Eishockey:Palastrevolution von oben

Eisbären Berlin - Pinguins Bremerhaven

Die Berliner Eisbären werden bald vom NHL-Klub LA Kings regiert.

(Foto: Monika Skolimowska/dpa)

NHL-Klub Los Angeles Kings übernimmt die Regie bei DEL-Rekordmeister Berlin. Die sportliche Bilanz des ehemaligen Serienmeisters alarmierte die Klub-Besitzer in den USA.

Von Johannes Schnitzler

Noch kämpfen die Eisbären Berlin um die Teilnahme an den Playoffs der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Am Ende einer für ihn frustrierenden Saison hat der DEL-Rekordmeister (sieben Titel zwischen 2005 und 2013) noch die letzte Chance, sich vor eigenem Publikum gegen Ingolstadt (Freitag) und Iserlohn (Sonntag) wenigstens für die erste Playoff-Runde und damit über die Hintertür fürs Viertelfinale zu qualifizieren. Schlimm genug. In diese komplexe Gemengelage platzte Anfang der Woche die Mitteilung, dass die LA Kings, zweimaliger Stanley-Cup-Sieger aus der nordamerikanischen NHL, "die direkte Verantwortung für den sportlichen und wirtschaftlichen Bereich" bei den Eisbären übernehmen - beide Teams gehören der amerikanischen Anschutz Entertainment Group (AEG). Der ehemalige Kings-Profi Luc Robitaille, NHL-Allstar und Mitglied der Hall of Fame, hat ab sofort den Vorsitz im Aufsichtsrat der Eisbären. Der 51-Jährige fungiert bei den Kings und AEG Sports als President, Business Operations. Zu seinem Einstand sagte er: "Die Ergebnisse der letzten Jahre waren nicht auf dem Niveau, das wir erwarten. Ziel ist es, die Eisbären zur besten Eishockey-Organisation Europas zu machen." Hauptstadt-medien bezeichneten den Kanadier als "neuen König von Berlin".

Für Eisbären-Chef Peter John Lee, 61, brechen jedenfalls neue Zeiten an. "Das ist ein wichtiger Tag für die Eisbären", sagte der in England geborene Ex-Profi, der seit 2000 die Geschäfte der Berliner führt. Lee und der Sportliche Leiter Stefan Ustorf haben künftig "direkt an Robitaille" Bericht zu erstatten. Der betont zwar, die Eisbären blieben "immer noch Peters Team". Das letzte Wort hat Lee aber nicht mehr. Neben Robitaille wurde auch Kelly Cheeseman, Chief Operating Officer LA Kings/AEG Sports, im Aufsichtsrat installiert.

So bemerkenswert das Timing war, so absehbar war eine Reaktion der Anschutz-Gruppe auf die sportliche Misere der Berliner, die auch im dritten Jahr unter dem ehemaligen Bundestrainer Uwe Krupp enttäuschen. Im Januar war Lee nach Los Angeles gereist, um angesichts zahlreicher Verletzter Geld für Verstärkungen zu erbitten. Gleichwohl war ihm bewusst: "Wenn man mit demselben Geld sieben Meistertitel geholt hat, ist es schwer nachzuvollziehen, wenn man plötzlich mehr Geld haben will." Lee bekam einen Zuschuss für Ad-hoc-Maßnahmen. Und einen Vorgesetzten.

Es hätte die Eisbären auch schlimmer treffen können. Wegen fehlender Rentabilität hatte die AEG vor dieser Spielzeit auf eine weitere DEL-Lizenz verzichtet - für die Hamburg Freezers kam das Aus völlig unerwartet. Den Berliner Fans versprach Lee nun in einer Pressekonferenz, die Eisbären blieben die Eisbären. Die neuen Entscheider "verstehen unsere Tradition, die wollen unsere Identität nicht verändern". Das geschäftsübliche Lächeln beim Gruppenfoto mit Robitaille fiel ihm dennoch sichtlich schwer.

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