Eishockeyteam aus Nord- und Südkorea:Schemenhafte, unmündige Gestalten

Pyeongchang 2018 Winter Olympics

Des Diktators Armee der Schönheit: Nordkoreas Cheerleaderinnen suchten die Spiele der vereinten Eishockey-Mannschaft heim.

(Foto: REUTERS)
  • Das skurrile Schauspiel um das vereinte koreanische Eishockey-Team der Frauen endet bei Olympia enttäuschend.
  • Zur Verständigung zwischen Nord -und Sükorea trägt der gemeinsame Auftritt eher nicht bei.

Von Holger Gertz, Pyeongchang

Wie wenig vereint das vereinte Frauen-Eishockeyteam der Koreanerinnen war, wurde auch nach ihrem letzten Auftritt deutlich, dem 1:6 gegen die Schwedinnen. Fünfte Niederlage im fünften Spiel, letzter Platz im Turnier. Die Analyse wurde von der südkoreanischen Fraktion in der Mannschaft betrieben, die Nordkoreanerinnen hielten sich zurück oder wurden zurückgehalten. Nur ganz am Anfang, nach dem allerersten Spiel, hatte die Nordkoreanerin Jong Su-hyon etwas ausführlicher reden dürfen, sie tat es schüchtern und mit großem Ernst.

Seitdem waren die "North Players", wie Trainerin Sarah Murray sie nannte, nur noch als schemenhafte Gestalten wahrnehmbar, auf dem Eis und daneben. Die Nordkoreanerinnen - zwölf von 35 Spielerinnen im Kader - redeten öffentlich nicht, stattdessen wurde über sie geredet, und das vermittelt immer den Eindruck einer gewissen Unmündigkeit. Es sagte also nach dem letzten Spiel die Südkoreanerin Park Yoon-jung: "Ich bin traurig, dass es vorbei ist, es war wirklich etwas Besonderes, und nun muss ich mich verabschieden von den Mädchen. So schön, so traurig: Es sind gemischte Gefühle."

Selten hatte die Politik so entschlossen ins Teambuilding eingegriffen wie bei dieser Mannschaft, erst ein paar Wochen vor Beginn der Spiele hatte die amerikanisch-kanadische Trainerin Sarah Murray die Nordkoreanerinnen in Empfang genommen, und auch wenn sie nicht viele Eiszeiten hatten, menschlich scheint etwas gewachsen zu sein zwischen den Spielerinnen.

Sehr freundlich seien die Nordkoreanerinnen, das haben alle aus der Mannschaft gesagt, und Trainerin Murray erzählte neulich: "Beim Essen reden die Mädchen über das, was in dem Alter eben interessant ist. Wer einen Freund hat, und so weiter." Andererseits kam im Laufe der letzten Woche auch heraus, dass die North Players in einem eigenen Gebäude schliefen, ständig einen Aufpasser bei sich hatten und sogar einen eigenen Bus benutzen mussten - alles sicher auch aus Furcht davor, dass eine abhaut.

Dennoch wollen sie das Beste daraus gemacht haben. "The south players taught the north players", sagte Coach Murray, jedenfalls war das ihre Interpretation. Wie die Nordkoreanerinnen die Sache gesehen haben, ist nicht rauszufinden, weil sie nicht redeten. Oder wenn sie redeten, dann eben nur so, wie sie reden sollten. Vorstellbar wäre auch, dass der Aufenthalt in diesem gemeinsamen Team nicht nur ein Moment der Stolzes war, das ist nur die Sicht der olympischen Zeremonienmeister. Es könnte doch sein, dass den Nordkoreanerinnen die buntere Welt im Süden ganz gut gefallen hat und sie recht sentimental zurückfahren in ihre raue Heimat.

"Ich weiß, dass sie kein Facebook haben"

Man weiß all das nicht, aber man legt es sich - als freier Mensch - halt immer so zurecht, dass man am besten damit klarkommt. Und daran hakt diese groß inszenierte Einheits-Geschichte: Die Deutung wird ausschließlich von einer Seite übernommen. Nach dem letzten Spiel und einigen Ehrenrunden allerdings brach bei den Südkoreanerinnen in der Mannschaft einiges durch, Trainerin Murray begann zu weinen, und die Stürmerin Randi Heesoo Griffin, amerikanischer Vater, koreanische Mutter, nutzte die Gelegenheit für deutlichere Worte. Griffin hatte das historische erste Tor der Mannschaft gegen Japan geschossen, sie hat in Harvard studiert und sieht die Dinge mit der Innensicht, aber auch immer mit der Außensicht; erst 2017 ist sie eingebürgert worden.

Der Druck auf die Spielerinnen sei heftig gewesen, "und wir reden hier ja über eine Reihe wirklich sehr junger Frauen". Dazu kam das Theater mit den nordkoreanischen Cheerleaderinnen, des Diktators Armee der Schönheit, die sämtliche Spiele der vereinten Mannschaft heimgesucht hatten. "Sie haben sicher viel investiert in ihre Art der Choreografie", sagte die auch diplomatisch beschlagene Randi Griffin. "Aber, um ehrlich zu sein, hatte ich zwischendurch das Gefühl, dass sie nicht wirklich wegen uns oder Eishockey da waren."

Im letzten Spiel waren die Cheerleaderinnen gar nicht mehr da, die Promo-Tour beziehungsweise Propaganda-Tour geht zu Ende. Der gemeinsame Weg der koreanischen Hockeyspielerinnen auch. "Ich weiß, dass sie kein Facebook haben", sagte Randi Griffin. "Von daher wird es vielleicht schwer, in Kontakt zu bleiben."

So endet die Geschichte der koreanischen Fraueneishockeymannschaft. Die South Players und die North Players waren niemals richtig vereint. Und jetzt sind sie getrennt.

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