Eishockey:Ohne Egoisten an der Spitze

Duesseldorf Deutschland 02 Januar 2016 DEL 15 16 Duesseldorfer EG vs Straubing Tigers Duesseld

Enges Spiel: Düsseldorfs Christopher Minard (Nr. 21) im Zweikampf mit Straubings Sebastian Osterloh (Nr. 8) vor Straubings Torhüter Matt Climie.

(Foto: imago)

DEL-Tabellenführer Düsseldorfer EG bezwingt die Straubing Tigers 2:1 und baut den Vorsprung aus. Der Erfolg geht auf die akribische Arbeit von Trainer Christof Kreutzer zurück.

Von Christian Bernhard, Düsseldorf/München

Kurz vor dem Jahreswechsel tauchte bei Ebay ein ungewöhnliches Objekt auf. Zu ersteigern sind dort die Kölner Haie, die als "Aushängeschild des deutschen Eishockeys" aber auch als "viermaliger Derby-Verlierer in Folge" angepriesen werden. Versteigerer ist der große Rivale der Haie: die Düsseldorfer EG. Der Zustand der Haie sei "gebraucht, leicht abgenutzt, schon ein wenig faltig", schreibt die DEG in der Produktbeschreibung, zudem sei bei den Kölnern die Luft "ein bisschen raus". Die Übergabe der "gebrauchten Haie" soll beim nächsten Derby am 15. Januar in Düsseldorfer erfolgen.

Die DEG hat derzeit besonders viel zu lachen. Elf Siege in den vergangenen zwölf Spielen der Deutschen Eishockey Liga (DEL) schwemmten die Rheinländer am letzten Spieltag des alten Jahres auf Rang eins der Tabelle. Dort waren sie zuletzt im Dezember 2010 gestanden. Auch ihr erstes Spiel als Tabellenführer gelang: Am Samstagnachmittag bezwangen sie die Straubing Tigers vor 9132 Zuschauern mit 2:1 (0:0, 2:0, 0:1) und bauten durch ihren fünften Sieg in Serie den Vorsprung auf Verfolger Eisbären Berlin vorübergehend auf vier Punkte aus. Die Berliner und alle weiteren elf DEL-Teams eröffnen am Sonntag das neue Jahr.

"Wir waren zum ersten Mal der Gejagte. Das war schwierig."

Die drei Punkte gegen Straubing waren hart erarbeitet. Nach einem torlosen Startdrittel, in dem der Tabellenzwölfte aus Straubing, von rund 700 per Sonderzug angereisten Fans unterstützt, die besseren Torchancen hatte, brachten Drayson Bowman (25.) und Manuel Strodel (26.) die DEG innerhalb von 50 Sekunden auf die Siegerstraße. Martin Hinterstocker verkürzte auf 1:2 (43.), die Schlussoffensive der Bayern (alleine im Schlussdrittel gaben sie 18 Torschüsse ab, Düsseldorf verbuchte im ganzen Spiel nur 20) blieb aber erfolglos. "Wir waren heute zum ersten Mal der Gejagte. Das war schwierig, Straubing hat uns das Leben sehr schwer gemacht", sagte DEG-Trainer Christof Kreutzer.

Die Tabellenführung der DEG kommt nicht von ungefähr, sie ist die logische Konsequenz eines fantastischen Dezembers. Das Team von Christof Kreutzer gewann acht seiner neun Spiele im letzten Monat des Jahres und holte dabei 23 von 27 möglichen Punkten. Ende November waren die Düsseldorfer noch Tabellenneunter gewesen, dann starteten sie ausgerechnet beim großen Rivalen in Köln ihre beeindruckende Serie. Trainer Kreutzer setzt auf mannschaftliche Geschlossenheit, nicht auf einzelne Topspieler. Das spiegelt sich in der Scorerliste wider, in der man lange suchen muss, um den ersten DEG-Profi zu finden: erst auf Platz 20 taucht Rob Collins mit 26 Scorerpunkten auf. Seine Mannschaft habe nicht "ein oder zwei Stars", erklärt Kreutzer, die Ausgeglichenheit im Kader mache sie so gefährlich. Jeder sei für den anderen da und akzeptiere seine Rolle, sagt der Trainer, "wir haben keine Egoisten im Team." Sein Bruder und Kapitän Daniel Kreutzer erklärt: "Wir sind einfach sehr ausgeglichen in unseren Reihen und spielen sehr kompaktes Eishockey, als Mannschaft."

"Wenn mir das vor der Saison einer erzählt hätte, hätte ich ihn für bekloppt erklärt."

Christof Kreutzer, der seit mehr als 40 Jahren bei der DEG ist - erst als Spieler, dann als Nachwuchs- und Co-Trainer - und als Spieler fünfmal den Titel gewonnen hat, ist zusammen mit seinem Co-Trainer Tobias Abstreiter der Vater des Aufschwunges. DEG-Geschäftsführer Paul Specht bezeichnet ihn als "Idealbesetzung", da er eine "absolute Identifikationsfigur" sei und das Eishockey "lebt und liebt". Kreutzers Rolle könne man "gar nicht hoch genug einschätzen". Als die Tabellenführung perfekt war, erklärte Kreutzer: "Wenn mir das vor der Saison einer erzählt hätte, hätte ich ihn für bekloppt erklärt." Es sei etwas Besonderes, ganz oben zu stehen - "nicht nur, weil es schon so lange her ist", betonte der 48-Jährige.

Nach der letztmaligen Tabellenführung im Jahr 2010 war es bei der DEG rapide bergab gegangen. 2012 drohte dem Traditionsverein sogar das finanzielle Aus, da der Hauptsponsor ausgestiegen war. Der Verein überlebte, beendete die folgenden zwei Spielzeiten aber jeweils auf dem letzten Platz. Zur Saison 2014/15 stieg Christof Kreutzer zum Cheftrainer auf - und der Aufschwung begann. Die DEG organisierte und gewann im Januar 2015 das DEL-Winter-Game gegen die Haie, erreichte dann das Playoff-Halbfinale und qualifizierte sich so erstmals für die Champions Hockey League (CHL). Kein Wunder , dass Specht das DEG-Jahr 2015, in dem auch noch das 80-jährige Vereinsjubiläum gefeiert wurde, als "phantastisch" bezeichnet. Diese Euphorie gilt es ins neue Jahr mitzunehmen, Specht sagt: "Wir müssen und werden noch drauflegen." Der sportliche Start passte schon einmal dazu.

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