Eishockey-WM:Herzen so groß wie das Matterhorn

Schweiz - Schweden

Nach der Niederlage gegen die Schweden sitzen die Schweizer Eishockey-Spieler enttäuscht auf dem Eis.

(Foto: Salvatore Di Nolfi/dpa)

Die Schweiz scheitert erst im Finale der Eishockey-WM an Titelverteidiger Schweden. Die Szene wertet das auch als Beleg dafür, wie eng die Weltspitze zusammengerückt ist.

Von Johannes Kirchmeier

Kein Satz hätte die Stimmung in der Royal Arena von Kopenhagen am Sonntag besser beschreiben können als dieser kurze von Simon Moser: "Eine riesige Leere ist im Moment da", sagte der Flügelstürmer nach dem Finale der Eishockey-Weltmeisterschaft, das er mit der Schweiz gegen Schweden 2:3 nach Penaltyschießen verloren hatte. Genau so sah sein komplettes Team aus: abgekämpfte, müde Krieger mit traurigem, ja, leerem Blick. Nebenan feierten die Schweden, die Titelverteidiger, den WM-Titel.

Drei Stunden lang hatten die Schweizer zuvor alles dafür getan, dass genau das nicht passiert. Sie spielten um den größten Erfolg in ihrer Geschichte - "mit Herzen so groß wie das Matterhorn", wie die schwedische Zeitung Aftonbladet über den unterlegenen Gegner schrieb. Dreimal legte die Schweiz gegen die hohen Favoriten aus dem Norden vor: erst in der regulären Spielzeit durch Nino Niederreiter (17.) und Timo Meier (24.), dann im Penaltyschießen durch Sven Andrighetto. Doch Schweden schlug stets zurück: Gustav Nyquist (18.) und Mika Zibanejad (35.) trafen im Spiel. Oliver Ekman Larsson und Filip Forsberg drehten das Straffläggningen. Was nach einer Haftanstalt oder skandinavischem Schlafmobiliar klingt, ist die schwedische Bezeichnung für das Shootout. Erstmals seit 1992 verteidigten die Tre Kronor damit wieder den WM-Titel. Und tilgten damit auch die Schmach, die sie im Februar bei den Olympischen Winterspielen erlitten: Da scheiterten sie im Viertelfinale an Deutschland, das sich in Dänemark bereits nach der Vorrunde verabschiedet hatte.

Ähnlich hingebungsvoll wie die deutschen Silbermedaillengewinner in Pyeongchang kämpften sich die Schweizer nun ins Finale vor, wo sich der Favorit erst nach großem Kampf durchsetzte. Dass innerhalb von drei Monaten zwei Außenseiter bis ins Endspiel vorstießen, sei "ein gutes Signal für alle Mannschaften im Bereich sechs bis zwölf, dass bei guter Teamleistung und voller Konzentration alles möglich ist", sagte DEB-Präsident Franz Reindl dem Sport-Informations-Dienst: "Es zeigt, wie eng es geworden ist."

Am Montag kamen die Schweizer unter großem Jubel wieder daheim in Zürich an. Die Spieler trugen Sonnenbrillen, es dürfte also doch noch zu Feierlichkeiten gekommen sein. Und sie lächelten wieder - auch wenn Mosers Reihenkollege Gaëtan Haas anmerkte: "Gestern waren wir alle sehr enttäuscht, heute auch noch." Und an diesem Dienstag sicher auch noch. Trost gibt es vom Trainer, der den Triumph nur vertagt sieht: "Ich habe immer gesagt, dass die Schweiz irgendwann Weltmeister wird", sagt Patrick Fischer: "Vielleicht erlebe ich es noch als Trainer, vielleicht als Fan, aber irgendwann werde ich es erleben." Kein Satz hätte das in Kopenhagen neu gewonnene Selbstverständnis der Eidgenossen besser auf den Punkt bringen können.

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