Eishockey:Grollende Grizzlys

Die Wolfsburger hadern nach dem 0:2-Rückstand in der DEL-Finalserie gegen München mit den Unparteiischen. Es geht um die Frage: Wann ist ein Treffer, der mit dem Schlittschuh erzielt wurde, wirklich ein Treffer?

Von Christian Bernhard

Pavel Gross trat vor die Kameras, nichts deutete daraufhin, dass es nur Minuten zuvor drunter und drüber gegangen war. Ruhig und sachlich analysierte der Trainer der Grizzlys Wolfsburg das soeben zu Ende gegangene Spiel, er griff dabei auf Formulierungen zurück, die man von Profi-Trainern sportartenübergreifend gewohnt ist: Wir spielen gegen eine starke Mannschaft. Und: Wir wissen, dass wir eine gute Mannschaft haben.

Gross' TV-Auftritt war in diesem Fall inszeniert, in ihm hatte es am Sonntag erstmals in den laufenden Playoffs der Deutschen Eishockey Liga (DEL) so richtig gebrodelt. Die 4:5-Niederlage seines Teams gegen den EHC München, durch den die Bayern in der Best-of-seven-Finalserie um die deutsche Meisterschaft nun mit 2:0 Siegen führen, hatte den emotionalen Gross zum Leben erweckt.

Schon während der Partie hatte Gross auf der Bank getobt und gewütet, nach der dramatischen Partie, in der die Grizzlys 2:0 geführt hatten, dann 2:5 zurücklagen und Sekunden vor Schluss fast noch ausglichen, musste der angestaute Frust raus. Gross ging verbal auf die Unparteiischen los, auch eine Trinkflasche flog. Die Folge: Eine Spieldauerdisziplinarstrafe wegen Schiedsrichter-Beleidigung. Weitere Konsequenzen hat Gross' Ausraster nicht, er wird am Dienstag im dritten Finalspiel in München (19.30 Uhr/Servus TV) wie gewohnt an der Bande stehen. Das standardmäßig eingeleitete Verfahren gegen den 47-Jährigen wurde laut Liga eingestellt, da die ausgesprochene Spieldauerdisziplinarstrafe "korrekt und ausreichend" sei.

Die "aktive Bewegung" reicht - zum Puck muss sie nicht gehen

Begonnen hatte der Grizzly-Groll beim 1:2 der Münchner. Sekundenbruchteile bevor Jeremy Dehner traf, hatte Wolfsburgs Torwart Felix Brückmann mit der Hand signalisiert, dass seine Torhütermaske verrutscht war. Als die Scheibe im Kasten einschlug, fiel Brückmanns Maske aufs Eis. Mehrere Wolfsburger protestierten, erfolglos. Noch größer wurde die Aufregung im Mitteldrittel, als den Gastgebern das Tor zum 3:3 aberkannt wurde: Angreifer Vincenz Mayer hatte - mit dem Rücken zum Münchner Tor stehend - einen Weitschuss von Jeffrey Likens mit seinem rechten Schlittschuh abgefälscht. Die Unparteiischen konsultierten den Videobeweis - und gaben den Treffer nicht. "Das ist schwierig nachzuvollziehen", fand Wolfsburgs Manager Charly Fliegauf, und Gross betonte, ihm konnte nicht erklärt werden, warum das Tor nicht zählte.

Wolfsburgs Verteidiger James Sharrow hatte den Schiedsrichtern seine Sicht der Dinge bereits kurz nach der Aktion mitgeteilt: Wie soll Mayer die Scheibe ins Tor gekickt haben, wenn er doch mit dem Rücken zum Tor stand, fragte er. Auch Gross wies daraufhin, keine "aktive Schlittschuhbewegung zum Puck" gesehen zu haben. Trotzdem lagen die Schiedsrichter mit ihrer Entscheidung richtig, da in Deutschland laut Regelwerk bereits eine "aktive Bewegung des Schlittschuhes" ausreicht, um einen Treffer abzuerkennen.

Die Münchner reagierten gelassen auf die turbulente Partie. Trainer Don Jackson, der die Eisbären Berlin zu fünf DEL-Titeln geführt hat, verwies darauf, dass die Erfahrung einen großen Einfluss auf den Sieg gehabt hätte. Gross hat vor Spiel drei bereits neue Probleme. Er muss nach den Verletzungen von Nationalstürmer Sebastian Furchner und Verteidiger Robert Bina schauen, genug Spieler aufs Eis zu bekommen.

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