Napoli v Chelsea FC - UEFA Champions League Round of 16

Nah am Achtelfinal-Aus: Didier Drogba und der FC Chelsea.

(Foto: Getty Images)

Eine Warnung hätte ja schon jene herbstliche Münchner Szene sein müssen, die beim Publikum den Eindruck erweckte, es sei beim Rodeo. Jener comedyreife Moment, in dem Manchester City versuchte, einen argentinischen Stier auf den Rasen zu schieben.

Doch mit der gleichen halslosen Sturheit, mit der er sonst seine Tore erzielt, blieb Carlos Tevez draußen. Es half kein Betteln, kein Bitten, kein Drücken und Drohen, Tevez verweigerte seine Einwechselung. Er sei zutiefst verletzt über die Reservistenrolle, teilte er mit. Nie wieder werde der Stier für ManCity dampfen, sagte der Italiener Mancini, der frustrierte Dompteur, auf einer einzigartigen Pressekonferenz.

Seither langweilen beide Seiten mit wiederholten Meldungen zu einer möglichen Versöhnung. Zu Wochenbeginn hieß es wieder, der Stier habe sich entschuldigt, Trainer Mancini habe akzeptiert, in den Hintergrund rückt durch dieses atmosphärische Tralala ein anderer Fakt: An die zehn Millionen Pfund (11,9 Millionen Euro) seien Tevez seit seiner Weigerung an Prämien- und Gehaltszahlungen entgangen, heißt es - in nicht einmal einem halben Jahr.

Keine Momentaufnahme mehr

Allein diese Summe belegt, dass die Premier League aufgrund ihrer Fernseh- und Sponsorverträge weiterhin die mit Abstand umsatzstärkste Liga der Welt ist, in Relation dazu entwickelt sich das sportliche Resultat zum Desaster: Erstmals seit 1996 wird es wohl ein CL-Viertelfinale ohne englischen Klub geben, nach beklemmenden Darbietungen des FC Arsenal (0:4 gegen Milan) und von Chelsea (1:3 gegen Neapel) im Achtelfinale. In der Vorrunde hatten sich bereits ManCity und Vorjahresfinalist ManUnited verabschiedet.

Das ist keine Momentaufnahme mehr, die Statistik belegt einen Trend: Noch 2007 (United, Chelsea, Liverpool), 2008 (United, Chelsea, Liverpool) und 2009 (United, Chelsea, Arsenal) war da eine Dominanz, kamen drei der vier Halbfinalisten aus der Premier League.

So schnell ging selten ein Empire unter, und jeder Klub reklamiert jetzt eigene Krisensymptome. Das ergibt sich schon aus den diversen, zunehmend komplizierter verschachtelten Eigentums- und Finanzmodellen bei ManUnited (gehört den Glazers aus Florida), ManCity (Scheich aus Abu Dhabi), Arsenal (Mehrheitseigner ist ein Amerikaner), Chelsea (Abramowitsch, Oligarch aus Russland) und Liverpool (New England Sport Ventures aus Boston/USA).

In der Premier League, der einzigen nationalen Fußball-Liga, die eine Weltmarke ist, haben sie Saison für Saison immer mehr Monopoly gespielt. Und immer weniger Fußball.

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