Eishockey:Naturschutz auf Schwedisch

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War einst Co-Trainer in Köln, führte dann Ingolstadt zum Meistertitel - und ist nun als Chef zurück bei den Haien: der Schwede Niklas Sundblad. (Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

Dank Trainer Niklas Sundblad sind die Kölner Haie das derzeit beste Team der Liga.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Vor drei Jahren hat sich die Düsseldorfer EG einen Spaß erlaubt: Der Eishockeyklub hat bei der Unesco die Anerkennung als Weltkulturerbe beantragt, weil man in Düsseldorf schließlich eine einzigartige kulturelle Tradition aufgebaut habe. 40 Kilometer rheinaufwärts haben sie darüber sehr gelacht: Wenn die DEG Weltkulturerbe sein will, dann müssten die Kölner Haie doch mindestens in die Obhut der Naturschutzorganisation WWF aufgenommen werden.

Drei Jahre später tun die Kölner nun aber wirklich etwas für ihr internationales Geltungsbedürfnis. Der Klub aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) kooperiert neuerdings mit einer chinesischen Vermarktungsagentur, um die Marke "Kölner Haie" in Asien zu positionieren. Vor diesem Hintergrund muss die umfangreiche Transferpolitik der Haie im Sommer allerdings noch einmal neu bewertet und für strategisch unklug erachtet werden. Denn sie haben ja schon wieder keinen einzigen asiatischen Eishockeyspieler verpflichtet!

Dessen ungeachtet reisen die Kölner am kommenden Sonntag als Spitzenmannschaft und leichter Favorit zum 208. rheinischen Derby nach Düsseldorf. Kölns Trainer Niklas Sundblad ist Schwede und nicht gerade ein Experte für chinesische Talentsichtung. Also hat er sich auf seine Kernkompetenzen verlassen und für seine erste volle Saison als Cheftrainer in Köln vor allem Schweden verpflichtet: Johannes Salmonsson aus Linköping, Per Aslund aus Färjestad, Dragan Umicevic aus Biel in der Schweiz, Fredrik Eriksson aus Nürnberg und den Torwart Gustaf Wesslau aus Jonköping. Umicevic und Salmonsson gehören schon jetzt zu Kölns Topscorern, und der Goalie Wesslau parierte bislang mit 95 Prozent aller Schüsse auf sein Tor die meisten Pucks der ganzen Liga.

Im rheinischen Derby gegen Düsseldorf sind die Haie Favorit, das war zuletzt nicht immer so

Mit seinen beiden schwedischen Co-Trainern Petri Liimatainen und Jonas Forsberg und seinen nunmehr sechs schwedischen Spielern mischt Sundblad gerade die DEL auf; nach einer enttäuschenden vergangenen Saison, in der die Kölner erst zum zweiten Mal überhaupt die Playoffs verpasst hatten. Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, ehe eine schwedische Vermarktungsagentur damit beauftragt wird, die Marke Kölner Haie in Skandinavien zu positionieren.

Doch für den Moment würde es den Kölnern schon genügen, sich mal wieder für ein paar Jahre zuverlässig in der Spitze des nationalen Eishockeys zu etablieren. 2002 waren die Haie zum achten und bislang letzten Mal deutscher Meister, 2009 versäumten sie erstmals die Playoffs, gerieten zwei Mal kurz nacheinander in Existenznot und engagierten 2011 den vormaligen Bundestrainer Uwe Krupp als sportlichen Retter. Krupps Co-Trainer damals: Niklas Sundblad.

Das mit der Rettung klappte erst mal ganz gut, zugleich begann allerdings auch eine Serie von Verlusten. Zunächst verloren die Kölner Anfang 2013 ihren treuen Manager Thomas Eichin an den Fußballklub Werder Bremen, danach verloren sie unter Krupp 2013 und 2014 zwei Endspiel-Serien nacheinander, und im Herbst 2014 schließlich den sportlichen Anschluss. Krupp wurde im vergangenen Oktober gefeuert, Sundblad, der zwischendurch den ERC Ingolstadt sensationell zur Meisterschaft 2014 geführt hatte, wurde zurück nach Köln geholt, als Chef.

Alles, was in der vergangenen Saison schieflief, konnten sie noch auf Krupp schieben, selbst wenn der in der entscheidenden Saisonphase gar nicht mehr da war. Nun steht Sundblad endgültig allein in der Verantwortung. Man hat ihm mit zwölf neuen Spielern im Sommer viele Wünsche erfüllt. Am vergangenen Sonntag besiegten die derart aufgepeppten Haie die Eisbären Berlin und deren neuen Trainer - Uwe Krupp - 6:1. Die direkten Vergleiche mit den mutmaßlichen Titelrivalen haben die Kölner bislang alle gewonnen: 3:2 gegen München, 4:2 gegen Nürnberg, 5:2 gegen Mannheim und nun 6:1 gegen Berlin. "Die Kölner sind im Moment das beste Team der Liga", sagt sogar Krupp anerkennend.

Die meisten der neuen Spieler haben bloß einen Einjahresvertrag, was bedeutet, dass man sie im kommenden Frühjahr leicht wieder los werden kann - dass man sich aber auch frühzeitig um eine Verlängerung mit höheren Bezügen bemühen muss, wenn sie sich weiter so gut einfügen wie bislang. Der neue Verteidiger Shawn Lalonde etwa ist mit elf Punkten bis dato fünftbester Scorer der Liga - und zugleich mit Abstand der effektivste Abwehrmann. Lalonde ist zwar Kanadier, allerdings im Sommer ebenfalls aus Färjestad/Schweden gekommen. Er integriert sich blendend in Sundblads schwedisches System. Beim 6:1 in Berlin haben die sonst so traditionsbewusst in Rot und Weiß spielenden Kölner den Einfluss ihres Trainers nun auch optisch demonstriert, mir ihren neuen Ausweichtrikots: in schwedischem Blau und Gelb.

© SZ vom 16.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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