Eishockey:Bloß nicht Letzter werden

Lesezeit: 3 min

Von Straubing nach Schweden und wieder zurück: Bis der Top-Torschütze Jeremy Williams den Tigers wieder helfen kann, dauert es noch. (Foto: Johan Bernström/imago)

Die Straubing Tigers haben ein neues Saisonziel in der DEL - wenigstens nicht der letzte Platz! Nach den Olympischen Spielen müssen sie das jedoch mit einem abgespeckten Kader erreichen.

Von Johannes Kirchmeier

Auch Jason Dunham hat sich vor dem Fernseher mit der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft gefreut. Der sportliche Leiter der Straubing Tigers lebt seit 26 Jahren in Deutschland und so feierte er sogar den 4:3-Sieg bei den Olympischen Spielen gegen sein Geburtsland Kanada. Am Sonntag litt er bei der Niederlage im Finale gegen Russland mit, an deren Ende dennoch der größte Erfolg fürs deutsche Eishockey steht: die Silbermedaille. "Ich bin extrem stolz auf die Mannschaft", sagt er am Tag danach. "Wir vergleichen uns ja nicht mit der NHL (nordamerikanische Hockey Liga, Anm.), sondern mit der Konkurrenz in Europa: Schweden, Slowakei oder Finnland." Die hat das Team des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) hinter sich gelassen. Olympia sei daher auch Werbung für die Deutsche Eishockey Liga (DEL) gewesen. "Die ist nicht so schwarz, wie sie manchmal gemalt wird", sagt der 47-Jährige.

Auch drei Führungsspieler haben Straubing verlassen

Am Mittwoch startet die DEL wieder, drei Partien sind nach der Olympiapause in der Hauptrunde noch zu absolvieren. Die Straubing Tigers belegen derzeit den letzten Tabellenplatz, sie wissen schon länger, dass sie ihr jährliches Saisonziel - die Playoffs - verpassen werden. Im ersten Spiel gastieren sie in Wolfsburg, über allem steht die klar formulierte Maxime: Nicht Letzter werden! Punktgleich mit den Krefeld Pinguinen stehen die Niederbayern ganz unten, mindestens einen Zähler mehr müssen sie also bis Sonntag holen, absteigen kann allerdings ohnehin kein Team aus der höchsten deutschen Liga. Leicht wird das für die Tigers nicht, ihr Kader ist seit der Pause kleiner geworden. "Wir haben immer noch 23 Lizenzen, können also mit vier Reihen spielen", sagt Dunham zwar. Doch zu den 23 zählt unter anderem der Jugendtorwart Klaus Hieronymus, drei Führungsspieler haben sich dagegen verabschiedet: Torhüter Drew MacIntyre ging in die Slowakei, Top-Torschütze Jeremy Williams und der punktstarke Verteidiger Austin Madaisky nach Schweden. Alle gehen zu Teams, deren Spielzeiten sich noch länger ziehen. MacIntyres Klub HKM Zvolen zählt sogar zu den Meisterschaftskandidaten. Zudem laufen die Verträge der Spieler üblicherweise bis zum 30. April, auch ein wenig Gehalt lässt sich also sparen. Diese Wechsel kurz vor den Playoffs sind ein eishockeytypisches Phänomen: Auch Konkurrent Krefeld gab seine Leistungsträger Daniel Pietta und Marcel Müller nach Schweden ab.

Das hat viel mit der Wettbewerbsstruktur des Sports zu tun. Die Ligen küren ihre Meister ja erst im Playoff-System. Für die entscheidenden Spiele verpflichten die Favoriten noch einmal Hochkaräter. Auch in der NHL endete am Montagabend die hektische Wechselphase, vor ein paar Tagen zog der Landshuter Tobias Rieder vom Schlusslicht Arizona Coyotes zum Playoff-Kandidaten Los Angeles Kings. Im Vergleich zum Fußball verschiebt sich die Wanderung von Spielern jedoch nur, findet Bayern-Fan Dunham: "Wenn dort ein Verein nicht die Champions League erreicht oder absteigt, dann gehen die besten Stürmer. Im anderen Fall kommen Bessere dazu, wie jetzt im Sommer wahrscheinlich bei Schalke." Da die Straubinger Saison schon am Sonntag zu Ende ist, blickt Dunham, der seinen Vertrag kürzlich um drei Jahre verlängert hat, ohnehin schon weiter. Wie viele seiner Kollegen verbrachte er während der Olympischen Spiele drei Wochen in Nordamerika. Er scoutete von San Diego in den USA bis Ontario in Kanada und hat schon potenzielle Zugänge auf dem Zettel. "Aber die deutschen Spieler sind für uns das Gerüst, um sie will ich die Mannschaft aufbauen." Am liebsten mit Spielern aus der Region: Der in Weiden geborene Kapitän Sandro Schönberger hat etwa noch einen langfristigen Vertrag, auch der gebürtige Straubinger Stefan Loibl, 21, der bereits im erweiterten Olympia-Kader stand, bleibt. Zudem hat Dunham schon erste Zugänge verpflichtet. Über die Namen schweigt er aber noch. Üblicherweise geben Klubs die Verpflichtung erst bekannt, wenn die abgebenden Klubs ihre Saison beendet haben, um Unruhe zu vermeiden. Der nicht zum Überschwang neigende Dunham hält sich daran.

Ungewöhnliche Konstellationen nimmt Manager Dunham in Kauf

Einen Zugang hat aber auch er schon bekanntgegeben, es wird ein alter Bekannter sein: Jeremy Williams. Der 34-Jährige ist nur an Örebro ausgeliehen. Aktuell versucht der treffsichere Kanadier noch den Eishockey-Verein in Schwedens erster Liga vor dem Abstieg zu retten, dann kehrt er wieder zurück. Das war der explizite Wunsch des Flügelstürmers, damit ihn die Tigers weiterverpflichten konnten. "Und mit Sicherheit wird er dort Erfahrungen machen, die ihn kompletter und damit noch wertvoller für uns machen", sagt Dunham. Als Manager am kleinsten DEL-Standort nimmt man so manche ungewöhnliche Konstellation in Kauf - auch wenn es dadurch schwerer wird, nicht Letzter zu werden.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: