Eishockey:Rodeo mit Iron Mike

Augsburger Panther - Nürnberg Ice Tigers

"Gut gemacht": Augsburgs Hans Detsch (unten) hat sich zum Boxen mit Brandon Prust verabredet und dafür gesorgt, dass Prust vom Eis muss.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Im sechsten Viertelfinalspiel zwischen Augsburg und Nürnberg zeigt sich, wie sehr die Nerven sirren. Am Ende erzwingen die Franken einen Showdown.

Von Johannes Schnitzler

Mike Stewart musste lachen. Obwohl der Trainer der Augsburger Panther gerade Rob Wilson und den Nürnberg Ice Tigers 0:3 unterlegen war. Obwohl seine Panther nicht zum ersten Mal seit 2010 im Halbfinale der Deutschen Eishockey Liga stehen, sondern am Dienstag (20 Uhr) in Nürnberg zum siebten und letzten Mal den Ice Tigers gegenüber. Do or die nennen die Profis das. "Wir waren schon fast tot. Aber wir doen noch", sagte Nürnbergs Torhüter Jochen Reimer.

Wie sehr die Nerven sirren, zeigte sich am Sonntag auf dem Weg in die zweite Drittelpause, als Nürnbergs Co-Trainer Mike Flanagan sich vor der Augsburger Bank aufbaute und Stewart mit bösem Blick anschrie. Flanagan stand so dicht vor Stewart, dass dieser vermutlich riechen konnte, was Flanagan zum Frühstück gehabt hatte. Aber als er gefragt wurde, was Flanagan so aufgebracht hatte, sagte er nur: "Er hat mich gefragt, wie es mir geht, ich habe gesagt: ,Danke, gut.'" Gelächter im Saal.

Später, als einige Journalisten ihre Bewunderung äußerten, wie ruhig Stewart geblieben war, lachte er und sagte: "Das war nicht mein erstes Rodeo."

Stewart, 44, war mal Verteidiger, in seiner Profi-Vita stehen mehr als 100 Faustkämpfe. Sein Spitzname: Iron Mike. "Ich war tough", sagt Stewart. "Aber ich mag den Namen nicht wirklich. ,Iron Mike', das ist Mike Tyson." Eishockey ist Eishockey, und Boxen ist Boxen, soll das heißen. Stewart will, dass seine Profis aggressiv spielen, aber "intelligent". Kämpfe bieten ein Ventil, durch das man Dampf ablassen oder eine Mannschaft mit Emotionen aufpumpen kann. Zuvor muss aber etwas schief gelaufen sein. Und es war einiges schief gelaufen, als Hans Detsch mit Brandon Prust eine Runde im Ring verabredete.

Prust, zu dessen Job-Profil ein kerniger rechter Haken gehört, hatte den Augsburger relativ schnell am Boden, für beide war die Partie danach beendet. Unentschieden also. Denn das war ja Detschs Ziel gewesen, den 33-jährigen NHL-Veteranen, der mit seinen kleinen Sticheleien eine ganze Abwehr ins Chaos stürzen kann, aus dem Spiel zu nehmen. Detsch brachte das Opfer für die Mannschaft. "Er hat das gut gemacht", lobte Stewart, "es war der richtige Zeitpunkt." Damit war aber auch klar, dass für sein Team so ziemlich alles falsch gelaufen war an diesem Nachmittag. "Das Spiel war offen. Aber wenn du gewinnen willst, brauchst du ein Extra", sagte Stewart. "Uns hat heute dieser letzte Tick gefehlt."

Das Extra auf Nürnberger Seite hieß Yasin Ehliz. Fünf Tage zuvor hatte der Nationalspieler ein 0:4 in Augsburg so erklärt: "Es gibt so Tage, da kannst du machen, was du willst." Am Sonntag erzielte er das 1:0 für die Ice Tigers, und nachdem Prust und Detsch geboxt und Flanagan sich nach Stewarts Befinden erkundigt hatte, entschied Ehliz die Partie mit einem Penalty. Diesmal stand der Augsburger Aleksander Polaczek an exakt derselben Stelle wie Ehliz fünf Tage zuvor und sagte: "Es gibt so Tage, da funktioniert nichts." Auch Polaczek war bereit, Opfer zu bringen, einen Schuss blockte er nach einem Hechtsprung mit seinem Helm. "Playoffs sind eine Ecke härter und gemeiner", sagte Polaczek, das alles gehöre dazu. "Aber wir haben heute zu viel abgewartet."

Schien diese Serie zu Beginn ein Duell zu werden zwischen zwei unterschiedlichen Systemen, zwischen dem "Trainer des Jahres" (Wilson) und einem Nominierten (Stewart), geht es nun darum, wer am Dienstag in der alles entscheidenden "Schlacht" (Wilson) seine Waffen effektiver einsetzt. "Beide Teams haben um jeden Zentimeter gekämpft. Beide haben so gespielt, wie sie es sich vorgenommen hatten. Aber Nürnberg hat seinen Plan besser ausgeführt", sagte Stewart. "Nürnberg hatte die bessere Tagesform."

"Nürnberg hat am Dienstag den Druck", glaubt indes Polaczek (in der Serie gab es bereits vier Auswärtssiege) und folgert daraus: "Wir können zurückschlagen." Mike Stewart wäre es nur lieber, wenn dieser Teil der Arbeit nicht wieder an Hans Detsch hängen bleiben würde.

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