EM-Titel für Deutschland im American Football:Drama in der Overtime

American Football European Championship final match

Großer Jubel: Deutschland ist Europameister im American Football.

(Foto: dpa)

Nur knapp reicht es für die Verlängerung, dann gelingt Niklas Römer der entscheidende Touchdown: Deutschland ist erneut Europameister im American Football. Finalgegner Österreich hadert mit den Schiedsrichtern.

Von Moritz Dietrich

Fragend blickt Niklas Römer Richtung Schiedsrichter, jubeln traut er sich noch nicht. Der Wide Receiver der deutschen Nationalmannschaft im American Football hat soeben einen Pass in der gegnerischen Endzone gefangen. Es vergehen Sekunden, ehe der Referee beide Arme in die Luft streckt und den Touchdown gibt. Dann läuft Römer los, jubelt - und mit ihm das gesamte Team.

Mit diesem Catch entschied Römer das Finale der Europameisterschaft in der Overtime, Deutschland setzte sich in einer spannenden und intensiven Partie 30:27 gegen Österreich durch. Damit verteidigte die Mannschaft von Teamchef Peter Springwald den Titel von 2010 und bleibt seit 2005 in Europa ungeschlagen.

Dass sich Römer nach dem Fangen des Balls zunächst zierte, war allerdings verständlich. Es gab viel Aufregung in dieser Overtime, die Schiedsrichter hatten mit fragwürdigen Entscheidungen für einige Verwirrung gesorgt - die den Deutschen aber im richtigen Moment in die Karten spielten. "Es war ein unfassbares Spiel für Körper und Nerven", sagte der wohl beste Mann auf dem Platz. Deutschland war schnell mit 14:0 in Führung gegangen, Österreich wirkte zu Beginn nervös, machte zu viele einfache Fehler.

Doch es folgte, was den American Football aus- und so beliebt macht und ein "momentum shift" genannt wird. Mit ein, zwei guten Aktionen drehte sich plötzlich das Spiel zugunsten der Österreicher. Angetrieben von den 27.000 Zuschauern im Wiener Ernst-Happel-Stadion, für gewöhnlich die Spielstätte der Fußball-Nationalmannschaft, gelangen 17 Punkte. "Wir haben geführt, doch die Österreicher kamen zurück und haben sogar noch eins draufgelegt. Es war ein ewiges Geben und Nehmen", sagte Römer dem ORF.

Mit zunehmender Spieldauer tat sich das deutsche Team schwerer, Quarterback Marco Ehrenfriedt leistete sich drei Interceptions. Die Kommunikation passte nicht, Abstimmungsfehler traten vermehrt auf. Mit lauten "Defense"-Sprechchören sorgten die Zuschauer für großen Lärm während der Angriffsspielzüge der Deutschen. "Wenn die Zuschauer laut geworden sind, hast du kein Wort verstanden", meinte Römer. Mit einem Field Goal und rettete sich das Team in die Overtime.

"Ich hab nur `whooo´ gesagt"

Das Drama nahm jetzt erst so richtig Fahrt auf - und mittendrin die Schiedsrichter. "Unsportsmenlike Conduct" ist das Unwort, das den Österreichern zum Verhängnis wurde. Denn eigentlich hatten sie die Deutschen in der Verlängerung kurz vor ihrer Endzone bereits gestoppt, doch dann entschieden die Referees auf unsportliches Verhalten und gaben Deutschland vier neue Versuche, den zweiten nutzte Ehrenfriedt mit dem entscheidenden Pass auf Römer. Warum die Schiedsrichter - zum wiederholten Mal - diese Strafe aussprachen, war nicht einwandfrei zu erkennen.

Abdel Razim Amon, österreichischer Linebacker, hatte nach Ansicht der Unparteiischen Quarterback Ehrenfriedt mit ein paar weniger netten Worten bedacht. Amon gab sich aber unschuldig: "Man sieht wie ich an ihm vorbei gehe und mich freue. Ich hab nur `whooo´ gesagt."

"Ich weiß nicht, was er gesagt hat. Ist mir ehrlich gesagt auch egal, es hat aber zu unseren Gunsten gespielt", sagte Römer und sprach damit wohl auch für seine Mannschaftskollegen. Denn so ganz hatten sie das Geschehen selbst nicht verstanden, nahmen es aber am Ende einer intensiven und kräftezehrenden Partie gerne an. Verdient ist der Sieg trotzdem, im Finale zeigte die Mannschaft die beste Turnierleistung. Vor allem in der Overtime bewahrte die Mannschaft Ruhe, ließ sich von Gegner oder Schiedsrichter nicht beeinflussen.

Das ist alles andere als selbstverständlich, schließlich sind die Amateursportler vor einem derart großen Publikum noch nie aufgetreten. In der heimischen German Football League GFL sind es für gewöhnlich nicht mehr als 5000 Zuschauer, nun sahen sie sich gleich 27.000 gegnerischen Fans gegenüber. "Es war unfassbar laut. Eine bessere Kulisse hätten wir in Deutschland auch nicht hingekriegt", war Römer begeistert.

Nun geht es erst einmal zurück zu den Vereinen. Denn trotz dieses Höhepunktes ist die Saison noch nicht vorbei, erst jetzt beginnt die entscheidende Phase. Und dabei kommt es zum erneuten Duell Deutschland gegen Österreich. Die Berlin Adler und die Dresden Monarchs messen sich im internationale BIG 6-Turnier mit den Swarco Raiders aus Innsbruck und den Vienna Vikings. Es geht um den Einzug in den Eurobowl, ein deutscher Sieg dort wäre nach dominanten Jahren der Raiders und Vikings mal wieder fällig.

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