Eishockey-WM:Tränenreicher Abgang

Eishockey-WM: Letzte Umarmung: Pierre-Edouard Bellemare (rechts) verabschiedet seinen Torhüter Cristobal Huet nicht nur für dieses Turnier - der 41-Jährige beendet seine Karriere im französischen Nationalteam.

Letzte Umarmung: Pierre-Edouard Bellemare (rechts) verabschiedet seinen Torhüter Cristobal Huet nicht nur für dieses Turnier - der 41-Jährige beendet seine Karriere im französischen Nationalteam.

(Foto: Christophe Simon/AFP)

Drei Rücktritte, zwei Absteiger, ein Aufsteiger aus der dritten Liga: Diese Teams sind ausgeschieden.

Von Johannes Schnitzler, Köln

Noch zwei Viertelfinalspiele, dann ist diese 81. Eishockey-Weltmeisterschaft, die erste in Frankreich seit 1968, die erste in Paris seit 66 Jahren, für den Co-Gastgeber Geschichte. Aber nicht nur die Franzosen haben den Sprung unter die besten acht Mannschaften verpasst. Zeit für ein paar warme Abschiedsworte.

Adieu les Bleus

24 Sekunden waren noch zu spielen, als Dave Henderson eine Auszeit nahm. Frankreich führte in seinem letzten Turnierspiel komfortabel 4:1 gegen Slowenien, es gab nichts zu besprechen, nichts taktisch zu verändern. Und doch hatte Trainer Henderson die Auszeit klug gewählt. Die Unterbrechung bereitete die Bühne für den tränenreichen Abgang von einem der größten französischen Spieler der Geschichte: Nach 20 Jahren beendet Torhüter Cristobal Huet, 41, seine Karriere im Nationalteam; auch der ehemalige Straubinger Laurent Meunier, 38, seit 2005 Kapitän der Équipe Tricolore, erklärte seinen Rücktritt. "Die beiden gehören praktisch zum Inventar", sagte Stürmer Antoine Roussel. Huet debütierte 1997 bei einer WM, diese, seine letzte, war die 13. für ihn. Er schloss damit zu den Rekord-Teilnehmern Wladislaw Tretjak (Russland) und Andrej Mezin (Weißrussland) auf, beide ebenfalls Torhüter. Die 13 000 Zuschauer in der Arena in Paris-Bercy erhoben sich von ihren Plätzen und verabschiedeten Huet mit frenetischem Applaus. Der Torhüter war der erste französische Stanley-Cup-Sieger, 2010 mit den Chicago Blackhawks, und ebnete den Weg in die NHL für seine Landsmänner Roussel (Dallas) und Pierre-Edouard Bellemare (Philadelphia), er ist längst sein eigenes Denkmal. Huets und Meuniers Abschied war der versöhnliche Ausklang dieser WM in Paris, die schleppend begann. Dann aber begeisterten Les Bleus ihre Landsleute mit dem historischen 5:1 gegen Finnland, auch Kanada hatten sie beim 2:3 am Rand einer Niederlage. In Roussel (sechs Tore, zwei Vorlagen) und Stephane da Costa (6/4) stehen zwei Franzosen sogar unter den zehn besten Scorern der Vorrunde. "Wir haben gut gespielt", sagte Roussel. "Wir haben vier Siege. Normalerweise kommst du mit zehn Punkten immer ins Viertelfinale. Dass wir es diesmal nicht geschafft haben, ist für uns eine bittere Pille." Teamkollege Bellemare träumt unterdessen schon von der nächsten WM in Frankreich: "Wir haben die Massen angelockt. Stellt euch vor, was dann los wäre!"

Adijo Slovénci

Auf das nächste Mal hofft auch Slowenien. Der Aufsteiger startete mit einer 4:5-Niederlage nach Penaltyschießen gegen die Schweiz und holte dabei sogar einen 0:4-Rückstand auf. Doch bei diesem einen Punkt sollte es bleiben. Die Slowenen schossen nur 13 Tore und steigen wieder ab. In Erinnerung bleiben werden ihre Trikots, deren Farbgebung irgendwo zwischen Wettanbieter und Online-Apotheke changierte. "Vielleicht sind wir nicht gut genug für die Top-Division", sagte Jan Mursak. Der 29-Jährige von ZSKA Moskau war mit drei Toren noch der gefährlichste Stürmer. "Aber wir haben eine gute Gruppe beieinander. Wir werden uns zusammensetzen. Und dann werden wir stärker zurückkommen." 2019 ist die WM in der Slowakei.

Ciao Azzurri

Noch mal blaue Trikots. Noch mal Enttäuschung. Auch die Azzurri, Aufsteiger wie Slowenien, holten nur einen einzigen Punkt, ebenfalls in ihrem ersten Spiel (2:3 n.V. gegen die Slowakei). Danach kam nichts mehr von der Mannschaft von Stefan Mair, der mal die Schwenninger Wild Wings gecoacht hat. Die Italiener kassierten beim 1:10 gegen Russland die höchste Turnierniederlage und steigen wie die Slowenen gleich wieder ab. Was ihnen bleibt, sind zwei Rekorde. In Alex Lambacher setzten sie den einzigen Drittliga-Spieler des Turniers ein - Lambacher ging zuletzt für die Hannover Indians in der Oberliga Nord aufs Eis. Und sie sind "immer noch die größte Italienisch sprechende Eishockey-Nation der Welt". Die Webmaster des Weltverbandes können ja so gemein sein.

Bye Danskere

Die WM begann fürchterlich für die Dänen: 0:3 gegen Lettland, 2:7 gegen die USA. "Das war ein sehr komisches Spiel", fand Mads Christensen nach der Niederlage gegen die Balten. Der Stürmer des EHC München suchte nach Erklärungen. Er fand keine. Im Penaltyschießen gegen die Slowakei quälten sie sich zu ihrem ersten Erfolg. Danach lief es besser. Auch die Dänen verabschiedeten ihren Kapitän, Morten Green, 36, standesgemäß mit einem 2:0 gegen Italien. Sie verpassten das Viertelfinale, hatten als Sechster der Gruppe A aber nichts mit den Abstiegsplätzen zu tun. Absteigen hätten sie auch gar nicht können: Dänemark ist Ausrichter der nächsten Eishockey-WM. "Aber wir wollen in jedem Spiel Werbung für uns machen", sagte Christensen. Sogar Kronprinz Frederik war in Köln. Er liebe die Atmosphäre beim Eishockey, sagte er: "Es ist extrem laut, wie auf einer Party. Nicht wie beim Fußball. Beim Eishockey sind die Leute im ganzen Stadion verstreut, egal, woher sie kommen. Das macht es besonders." Für Christensen wird die WM 2018 - dann mit den Aufsteigern Österreich und Südkorea - in jedem Fall eine besondere. Neben Kopenhagen ist Herning Spielort, Christensens Geburtsstadt.

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