Eishockey:Hoffen auf Holland

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Rosenheimer Ratlosigkeit: Stürmer Joseph Lewis und Publikumsliebling Tyler McNeely (l.) konnten den Abstieg gegen Crimmitschau nicht verhindern. (Foto: Kini Photography)

Die Starbulls Rosenheim können auch ihre letzte Chance gegen Chrimmitschau nicht nutzen und steigen wohl aus der DEL2 ab. Doch eine Hintertür bleibt.

Von Thomas Gröbner

Übrig blieben zwei Sekunden. Zu wenig, um noch an ein Wunder zu glauben. Zu viel, um schon vom Eis zu gehen. Als die Uhr ein letztes Mal stehen blieb im Abstiegsspiel in der DEL2 zwischen den Eispiraten Crimmitschau und den Starbulls Rosenheim, da begann für die Rosenheimer die Trauerbewältigung schon. Tyler McNeely und Tyler Scofield sanken auf das Eis, während die Zuschauer um sie herum Bierbecher aufs Spielfeld regnen ließen. Michael Rohner, der die Hoffnung kurz zuvor mit seinem Überzahl-Tor noch genährt hatte, kurvte verloren umher. Aber das Spiel musste zu Ende gebracht werden, und so wurden die Bierbecher wieder eingesammelt und die Rosenheimer Spieler scharten sich ein letztes Mal um Thomas Schädler. Um jenen Nachwuchs-Trainer, dem der Vorstand zugetraut hatte, diese finale Serie zu gewinnen und den Abstieg zu verhindern. Dafür hatten sie sogar ihren Trainer Franz Steer geopfert, der neun Jahre für Rosenheim an der Bande stand. Ein letztes Bully. Schlusssirene. Konfettiregen. Dann war Rosenheim abgestiegen.

"Der größte anzunehmende Unfall, der GAU, ist eingetreten": Nur sieben Minuten nach dem Ende der Partie hatte Rosenheim schon ein Schreiben veröffentlicht, in dem sie das, was gerade auf dem Eis geschehen war, einordneten.

Das einst so stolze Rosenheim müht sich nach Konkurs und Neugründung nach oben

Doch das, was die Verantwortlichen einen "Unfall" nannten, traf den Verein nicht so plötzlich und unvorbereitet, wie es das Wort nahelegt. Vielmehr scheint der Abstieg auf die unglückliche Mischung aus einer langen Verletztenliste, finanzieller Einschnitte (die Suche nach einem Hauptsponsor blieb ohne Erfolg) und mangelnder Qualität zurückzuführen zu sein. Der Liga-Vorletzte Heilbronn und Schlusslicht Crimmitschau waren in der Playdown-Serie schlicht besser. Und so konnte der Abstieg niemanden mehr überraschen. Das einst so stolze Rosenheim, deutscher Meister 1982, 1985, 1989 und Gründungsmitglied der Deutschen Eishockey Liga (DEL), müht sich seit dem Konkurs und der Neugründung im Jahr 2000 aus der Bezirksliga nach oben. Und es war ausgerechnet Franz Steer, dem sie es nicht mehr zutrauten, die Liga zu halten, der Rosenheim 2010 aus der Oberliga in die zweithöchste Spielklasse führte. Trotzdem sei die umstrittene Entlassung von Steer richtig gewesen, ließ der Vorstand verlauten. Sie hätten "den berühmten Ruck durch die Mannschaft gespürt", heißt es, auch wenn der nicht zum Ligaverbleib reichte. Steers Nachfolger Schädler, der neben Gegenüber John Tripp fast in seinem Anzug zu verschwinden schien, rang nach dem Spiel um Erklärungen: "Es ist ganz schwer, Worte zu finden." Crimmitschau-Trainer Tripp tat sich leichter: "Wir wussten, wir müssen die schnelle Reihe der Rosenheimer stoppen. Tyler Scofield und McNeely sind sehr gefährlich, aber unsere Big Boys haben das geschafft. Wir haben ein Happy Ending." Rosenheim steht vor dem Abstieg in die Oberliga - dabei hatte der Vorstand doch gerade noch viel Energie in Aufstiegspläne investiert. Noch Weihnachten 2016 hatte man ein Strategiepapier vorgelegt, das die Überschrift "Basispapier 2020" trug und zweierlei festhielt: Zum einen die Einschätzung, dass die Ausrichtung des Vereins auf die Oberliga oder niedrigere Ligen keine sinnvolle Alternative für den Eishockeystandort Rosenheim sei. Und zum anderen, dass man den Verein "bis zum Jahr 2020 DEL-fähig" machen werde. Auch eine Bankbürgschaft in Höhe von 816 000 war schon hinterlegt worden.

Doch eine kleine Hoffnung bleibt, denn zwei Szenarien gibt es, in denen Rosenheim doch noch die Klasse halten könnte. Die erste Möglichkeit: Ein Verein aus der DEL oder DEL2 zieht zurück, was im Moment als unwahrscheinlich gilt. Die zweite Option: In das Oberliga-Finale ziehen zwei Klubs ein, die nicht aufsteigen dürfen. In den Halbfinals führt gerade das niederländische Team Tilburg Trappers in der Serie 1:0 gegen Essen, den Niederländern ist ein Start in der DEL2 verwehrt. Und sollte auch Sonthofen sich gegen Bad Tölz durchsetzen, wäre keine der beiden Mannschaften aufstiegsberechtigt, weil Sonthofen nicht die erforderlichen Unterlagen für die DEL2 eingereicht hat.

© SZ vom 13.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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