Elf des Bundesliga-Spieltags:Eine Rose für den Abstieg

Ein kleines Mädchen läuft ungestört über den Rasen, um Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht zu trösten. Thomas Tuchel leistet sich einen höchst umstrittenen Nachmittag in Mainz und Bayern-Coach Pep Guardiola beklagt, dass Bier in den Augen brennt.

Die Elf des Spieltags

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Eintracht Braunschweig's coach Torsten Lieberknecht receives a rose from young girl Nele, the daughter of a Braunschweig supporter after their German first division Bundesliga soccer match against Hoffenheim in Sinsheim

Quelle: Ralph Orlowski/Reuters

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Ein Mädchen läuft ungestört über den Rasen, um Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht zu trösten. Thomas Tuchel leistet sich einen höchst umstrittenen Nachmittag in Mainz und Bayern-Coach Pep Guardiola beklagt, dass Bier in den Augen brennt.

Die Elf des Spieltags.

Torsten Lieberknecht: Die Courage, ja diese Chuzpe, muss man in diesem Alter erst einmal haben. Das kleine, blonde Mädchen mit dem schicken gelben Kapuzzenpulli samt rotem Eintracht-Löwen auf dem Rücken, torkelte nach Spielende ohne großen Umweg direkt auf Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht zu und überreicht ihm eine in den Braunschweiger Vereinsfarben gefärbte Rose. Ein Bundesligaabstieg liefert nicht nur traurige, trostlose Bilder, sondern eben auch rührige, aufmunternde. Lieberknecht nahm die Kleine auf den Arm und skizzierte ihr durch die Blume die schöne Zukunft der Eintracht. Inklusive Meisterschaft, wenn sie erwachsen ist. Frühestens.

(schma)

FC Schalke 04 v 1. FC Nuernberg - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Mike Frantz

Mike Frantz: Maik Franz von Hertha BSC hat den Ruf, einer der härtesten Typen der Bundesliga-Geschichte zu sein. Sein Beinahe-Namensvetter Mike Frantz dagegen ist eher sentimental veranlangt. Nachdem der 1. FC Nürnberg mit 1:4 gegen Schalke verloren hatte und der Abstieg feststand, hielt der Offensivspieler sich die Hände vors Gesicht, er schluchzte mehr als alle anderen Nürnberger Spieler, die Trännen rannen seine Wangen hinunter. Teamkollege Per Nilsson nahm ihn in den Arm, redete auf ihn ein. Es half alles nichts. Das Schluchzen wurde immer lauter. Der Abstieg, er schmerzte Frantz mehr als ein Zweikampf mit seinem Beinahme-Namnsvetter aus Berlin.

(sonn)

1. FSV Mainz 05 v Hamburger SV - Bundesliga

Quelle: Alex Grimm/Getty

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Elf des Bundesliga-Spieltags:René Adler

René Adler: Zur Zeit mag René Adler einfach überhaupt nichts gelingen. Der HSV-Keeper kassierte in Mainz wieder einmal drei Gegentreffer, so läuft es schon die ganze Saison. Kein Wunder, dass ihn Bundestrainer Joachim Löw nicht mit nach Brasilien nimmt. Diesmal begann das Unglück schon nach acht Minuten: Da wollte Verteidiger Heiko Westermann den Ball mit der Brust zu Adler zurückgeben. Eine fahrlässige Aktion. Denn Adler blieb perplex stehen, dafür rauschte der Mainzer Elkin Soto heran und hielt den Fuß hin. Der HSV lag schon wieder zurück. Dass es nach der Niederlage dennoch nicht direkt in die zweite Liga ging, ist pures Glück. Nun stehen die Relegationsspiele an. Was Adler Hoffnung machen dürfte: Es kann ja nur besser werden.

(sonn)

1. FSV Mainz 05 v Hamburger SV - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Thomas Tuchel

Thomas Tuchel: Einen solch spektakulären wie umstrittenen Weggang hat sich bisher kaum ein Trainer der Bundesliga geleistet. Thomas Tuchel mag nicht mehr - obwohl er noch für ein Jahr unterschrieben hat. Sein Arbeitgeber Mainz 05 will den Vertrag aber nicht auflösen. Und so entstand am letzten Spieltag eine mehr als bizarre Situation. Mainz gewann, Tuchel jubelte mit Spielern und Fans ausgelassen, ließ sich Bier über den Kopf schütten. Während alle darüber sprachen, dass der Europa-League-Macher weg will. Ein höchst unschöner Nachmittag für einen Coach, der fünf Jahre lang mit dem relativ kleinen FSV die Prominenz der Liga aufscheuchte.

(hum)

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Quelle: AFP

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Jens Keller

Jens Keller: Opfer des Tuchel-Theaters könnte mal wieder Jens Keller werden. Dieser Keller, der irgendwie stets ein schlechtes Standing hat. Seitdem er in Schalke ist, wird er hart kritisiert. Weil er kein Charisma ausstrahlt, weil seine Mannschaft bisweilen planlos spielte. Im Winter hätte eine Entlassung niemanden überrascht, und sein Verein verhandelte ja tatsächlich mit Thomas Tuchel und Thomas Schaaf. Doch nun? Hat er mit einer sehr jungen Mannschaft die beste Rückrunde der Klubgeschichte hingelegt - und muss sich prompt wieder mit der Möglichkeit seiner Absetzung auseinandersetzen. Jens Keller war nun genervt. "Langsam wird es ja peinlich. Darüber kann ich nur noch schmunzeln." Doch jetzt, da Thomas Tuchel praktisch im unbezahlten Urlaub auf Angebote warten wird, könnte Kellers Mission so richtig schwierig werden.

(hum)

VfL Wolfsburg v Borussia Moenchengladbach - Bundesliga

Quelle: Joern Pollex/Getty Images

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Ivan Perisic: Dieter Hecking nahm den Historikern unter den Fußball-Fans die Arbeit ab. Er könne sich noch an einen ähnlichen Fall erinnern, sagte der Trainer des VfL Wolfsburg nach dem 3:1 gegen Mönchengladbach. Erik Mejier sei schon mal Vergleichbares passiert wie nun Ivan Perisic, damals bei Alemannia Aachen. Perisic ist das Alleinstellungsmerkmal also nicht solo zu eigen, besonders stolz ist er nicht darauf: Sein Schuss mit links touchierte den linken Pfosten, berührte anschließend die Latte, um dann schließlich noch vom rechten Pfosten zurück ins Spielfeld zu fallen. Slap Stick pur. Bei Meijer war am 22. November 2004 nur die Reihenfolge eine andere: Latte, linker Pfosten, rechter Pfosten. Immerhin: Perisic machte gegen Gladbach noch sein Tor, es war jenes zum 2:1.

(schma)

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Quelle: AFP

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Robert Lewandowski: Dortmunds Stürmer wollte die Kanone gar nicht mehr hergeben. Er hatte so viel Gefallen an der Trophäe gefunden, die am Ende der Saison der beste Torschütze überreicht bekommt. Ob er sie tatsächlich mit ins Bett genommen hat, wie manch einer seiner Kollegen glaubte, ist nicht überliefert. Aber beim 4:0-Sieg in Berlin überraschte Robert Lewandowski mit einer Erweiterung seines ohnehin schon reichhaltigen Repertoires: Der Pole kann auch Freistoß. Mit viel Effet hob er den Ball aus 17 Metern über die Mauer hinweg ins Tor. Während für ihn der Treffer das normalste auf der Welt schien, konnte es sein Trainer Jürgen Klopp kaum glauben. "Er übt seit vier Jahren Freistöße. Von 8000 im Training waren vielleicht zwei drin - das ist leider die Wahrheit." Am liebsten würde Lewandowski wohl Klopps Weltsicht sofort widerlegen: mit einem Freistoßtor im Pokalfinale gegen seinen neuen Klub FC Bayern.

(schma)

SC Paderborn - VfR Aalen

Quelle: dpa

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Elf des Bundesliga-Spieltags:SC Paderborn

SC Paderborn: Die Deutsche Presseagentur schickte sogleich nach dem erstmaligen Aufstieg einer Fußball-Mannschaft aus Paderborn (im Bild: der Rathausplatz mit jubelnden Einwohnern) einen kleinen Wegweiser durch die Stadtgeschichte herum. Für all diejenigen, die nichts mit dem neuen Bundesliga-Ort anfangen können. Wir zitieren:

"21 offizielle und 16 inoffizielle Fanclubs, von den Nord-Teutonen bis zu den Pader Wölfen, listet die Homepage des Vereins auf."

Oder: "Seit 68 Jahren wird die Stadt von CDU-Bürgermeistern regiert. Bei der nächsten Wahl kandidiert erstmals seit 400 Jahren ein Protestant für dieses Amt. Der letzte Tollkühne, der dies probierte, war Liborius Wichart. Er wurde gevierteilt."

Gut, dass auch gleich der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker seine Verbundenheit mit dem Sportclub mitteilte: "Als Theologe bin ich mit der Verwendung des Begriffs 'Wunder' etwas vorsichtig, aber der Aufstieg des SC Paderborn in die Bundesliga ist schon etwas, das man zumindest als 'Fußballwunder' bezeichnen kann."

Willkommen in der Bundesliga, SC Paderborn 07.

(hum)

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Quelle: AFP

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Pep Guardiola: Dass der Trainer des FC Bayern seine Spieler gut kennt, beweist er auch abseits des Sports. Als die Meisterschale überreicht und das Siegerfoto geschossen war, flitzten Jérôme Boateng und Javier Martínez als Erste zu den Weißbierkrügen und schnurstracks auf Pep Guardiola zu. Der machte gar keine Anstalten zu flüchten, sondern stellte sich zur Bierdusche bereit - mit ausgebreiteten Armen empfing er das kühle Gesöff. "Es ist kalt, es brennt in den Augen, aber nach der Dusche ist es okay", resümierte er später ganz nüchtern. Ein wenig unangenehmer war ihm da schon, dass er kurzzeitig die Schale hatte fallen lassen. Mit Nachdruck machte er aber die Bedeutung der Meisterschaft klar: "Für einen Katalanen wie mich ist es etwas Besonderes". Guardiola zelebrierte an diesem Tag seine endgültige Vereinigung mit den Münchnern. In Lederhose versteht sich.

(ska)

FC Bayern München Meisterfeier Robben Bierdusche

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Franck Ribéry: Wer Franck Ribéry ein Mikrofon in die Hand gibt, handelt fahrlässig - das haben die vergangenen Auftritte auf dem Münchner Rathausbalkon bereits gezeigt ("isch 'abe gemacht fünf Jahre mehr"). Ribéry liebt die Bühne und gab auch dieses Mal den lustigen Feiervogel, die zuletzt mäßigen Auftritte auf dem Rasen spielten da keine Rolle mehr. Als Pep Guardiola vor den Münchnern sein "Mia san mia" vortrug, plapperte es lauthals dazwischen - der Trainer guckte verdutzt, der Schlingel war schnell identifiziert. Ribéry hatte also wieder seinen Spaß und die Fans was zu lachen. Ob es Arjen Robben so lustig fand, frisch geduscht noch einmal vom Franzosen mit Bier überkippt zu werden, ist nicht überliefert.

(ska)

FC Bayern Muenchen Celebrate Winning The Bundesliga

Quelle: Alexander Hassenstein/Getty Images

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Pierre-Emile Højbjerg: Ach ja, Fußball gab es am Samstag in der Münchner Arena auch noch. Das Tor zum 1:0 gegen Stuttgart sah aus wie eines von Pierre-Emile Højbjerg, erzielt hatte es allerdings Claudio Pizarro. Das muss man als Nachwuchstalent erst einmal schaffen: So auf sich aufmerksam zu machen, dass ein eigener Stil erkennbar ist. Etliche Male flog der Ball auf das Tor des VfB, doch im Gegensatz zu vielen anderen Münchnern stolperte und köpfelte sich Hojbjerg nicht auf gut Glück durch den Strafraum, sondern zeigte mutige Schüssen aus der Distanz. Die zischten zwar krachend vorbei, sorgten aber für Raunen im Publikum. Pep Guardiola lobte den 18-Jährigen ausdrücklich: "Er ist ein hungriger Spieler, der Titel gewinnen will." Es war ein angenehmer Nachmittag für den jungen Dänen.

(ska)

© Süddeutsche.de/schma/jbe
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