EM 2008:Sichern und Tore schießen

Beim 3:2-Sieg gegen die favorisierten Portugiesen hat sich die Systemänderung im deutschen Mittelfeld bezahlt gemacht.

Jürgen Schmieder, Basel

Es war ein Spielzug, auf den die portugiesische Nationalelf einen Copyright-Anspruch hat: Doppelpass. Noch ein Doppelpass. Flachpass nach innen. Tor. Die Stationen dieses Angriffs waren Podolski, Ballack, Podolski, Schweinsteiger, es war der Treffer zum 1:0 für die deutsche Nationalelf. Er resultierte direkt aus der Umstellung des Systems, die Joachim Löw vor dem Spiel vorgenommen hatte. Er verzichtete auf das zu Beginn des Turniers noch heilige 4-4-2-System und schickte gegen Portugal eine 4-2-3-1-Formation aufs Feld. Die überaus ball- und stellungssicheren Simon Rolfes und Thomas Hitzlsperger agierten im defensiven Mittelfeld und sorgten schnell für Unmut bei den portugiesischen Feingeistern Deco, Moutinho und Simao. Vor ihnen spielten Michael Ballack zentral, Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger auf den Außenbahnen. Durch geschicktes Verschieben war es einem von ihnen stets möglich, eine Stürmerposition einzunehmen - wie Schweinsteiger bei seinem Treffer, als er den Ball an einem Ort bekam, an den er mit zwei - dazu noch gedeckten - Stürmern vor sich nie gelaufen wäre.

EM 2008: Wieder da: Bastian Schweinsteiger

Wieder da: Bastian Schweinsteiger

(Foto: Foto: ddp)

Simon Rolfes und Thomas Hitzlsperger schafften in der zweiten Halbzeit durch ihre Positionierung auf dem Spielfeld, dass sich die deutsche Elf - trotz der immer deutlicher zum Vorschein tretenden spielerischen Fähigkeiten der portugiesischen Mittelfeldakteure - nicht all zu weit in die eigene Spielhälfte drängen ließ. Immer wieder beorderten sie ihre Kollegen nach vorne, streuten hin und wieder Pressing ein und gaben ihren Vorderleuten durch fast fehlerfreies Spiel Sicherheit für offensive Aktionen. Es war ein System und eine Spielweise, die den Portugiesen nicht behagen konnte, weil ihnen Raum und Zeit zum Kombinieren fehlte, sie jedoch ständig mit schnellen Vorstößen der offensiven Akteure der deutschen Elf rechnen mussten. Schweinsteiger profitierte besonders von der Umstellung - nicht nur, weil er deshalb zum ersten Mal bei dieser EM in der Startelf stand. Er wusste zwei defensive Akteure hinter und den offensiver agierenden Ballack neben sich. Das nutzte er immer wieder für effektive Offensiv-Aktionen ohne viele Haken. Dass er auch die anderen beiden Treffer der deutschen Elf vorbereitete, hatte freilich nichts mit der Umstellung des Systems zu tun, er schlug einfach Freistöße in den Strafraum. Das Copyright darauf liegt allein bei Otto Rehhagels Griechen.

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