Eishockey:Flinke Schildkröte

Ice hockey Eishockey DEL Nuernberg vs RB Muenchen NUERNBERG GERMANY 06 OCT 17 ICE HOCKEY DEL; Treutle

Scheint in Nürnberg endlich sein Glück zu finden: Torhüter Niklas Treutle. Nach dem Sieg über Meister München zollte ihm sogar der Gegner Respekt.

(Foto: Markus Fischer/GEPA/Imago)

Die Nürnberg Ice Tigers und der EHC München sind ansprechend in die Eishockey-Saison gestartet. Die Franken haben sich offenbar geschickt verstärkt, Torwart Niklas Treutle führt mehrere wichtige Statistiken an.

Von Christian Bernhard, München

Niklas Treutle hat sportlich gesehen keine leichte Zeit hinter sich. Der deutsche Eishockey-Torhüter hatte nach einer starken Saison 2014/15 in München den Sprung in die NHL geschafft, doch der Traum von Amerika endete schnell: Nach nur 50 Minuten Eiszeit in der besten Liga der Welt und einigen Einsätzen im Farmteam der Arizona Coyotes ging er zurück nach Europa; glücklich wurde er aber weder in Finnland (Kouvola) noch in Krefeld. Die Rückkehr in seine Heimatstadt Nürnberg im Sommer hat ihn besonders gefreut - das zeigt er nun auch auf dem Eis.

Die Nürnberg Ice Tigers bezwangen am Freitagabend den EHC München mit 2:1 nach Verlängerung, weil Treutle gegen den Meister und seinen Ex-Verein überragende 47 Schüsse parierte. "Respekt an Turtle, er hat besonders am Ende der Partie toll gehalten", sagte Münchens Angreifer Jason Jaffray, der das zwischenzeitliche 1:1 erzielt hatte. Turtle ist Treutles Spitzname - und die an diesem Abend kaum zu überwindende Schildkröte freute sich, "dass ich mit ein paar Aktionen den kleinen Unterschied machen konnte". Dieser kleine Unterschied zieht sich bereits durch die mittlerweile am 11. Spieltag angekommene Saison der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Der 26-Jährige führt die Liga sowohl in Sachen Gegentorschnitt (nur 1,12 pro Spiel) als auch Fangquote (96,7 Prozent) an.

Nürnberg kompensiert sogar den Ausfall von Kapitän Patrick Reimer

Beide Teams untermauerten in der intensiven und temporeichen Partie, dass sie zu Recht Tabellenzweiter (Nürnberg, 21 Zähler) - punktgleich mit dem Ersten Berlin - und Dritter (München, 19 Zähler) sind. Bei den Ice Tigers geht es derzeit auch ohne Kapitän Patrick Reimer, der die vergangenen vier Spiele verletzt fehlte und noch auf sein erstes Saisontor wartet. Reimers Ersatz in der ersten Angriffsreihe, Petr Pohl, traf gegen München zum 1:0, für den Sieg sorgte Phil Dupuis in der letzten Minute der Verlängerung. Momentan fängt die Mannschaft die Abwesenheit des DEL-Spielers des Jahres 2017 sehr gut auf. Eine so gut positionierte Nürnberger Mannschaft ohne Reimer wäre in den vergangenen Jahren nicht denkbar gewesen. Auf Dauer seien Reimers Fußstapfen aber hart zu füllen, sagt Nürnbergs Trainer Rob Wilson, der sich das auch "von keinem erwartet".

Treutle ist zudem nicht der einzige Sommer-Transfer von Sportdirektor Martin Jiranek, der eingeschlagen ist. Die Verpflichtungen des offensivstarken, und mit einer beeindruckenden Ruhe an der Scheibe ausgestatteten Verteidigers Taylor Aronson sowie jene von Stürmer Dane Fox, der mit neun Scorerpunkten die interne Rangliste anführt, erwiesen sich als sehr sinnvoll; und auch der 34-jährige NHL-Routinier Tom Gilbert, der als Nummer-eins-Verteidiger geholt worden war, zeigte gegen München, was noch in ihm steckt. Die Defensive der Franken steht, die 21 Gegentore werden ligaweit nur vom ERC Ingolstadt (20) unterboten. Und das, obwohl Colton Teubert immer noch verletzt ist und zuletzt auch Patrick Köppchen, ebenfalls ein Zugang, ausfiel. Daran hat auch Andreas Jenike, der sich mit Treutle einen Zweikampf ums Tor liefert, seinen Anteil. "Man merkt es an unseren Leistungen, da ist nicht viel Platz für Fehler", erklärt Treutle. "Am Ende profitiert die Mannschaft davon."

München hat sich nach schwachem Start schon wieder gefangen

Ungewohnte - und für seine Verhältnisse viele - Fehler hat der Titelverteidiger aus München zu Beginn der Saison gemacht: An den ersten vier Spieltagen ließ er sechs Punkte liegen, zweimal verlor er. Mittlerweile hat er sich wieder gefangen. Das Unterzahlspiel, das in den vergangenen zwei Jahren ein zentraler Meister-Baustein war, ist trotz Dupuis' Siegtreffer mit einer Erfolgsquote von 89 Prozent schon wieder das beste der Liga. Es zeigt, dass die Vorgaben von Trainer Don Jackson weiterhin bei seinen Spielern ankommen. In Keith Aucoin stellt der EHC den besten Scorer der Liga (13 Punkte), Kapitän Michael Wolf (sechs Tore) und der wie immer polarisierende Steve Pinizzotto (sieben Tore) gehören zu den gefährlichsten Spielern der Liga.

Hoffnung bereitet den Münchnern, dass noch einige Spieler Luft nach oben haben: Königstransfer Patrick Hager, der momentan in der vierten Angriffsreihe spielt, ist bemüht, scheint seinen Platz in der Mannschaft aber noch nicht richtig gefunden zu haben. Jerome Flaake (noch ohne Scorerpunkt) hat die ersten vier Ligaspiele verletzt verpasst, läuft seinen Ansprüchen weiter hinterher; Brooks Macek, vergangene Saison der erfolgreichste DEL-Playoff-Scorer, wartet noch auf seinen ersten Ligatreffer in dieser Spielzeit.

Klar ist: In der Form vom Freitag sind beide Teams Kandidaten für den Hauptrundensieg, den sich in der vergangenen Saison, auf dem Weg zum zweiten Meistertitel in Serie, München gesichert hatte. Diesen Plan verfolgen allerdings auch die Adler Mannheim, die einen Punkt hinter den Münchnern auf Tabellen-Platz vier lauern. Wie realistisch das Vorhaben ist, können die Adler am Sonntag zeigen: Dann treten sie in München an (14 Uhr).

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