Eishockey-WM: Viertelfinale:Ärger für die Arroganten

Trotz drei Niederlagen in Serie gehen die deutschen Eishockeyspieler sehr optimistisch ins WM-Viertelfinale gegen Schweden. Auch die hochklassigen Schweden, so die Hoffnung, könnten das deutsche Team unterschätzen.

Michael Neudecker, Bratislava

Das Gerücht von den Schweden? Nein, sagt Constantin Braun, als er am Dienstagnachmittag nach dem Training der Eishockey-Nationalmannschaft in der Arena von Bratislava steht, er habe davon noch nicht gehört. Aber wenn das so sei, bitteschön, sei doch prima.

Germany's Reimer celebrates with team mate Gogulla after scoring against Russia during IIHF World Championship match in Bratislava

Tor gegen Russland - auch gegen Schweden? Patrick Reimer (rechts).

(Foto: REUTERS)

Am Dienstag sind die Schweden von Košice nach Bratislava gefahren, am Mittwoch beginnt hier das Viertelfinale bei dieser Eishockey-WM; die Deutschen treffen am Mittwochabend um 20:15 Uhr auf Schweden. Mit dabei hatten die Schweden ebenjenes Gerücht: Sie sollen, so erzählt man sich in ihrem Umfeld, das Spiel gegen Kanada am Montagabend mit halbem Einsatz bestritten und verloren haben, um nur Gruppenzweiter zu werden und so nicht im Viertelfinale gegen Russland antreten zu müssen. Sondern gegen Deutschland.

Nicht, dass sich nicht auch nach Košice herumgesprochen hätte, wie gut die Deutschen bei dieser WM bislang waren - aber es dauert eben, bis sich die Kräfteverhältnisse im Welteishockey nachhaltig verändern.

Das sei wie im Fußball, sagt Constantin Braun, der Verteidiger, wenn die Deutschen da gegen Ghana spielten, würden sie vorher auch sagen, sie würden Ghana nicht unterschätzen, aber im Hinterkopf bliebe doch ein bisschen Arroganz. "Im Eishockey haben das die großen Nationen immer noch gegen uns", sagt Braun, sie brächten Deutschland schon einen gewissen Respekt entgegen, "aber eben nicht den Respekt, der uns gebührt."

Wer Russland schlägt und die Slowakei, gegen Finnland erst im Penaltyschießen verliert und als Gruppendritter ins WM-Viertelfinale kommt, dem gebührt eigentlich durchaus Respekt - aber die Schweden, mutmaßt Braun, "die sagen wahrscheinlich: 'Ach, die Russen hatten halt einen schlechten Tag und die Slowaken sowieso ein schlechtes Turnier.'" Egal, findet Braun, ihr Problem. Die Schweden würden schon merken, was sie davon haben.

Deutschland hat nach einem fulminanten Auftakt zwar nun drei Spiele hintereinander verloren, aber es besteht kein Zweifel, dass die Deutschen ihren Schwung und ihr Selbstverständnis nicht verloren haben. Ob die Deutschen Außenseiter gegen Schweden seien? "Außenseiter oder nicht, ist doch egal", sagt Braun, "wir wollen jedes Spiel gewinnen."

Gegen Tschechien haben sie 2:5 verloren am Montagabend, zeitweise wurden sie vorgeführt, aber: "Das letzte Drittel haben wir 1:0 gewonnen, das gibt uns ein gutes Gefühl", sagt Braun. Und überhaupt, man müsse positiv bleiben, sagt John Tripp, und dann fügt er in direkt formuliertem Kanadierdeutsch hinzu: "Negativ reden ist einfach, aber scheiße."

Sie wollten sich die deutliche Niederlage gegen Tschechien und die unglücklichen Niederlagen gegen Finnland und Dänemark nach Penaltyschießen nicht schönreden. "Aber wir sind eben so 'ne Truppe", sagt Frank Hördler, der Sachse, "weeßte, so Stehaufmännchen. Aufstehen und weitermarschieren, das ist unsere Stärke." Und Constantin Braun sagt, er sei nur aus einem Grund hierher nach Bratislava gekommen: "Um Gold zu gewinnen." Er blickt sehr ernst.

Krupp schmunzelt

Uwe Krupp, der Bundestrainer, hat all diese Aussagen seiner Spieler wohl vernommen, manchmal schmunzelt er, wenn man ihm davon erzählt. Das sei gut, wenn die Spieler so dächten, sagt er dann. Krupp weiß, dass Deutschland nicht innerhalb von ein paar Tagen zum Titelfavoriten wird, und dass es einer erneuten Sensation gleichkäme, würde Deutschland wie im vergangenen Jahr das Halbfinale erreichen.

Uwe Krupp und Harold Kreis

"Wir haben unsere Lehren aus dem Tschechien-Spiel gezogen": Bundestrainer Uwe Krupp (links).

(Foto: dpa)

Doch er wäre ein schlechter Trainer, würde er seinen Spielern ihr Selbstvertrauen ausreden - so lange es nicht droht, in Selbstüberschätzung zu münden. Und das tut es offenbar nicht, die Deutschen haben ja nicht vor, die Schweden vom Eis zu fegen. Man wolle tun, was man immer in diesem Turnier getan habe, sagen sie. Krupp formuliert das so: "Wir wollen uns mit denen anlegen." Mit vollem Körpereinsatz spielen, kompromisslos, effektiv, so ist das gemeint. "Wir wollen die Schweden ärgern", sagt Felix Schütz, "dann werden wir schon sehen, was dabei rauskommt."

Mit welcher Aufstellung Krupp in die Partie gehen will, das verriet er wie immer noch nicht, aber es ist anzunehmen, dass Dennis Endras erneut im Tor steht. Krupp ließ zudem bislang stets mit sieben Verteidigern und 13 Stürmern agieren, nur gegen Tschechien ließ er acht Verteidiger und zwölf Stürmer auflaufen. Erstere Variante bewährte sich im Turnierverlauf eher, weshalb Krupp gegen Schweden wohl die Stürmer Frank Mauer und Marcus Kink wieder nominiert; für sie könnten Daniel Kreutzer und der Verteidiger Denis Reul weichen. "Wir haben unsere Lehren aus dem Tschechien-Spiel gezogen", sagt Krupp.

Zum Beispiel die, dass Tschechien jeden Fehler der Deutschen sofort nutzte - eine Eigenschaft, die Spitzenmannschaften auszeichnet. Wenn man mit Krupp über diese Partie am Montagabend spricht, ist nicht zu überhören, wie sehr ihn das Spiel noch ärgert: Er hätte gerne gezeigt, dass die in diesem Turnier bisher überragenden Tschechen schlagbar sind.

"Es wäre interessant gewesen zu sehen, wie sie reagieren, wenn sie mal in Rückstand geraten", sagt Krupp, "wir hätten sie gerne diesem Test unterzogen." Gemäß der Ansetzung der Endrundenspiele könnte es sein, dass Deutschland dazu noch einmal die Gelegenheit bekommt: im Halbfinale.

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