Eishockey:Nach Pyeongchang gehackelt

Lettland - Deutschland

4. September 2016: Tom Kühnhackl erzielt das 3:2 in Riga gegen Lettland und schießt das deutsche Team zu den Olympischen Spielen 2018

(Foto: Stefan Diepold/dpa)

Deutschlands Eishockeyspieler qualifizieren sich durch einen späten Treffer für die Olympischen Spiele 2018. Bundestrainer Marco Sturm freut sich, auch weil sich damit sein Vertrag verlängert.

Von Johannes Kirchmeier, Riga/München

Als die Schluss-Sirene durch die Eisarena von Riga dröhnte, umarmte Bundestrainer Marco Sturm seinen Assistenten Tobias Abstreiter. Klar, er jubelte, er lächelte, aber er schnaufte auch durch. Er hat seine erste große Herausforderung als Bundestrainer bewältigt.

Sturms Vertrag hat sich bis zu den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang/Südkorea verlängert. Das war die kleine Nachricht nach seinem Jubel. Die viel größere war: Marco Sturm hat nach der verpassten Teilnahme 2014 in Sotschi, als das Team des Deutschen Eishockey-Bundes an Österreich scheiterte, die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft wieder in ein olympisches Turnier geführt, in jenes von 2018 - durch einen 3:2 (1:0, 1:1, 1:1)-Sieg im Endspiel der Qualifikation gegen Gastgeber Lettland. Zuvor hatte Deutschland 5:0 gegen Japan sowie die Revanche gegen Österreich 6:0 gewonnen.

Am Sonntag entwickelte sich das erwartet enge, packende Abschlussspiel zwischen der DEB-Auswahl, dem Weltranglistenzehnten, mit sieben NHL-Profis angetreten, und der zwei Plätze dahinter platzierten lettischen Auswahl - mit nur zwei NHL-Profis, aber einer Kulisse von mehr als 10 000 Zuschauern im Rücken. Zum ersten Mal war die Rigaer Halle in den drei Turniertagen ausverkauft, durchweg schrien die Fans "Latvija, Latvija" durchs Rund.

Lettlands Trainer Vasiljevs tauscht den Torhüter aus - und bringt die Spannung zurück ins Endspiel

Einschüchtern ließ sich das deutsche Team davon anfangs jedoch nicht. Es drückte die Letten in deren Drittel. Nach ein paar Minuten drehte sich die Partie aber, weil Lettland Deutschlands schnelle lange Pässe in die Spitze unterband. Stattdessen hätte der Gastgeber in der achten Minute in Führung gehen können, nachdem der Augsburger Verteidiger Arvids Rekis nach einem Schuss ins kurze Eck von Philipp Grubauer den Pfosten traf.

Nach dieser Schrecksekunde wurden die Deutschen aktiver: Bei der ersten Überzahlsituation scheiterte erst David Wolf per Bauerntrick an Torhüter Kristers Gudlevskis. Leon Draisaitl machte es dann besser: Nach einem feinen Querpass von Patrick Reimer traf der Mittelstürmer der Edmonton Oilers ins kurze Eck (1:0/17.).

Gleich zu Beginn des zweiten Drittels war es dann dem besten Torschützen des Turniers vorbehalten, die Führung zu erhöhen. Patrick Hager schoss aufs Tor von Gudlevskis, Felix Schütz staubte ab (25.). Die Arbeiter aus dem DEB-Maschinenraum waren in Riga die punktbesten Deutschen, besser noch als die NHL-Kollegen.

Lettlands Trainer Haralds Vasiljevs setzte danach einen Reizpunkt, er wechselte den Torhüter - und die Maßnahme schien zu funktionieren. Denn kurz darauf erbebte die Halle unter dem lettischen Jubel. Vasiljevs Team erzielte das Anschlusstor (1:2/36.). Miks Indrasis bezwang als erster Spieler in Riga den deutschen Torhüter Philipp Grubauer, der in den ersten beiden Partien ohne Gegentor geblieben war.

So startete das Abschlussdrittel mit einem knappen deutschen Vorsprung. Bei der nächsten Unterzahlsituation änderte sich das: Der Münchner Verteidiger Daryl Boyle musste auf die Strafbank und von dort aus mit ansehen, wie Kaspars Daugavins einen No-Look-Pass vors Tor brachte; der heranstürmende Martins Karsums traf zum 2:2-Ausgleich (47.). Plötzlich waren auch die Letten dem olympischen Teilnahmekärtchen nahe, allerdings nicht lange. Denn die Deutschen haben in diesem Jahr einen Spieler, dem nahezu alles gelingt, sogar laute Letten leise werden zu lassen: Tom Kühnhackl.

Im Juni gewann er den Stanley Cup, am Sonntag erzielte er das entscheidende Tor für Pyeongchang (55.). In ihrer letzten Überzahlsituation schlug die DEB-Auswahl, "eine der stärksten, die wir je hatten", wie Verbandschef Franz Reindl sagt, zu. Draisaitl sah den freien Brooks Macek, der aufs Tor drosch, wo Kühnhackl den Abpraller einfach nur über die Torlinie hackelte: "Supergeil. Ein klasse Spiel", fasste Torhüter Grubauer zusammen. Es war ihm anzumerken, dass er nur noch feiern wollte.

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