EM-Ticker:Tusk und Putin beraten sich wegen Krawallen

Die Ausschreitungen in Warschau sollen das polnisch-russische Verhältnis nicht belasten - die Uefa droht Russland eine harte Strafe an, englischer Verteidiger Ferdinand kritisiert die Fußballverbände scharf. Ein Spanier pfeift Deutschland gegen Dänemark. Tschechien bangt um den Einsatz von Spielmacher Rosicky beim letzten Spiel gegen Polen.

Kürze

EM-Ticker: Telefonierte wegen der Krawalle mit Polens Ministerpräsident Tusk: Wladimir Putin.

Telefonierte wegen der Krawalle mit Polens Ministerpräsident Tusk: Wladimir Putin.

(Foto: AFP)

Krawalle, Polen: Polens Ministerpräsident Donald Tusk und der russische Präsident Wladimir Putin haben am Mittwochabend per Telefon über die Hooligan-Krawalle vom Vortag in Warschau gesprochen. Den Wunsch zu dem Gespräch habe die russische Seite geäußert, teilte die polnische Regierung mit. Am Rande des Marsches tausender russischer Fans war es zu Schlägereien zwischen Krawallmachern beider Seiten gekommen. 180 Personen wurden verletzt, darunter auch ein Deutscher. 184 sind den Behörden zufolge festgenommen worden, 156 davon waren Polen. Im Telefonat betonte der polnische Regierungschef, dass die negativen Vorkommnisse "keinen Einfluss auf die guten polnisch-russischen Beziehungen" haben sollten. Beide Seiten betonten, dass Hooligans verfolgt werden sollten, egal welche Staatsangehörigkeit sie besitzen. Tusk hob der Mitteilung zufolge auch die Arbeit der polnischen Polizei hervor, die von Putins Berater Michail Fedorov ebenfalls gelobt worden sei.

Deutschland, Schiedsrichter: Der umstrittene spanische Schiedsrichter Carlos Velasco Carballo, der nach seinen Fehlentscheidungen im Eröffungsspiel zwischen Co-Gastgeber Polen und Griechenland (1:1) heftig kritisiert wurde, pfeift das letzte EM-Vorrundenspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Sonntag in Lwiw gegen Dänemark (20.45 Uhr/ARD). Das gab die Europäische Fußball-Union am Donnerstag bekannt. Der deutsche Schiedsrichter Wolfgang Stark, der nach seiner starken Leistung bei der hochbrisanten Partie zwischen Polen und Russland (1:1) mit Lob überschüttet wurde, wird in den Partien am Samstag und Sonntag nicht zum Einsatz kommen. Weitere Endrunden-Einsätze für den 42-Jährigen sind nach sid-Informationen aber beschlossene Sache.

Uefa, Rassismus: Der vor der EM vom englischen Trainer Roy Hodgson ausgebootete Profi Rio Ferdinand hat dem Weltfußballverband Fifa und der Europäischen Fußball-Union Uefa Untätigkeit gegen Rassismus vorgeworfen. "Die machen aufwändige Kampagnen gegen Rassismus und predigen ein faires und sportliches Miteinander. Aber was machen sie denn konkret, wenn solche schlimmen Dinge passieren? Ich hab' die Antwort für Sie: gar nichts!", klagte der Verteidiger von Manchester United in der Sport Bild. "In Russland zum Beispiel ist es an der Tagesordnung, dass farbige Spieler von den Rängen beschimpft werden. Das sind unerträgliche Zustände", fuhr Ferdinand fort. Die Sanktionen seien lächerlich. "Hier mal 25.000 Euro Strafe, dort mal eine Sperre." Vor Fifa-Präsident Joseph Blatter und Uefa-Chef Michel Platini habe er deshalb "keinerlei Respekt mehr". Zu den rassistischen Beleidigungen von Chelseas John Terry gegen seinen Bruder Anton Ferdinand Anfang des Jahres will sich Rio Ferdinand derzeit nicht äußern. "Erst nach meiner Karriere werde ich die ganze Wahrheit sagen."

Russland, Strafe: Die Europäische Fußball-Union Uefa bestraft Russland hart für die Aktionen einiger Fans während des Spiels gegen Tschechien am Freitag - zumindest, wenn sich die Fans noch einmal danebenbenehmen. Wie der Kontroll- und Disziplinarausschuss mitteilte, muss der Verband RFS den Abzug von sechs Punkten in der Qualifikation zur EM 2016 fürchten. Die Strafe wurde allerdings zur Bewährung bis zum Ende der Qualifikation ausgesetzt. Zudem muss Russland 120.000 Euro Geldstrafe zahlen. Bei der Partie hatten russische Anhänger im Stadion von Breslau Feuerwerkskörper auf das Feld geworfen. Zudem waren im russischen Fanblock beleidigende Spruchbänder gezeigt worden. Außerdem untersuchte die Uefa einen Vorfall nach der Partie. Dabei hatten etwa 30 betrunkene russische Fans mehrere Ordner attackiert. Vier Ordner waren dabei verletzt worden.

England, Steven Gerrard: Der englische Fußball-Nationaltrainer Roy Hodgson zweifelt an der Fitness seines Mittelfeld-Duos Scott Parker und Steven Gerrard. "Scott und Steven sind beide über 30 und mussten gegen Frankreich wirklich hart arbeiten", sagte der 64-Jährige: "Ich bin nicht der einzige Coach, der sich fragt, ob seine Spieler so eine Leistung alle vier Tage abrufen können." Kapitän Gerrard war in der abgelaufenen Saison beim FC Liverpool immer wieder durch Leistenverletzungen zurückgeworfen worden. Der 31 Jahre alte Scott Parker von Tottenham Hotspur hatte zuletzt Achillessehnenprobleme und musste fitgespritzt werden. Beim 1:1 gegen Frankreich wurde er in der 78. Minute ausgewechselt. Im zweiten Spiel der Gruppe D trifft England am Freitag auf Schweden.

Verletzung, Tomas Rosicky: Tschechiens Fußball-Auswahl bangt vor dem entscheidenden EM-Gruppenspiel gegen Polen am Samstag um den Einsatz von Tomas Rosicky. Der Spielmacher vom FC Arsenal musste beim 2:1-Sieg gegen Griechenland in Breslau zur Pause wegen Problemen an der Achillessehne ausgewechselt werden. Auf die Frage, ob sein Mitwirken in der Partie gegen den Gastgeber fraglich sei, antwortete der frühere Dortmunder: "Definitiv." Er habe schon Probleme gehabt, überhaupt bis zur Pause durchzuhalten, sagte Rosicky. Tschechiens Trainer Michal Bilek hofft, dass die Beschwerden des 31-Jährigen nicht so schlimm sind. "Wir brauchen Tomas, denn er ist unser Schlüsselspieler", sagte Bilek.

Schweden, Ibrahimovic: Schrecksekunde für Schwedens Zlatan Ibrahimovic: Der 30 Jahre alte Kapitän musste am Mittwoch das Training im Dynamo-Stadion von Kiew wegen Problemen am linken Oberschenkel abbrechen. Teamsprecher Hans Hultman gab allerdings umgehend Entwarnung. Der Einsatz von Ibrahimovic im zweiten Vorrundenspiel der Tre Kronor am Freitag gegen England in Kiew (20.45 Uhr/ARD) sei "absolut nicht" gefährdet. "Zlatan hatte nach dem Spiel gegen die Ukraine (1:2) Probleme mit dem Oberschenkel, deshalb trug er heute eine Bandage. Er wird im Hotel weiter behandelt", ergänzte Hultman.

Kritik, Mario Gomez: Bayern Münchens Sportdirektor Christian Nerlinger hat verärgert auf die Aussagen von Mehmet Scholl zur Leistung von Fußball-Nationalspieler Mario Gomez reagiert. "Die Kritik von Mehmet Scholl finde ich überzogen und völlig unangebracht", sagte Nerlinger der Bild-Zeitung (Dienstag). Er nahm den Bayern-Torjäger nach dem ersten deutschen EM-Spiel gegen Portugal ausdrücklich in Schutz. "Mario Gomez ist ein Top-Stürmer in Europa. Und ihn dann nach so einer Partie, in der die ganze Mannschaft schwierig ins Turnier gekommen ist, explizit rauszunehmen und als einzigen wirklich zu kritisieren, halte ich für deplatziert und falsch", sagte Nerlinger. Auch Scholls ehemaliger Nationalmannschafts-Kollege Fredi Bobic kann die Kritik an Gomez nicht verstehen. Der Manager des VfB Stuttgart sagte den Stuttgarter Nachrichten (Dienstag): "In meinen Augen hat Mario alles richtig gemacht. Er hat sich während des Spiels gut bewegt und er war im entscheidenden Moment zur Stelle. Das macht einen guten Stürmer aus."

Autounfall, Andrej Schewtschenko: Wenige Stunden nach seinem großen Auftritt beim 2:1-Auftaktsieg von EM-Gastgeber Ukraine gegen Schweden gab es für Stürmerstar Andrej Schewtschenko doch noch ein kleines Ärgernis. Der zweifache Torschütze wurde auf der Rückfahrt vom Olympiastadion in einen Autounfall verwickelt. Ein Geländewagen fuhr auf seinen Porsche, als Schewtschenko an einem Fußgängerüberweg anhielt. Weder der 35-Jährige noch seine schwangere Frau Kristen Pazik wurden verletzt. Schewtschenko nutzte den unfreiwilligen Halt und schrieb eifrig Autogramme für die Fans.

Italien, Antonio Cassano: Italiens Nationalstürmer Antonio Cassano hat bei der Fußball-Europameisterschaft mit schwulenfeindlichen Äußerungen für Aufregung gesorgt. "Ich hoffe, dass keine Schwulen in der Mannschaft sind", sagte der exzentrische Süditaliener im Casa Azzurri über das italienische Nationalteam. Reporter hatten ihn auf Äußerungen des italienischen Fernsehmoderators Alessandro Cecchi Paone angesprochen. Dieser hatte in einem Radio-Interview behauptet, dass zwei Homosexuelle und ein Bisexueller in der Squadra Azzurra seien. Chechi Paone selbst ist homosexuell und hatte nach eigener Aussage Beziehungen zu zwei italienischen Profi-Fußballern. Zunächst hatte der 29-jährige Cassano in Krakau auf die Frage noch ausweichend reagiert: "Wir antworten darauf nicht", sagte der Stürmer des AC Mailand und fügte dann hinzu: "Es ist besser, ich sage nicht, was ich denke."

Rassismus, Uefa: Die Uefa untersucht einen weiteren Rassismusvorwurf. Britische Medien hatten berichtet, Italiens dunkelhäutiger Stürmer Mario Balotelli sei während des ersten Gruppenspiels gegen Titelverteidiger Spanien (1:1) verunglimpft worden. Untersuchungen würden eingeleitet, teilte der Verband am Dienstag mit. Den Fall des tschechischen Abwehrspielers Theodor Gebre Selassie, der im Spiel gegen Russland (1:4) mit Affenlauten bedacht worden sein soll, behandelt die Uefa bereits seit Tagen. Die Untersuchungen sollen fortgesetzt werden. Der Verband betonte, dass in beiden Fällen noch kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei. Italiens Trainer Cesare Prandelli hat bereits bestritten, dass Balotelli beleidigt worden ist. "Das ist absolut nicht wahr", sagte Prandelli am Montag. Der 21 Jahre alte Balotelli hat vor der EM angekündigt, das Spielfeld sofort zu verlassen, wenn er beschimpft werden würde.

Spanien, Taktik: Spaniens Mittelfeldspieler Sergio Busquets und Stürmer Jesus Navas haben die Null-Stürmer-Taktik von Trainer Vicente del Bosque im Auftaktspiel gegen Italien (1:1) verteidigt. "Es war die richtige Entscheidung, denn es passt zu unserer Art, Fußball zu spielen", sagte Navas auf der Pressekonferenz am Dienstag. Alle Spieler hätten die Entscheidung des Trainers verstanden, fügte Busquets hinzu. "Unser Spiel basiert auf hohem Tempo im Mittelfeld", sagte der 23-Jährige weiter. Del Bosque hatte im ersten Gruppenspiel gegen Italien am Sonntag in Danzig sechs nominelle Mittelfeldspieler, aber keinen Stürmer aufgeboten. Der Welt- und Europameister trifft am Donnerstag im zweiten Gruppenspiel auf Irland (20.45 Uhr).

Kroatien, Ivica Olic: Der eigentlich verletzte Stürmer hat kurz vor dem Spiel der kroatischen Nationalmannschaft am Donnerstag in Posen gegen Italien (18.00 Uhr/ARD) für Ärger und Verwunderung im Lager der Südosteuropäer gesorgt. "Ich bin gesund, ich habe keine Probleme. Wenn der Trainer ein bisschen auf mich gewartet hätte, hätte ich gegen Italien spielen können", wird Olic in kroatischen Medien zitiert. Der 32 Jahre alte Olic, der im Sommer vom deutschen Rekordmeister Bayern München zum VfL Wolfsburg wechselt, hatte Anfang Juni im Länderspiel in Oslo gegen Norwegen (1:1) eine Oberschenkelverletzung erlitten. Danach war von vier bis sechs Wochen Pause die Rede, Olic wurde von Coach Slaven Bilic daraufhin aus dem EM-Kader gestrichen. Nun gab Olic sogar an, in den vergangenen Tagen in seinem Heimatort Davor mit Freunden gekickt zu haben. Bilic reagierte mit Unverständnis auf die Vorwürfe von Olic.

Deutsche Nationalmannschaft, Philipp Lahm: Dem Duell gegen seinen Münchner Teamkollegen Arjen Robben sieht Philipp Lahm mit gemischten Gefühlen entgegen. "Es ist auf jeden Fall schwer. Ich freue mich aber auf das Duell. Man will sich immer mit den Besten messen, und Arjen ist einer der Besten", sagte der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Zeitschrift Sport Bild. "Er hat die Fähigkeit, auf beiden Seiten mit Tempodribblings vorbeizugehen. Auch, wenn er bekanntlich innen lieber vorbeigeht." Lahm ist die besondere Brisanz der Partie bewusst - vor allem nach dem verlorenen Champions-League-Finale gegen Chelsea. "Wir alle haben im Finale Fehler gemacht. Unabhängig davon ist aber natürlich auch mir bewusst: Arjen wird im EM-Spiel gegen uns besonders motiviert sein", sagte Lahm. Einen Seitenhieb gegen Mark van Bommel konnte sich Lahm nicht verkneifen. Sein Vorgänger im Kapitänsamt beim FC Bayern hatte nach seinem Wechsel zum AC Mailand erklärt, dass er Bastian Schweinsteiger als Kapitän für besser geeignet halte als Lahm. "Das ist Marks Meinung. Darüber kann ich ehrlich gesagt nur schmunzeln", sagte Lahm.

Spanische Nationalmannschaft, Sturmflaute: Zwei prominente Trainer haben Spaniens Nationalcoach Vicente del Bosque wegen seiner Aufstellung im ersten Gruppenspiel gegen Italien (1:1) kritisiert. "Ohne Mittelstürmer wirkte die Mannschaft steril", zitierte die Sportzeitung As José Mourinho vom Meister Real Madrid. Auch Luis Aragonés, unter dem die Selección 2008 in Österreich nach 44 Jahren erstmals wieder einen EM-Titel geholt hatte, sagte der Sportzeitung Marca: "Ich hätte mit einem Mittelstürmer gespielt." Del Bosque hatte Cesc Fàbregas als sechsten Mittelfeldspieler in der Startelf aufgeboten. Der eigentlich erwartete klassische Stürmer Fernando Torres kam erst in der 74. Minute zum Einsatz. Aragonés urteilte, nach der Einwechslung sei Spaniens Offensive besser geworden.

Polnische Nationalmannschaft, Torwart: EM-Gastgeber Polen kann im letzten Gruppenspiel gegen Tschechien Torwart Wojciech Szczesny wieder einsetzen. Der Schlussmann ist nach seinem Platzverweis wegen einer Notbremse im Eröffnungsspiel der EM gegen Griechenland (1:1) für eine Partie gesperrt. Das teilte die Europäische Fußball-Union UEFA mit. Im zweiten Vorrundenspiel gegen Russland am Dienstag (20.45 Uhr) wird Przemyslaw Tyton im Tor stehen, der direkt nach seiner Einwechslung einen Elfmeter gegen Griechenland hielt.

Nationalelf, Disziplinarverfahren: Der Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Portugal hat ein Nachspiel. Die Europäische Fußball-Union Uefa hat nach dem 1:0 ein Disziplinarverfahren gegen den deutschen und den portugiesischen Fußballverband eingeleitet. Die Kontroll- und Disziplinarkammer des Verbandes soll sich am Donnerstag mit diesen Fällen beschäftigen. Der Deutsche Fußball-Bund DFB muss sich verantworten, weil deutsche Anhänger während des Spiels am Samstag Gegenstände auf das Spielfeld geworfen hatten. Bei einer Ecke der Portugiesen im ukrainischen Lemberg waren Papierkugeln auf das Spielfeld geflogen. Mit den Portugiesen beschäftigt sich die Uefa, weil sie nach der Pause erst spät aus der Kabine gekommen waren. Auch gegen Kroatien wird ermittelt. Im Spiel gegen Irland am Sonntag warfen Fans der Mannschaft mehrfach Feuerwerkskörper und brannten Pyrotechnik ab. Zudem rannte ein kroatischer "Flitzer" in der 90. Minute auf den Platz. Die Italiener hätten vor dem Spiel das von den Spaniern gewünschte Wässern des Platzes abgelehnt. Man brauche aber das Einverständnis beider Teams.

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