Eishockey:Weiche Knie, gute Nase

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An Jubel gewöhnt: Dany Heatley hat 388 Tore in der NHL erzielt, neun sind es nach den zwei Toren gegen München nun in der DEL. (Foto: Zink/imago)

Der ehemalige NHL-Goalgetter Dany Heatley führt die Nürnberg Ice Tigers zum vierten Sieg in Serie. Bei Gegner München wechseln sich Sieg und Niederlage dagegen konstant ab.

Von Christian Bernhard, München

Die erste Frage, die einem in den Sinn kam, war, welches der beiden Tore denn nun das leichtere war. Das erste, bei dem er Zentimeter vor der Torlinie nur noch die Kelle hinhalten musste? Oder das zweite, als das Tor nach einem schönen Querpass praktisch leer war? Genau solche Fragen sind es, die Torjägern sportübergreifend ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Spielern wie Filippo Inzaghi. Oder Dany Heatley. Heatley hat 388 Tore in der nordamerikanischen National Hockey League (NHL), der besten Eishockey-Liga der Welt, erzielt; zweimal waren es mehr als 50 in nur einer Spielzeit. Zehn Jahre ist das her, heute ist er bei weitem nicht mehr so schnell und so beweglich wie damals - die Knie machen ihm zu schaffen. Der Torriecher ist aber immer noch da.

Der führt ihn nun in Deutschland zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort. So wie am Freitagabend in München, als er beim 4:3-Sieg nach Verlängerung seiner Nürnberg Ice Tigers gegen den EHC München doppelt traf und damit großen Anteil am vierten Nürnberger Sieg in Serie in der Deutschen Eishockey Liga hatte. Obwohl er erst Ende September DEL-Eis betreten hat, hat er nun bereits neun Tore auf seinem Konto. Die ersten Wochen seien schwer gewesen, erzählte er in München, sie hätten sich "wie ein Trainingscamp" angefühlt. Jetzt aber sei er "sehr zufrieden". Das konnte am Freitagabend auch Steven Reinprecht sein. Nicht nur, weil er in der dritten Minute der Verlängerung den Siegtreffer markierte, sondern auch, weil er Heatleys 1:0 (7.) und Patrick Reimers 2:1 (42.) wunderbar vorbereitet hatte.

Wieder gibt München im Schlussdrittel eine Führung aus der Hand

Von guter Laune war EHC-Trainer Don Jackson weit entfernt. "Verdammt nochmal", brummte er auf der Pressekonferenz, nachdem seine Mannschaft zum wiederholten Mal in dieser Saison im Schlussdrittel eine Führung aus der Hand gegeben hatte. Heatley hatte die Partie mit seinem zweiten Treffer des Abends 85 Sekunden vor Ende in die Verlängerung geschickt. Durch die zweite Saison-Niederlage gegen die Franken - Mitte Oktober hatten die Ice Tigers in Nürnberg deutlich mit 4:1 gewonnen - verpassten es die Münchner erneut, zwei Spiele in Serie zu gewinnen. Seit neun Partien wechseln sich mittlerweile Sieg und Niederlage ab, zwei Dreier in Serie sind ihnen zuletzt Anfang Oktober gelungen. EHC-Angreifer Mads Christensen, der zum 1:1 ausgeglichen hatte (18.), stand dementsprechend geknickt in den Katakomben der Münchner Olympia-Eishalle und sprach leise. Auf die Frage, warum der EHC erneut nicht einen Vorsprung verwalten konnte, hatte er "leider keine Antwort". Eines ist dem Dänen aber klar: "Wir müssen einen Weg finden, Punkte zu holen."

Die Münchner sind weiterhin Tabellenachter - Platz eins, den derzeit Meister Mannheim inne hat (mit zwei Spielen mehr als der EHC), ist mittlerweile 14 Zähler entfernt. "Wir können nicht auf die Ersten schauen", erklärte Christensen, vielmehr gelte es nun, "kleine Schritte" zu machen.

Nürnberg sorgt sich um seine Torhüter

Das gilt auch für die Defensive. EHC-Torhüter David Leggio hatte seine Mannschaft bei einer Art Penaltyschießen während der regulären 60 Spielminuten mehrfach im Spiel gehalten. Dreimal liefen Nürnberger alleine auf ihn zu (zweimal Marco Pfleger, einmal Yasin Ehliz), dreimal hieß der Sieger Leggio. Nürnbergs Keeper Andreas Jenike überzeugte ebenfalls. Kurz vor Ende der regulären Spielzeit jagte er seiner Mannschaft aber einen Schrecken ein, als er vom Eis musste und kurz für den 22-jährigen Philip Lehr Platz machte. Nach nur wenigen Spielsekunden kam Jenike aber zurück und beendete die Partie. Martin Jiranek erklärte hinterher, Jenike habe sich leicht am Fußgelenk verletzt. "Wir alle hoffen, dass es nur überdehnt ist", sagte Nürnbergs Sportdirektor.

Die Torhüterposition ist bei den Ice Tigers besonders heikel, da Jochen Reimer, die designierte Nummer eins, aufgrund einer Hüftverletzung seit Monaten außer Gefecht ist und Lehr erst zwei DEL-Kurzeinsätze vorzuweisen hat. Allerdings könnte Jochen Reimer seinem Team schon bald wieder helfen. Nach zweieinhalb Monaten in New York, wo er sich bei einem Spezialisten behandeln ließ, war er am Freitag nach Deutschland zurückgekehrt - und direkt nach München gekommen, um seinen Ice Tigers gegen seinen Ex-Klub zuzusehen. Wenn alles nach Plan läuft, könnte er Mitte Dezember wieder einsteigen und damit auch seinen Beitrag zu Heatleys Prognose leisten. Der hatte angedroht: "Wir werden noch stärker."

© SZ vom 29.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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