Eishockey:Bitteres Lächeln

Trotz des Ausscheidens im Viertelfinale gegen den EHC München sehen sich die Straubing Tigers auf dem richtigen Weg. Den höheren Etats anderer Klubs setzt das Team einen sehr ausgeprägten Zusammenhalt entgegen.

Von Christian Bernhard

Einer nach dem anderen schlich ins Freie, den Kopf unter einem Kapuzen-Pullover versteckt, in der Hand eine Essensbox. Wortlos schlurfte der Großteil der Spieler der Straubing Tigers am Donnerstagabend aus dem Kabinengang der Münchner Olympia-Eishalle. Der Moment des Ausscheidens ist auch für Außenreiter vor allem eines: frustrierend.

1:2 hatte sich Straubing beim EHC München geschlagen geben müssen, damit gewann der Gastgeber die Playoff-Viertelfinalserie der Deutschen Eishockey Liga (DEL) 4:1 und erreichte zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte das Halbfinale. Münchens Gegner in der am Mittwoch startenden Runde der letzten vier wird je nach Ausgang der noch laufenden Viertelfinalserien das ebenfalls bereits qualifizierte Wolfsburg, Nürnberg oder Köln. EHC-Kapitän Michael Wolf, der beide Münchner Treffer erzielt hatte, sprach nach dem knappen Sieg von einer "riesigen Erleichterung".

Straubings Angreifer Sean O'Connor fand das Playoff-Aus "traurig und zum Kotzen". Das Raubein der Tigers hatte dabei aber ein Lächeln im Gesicht, denn das fünfte Viertelfinalspiel bedeutete zwar das Ende der Straubinger Reise, machte den Spielern zugleich aber bewusst, welch beeindruckenden Ritt sie in den vergangenen Wochen hingelegt haben. Stürmer Mirko Höfflin sagte: "Wir haben gezeigt, dass man mit weniger Geld, aber einem guten Zusammenhalt weiter kommen kann als andere Teams." Straubings Trainer Larry Mitchell hatte bereits auf der Pressekonferenz geradezu von seinem Team geschwärmt. Dieses habe "jedem in Deutschland gezeigt, was mit Fleiß, Schweiß und Leidenschaft" möglich sei. Jeder seiner Spieler könne an diesem "bitteren Tag" mit einem Lächeln im Gesicht in den Bus steigen.

Mitchell, der die Tigers im Dezember 2014 als abgeschlagenen Tabellenletzten übernommen hatte und nach einem versöhnlichen Saisonende 2014/15 in der aktuellen Spielzeit unter die besten acht Teams geführt hat (während Klubs wie Meister Mannheim oder Vorjahresfinalist Ingolstadt bereits im Urlaub waren), verglich die aktuelle Tigers-Mannschaft in Sachen Zusammenhalt und Geschlossenheit mit seinen Augsburger Panthern, mit denen er 2010 bis ins DEL-Finale vorgestoßen war. Mitchell sieht in Straubing, wo sie mit einem der kleinsten Etats der Liga arbeiten, eine "gute Basis"; er hofft, für die kommende Saison nicht allzu viele Spieler austauschen zu müssen, um weiterhin vom starken Kollektiv profitieren zu können.

Einige zentrale Personalien wie jene von Kapitän Sandro Schönberger, Topscorer Steven Zalewski oder die der ligaweit begehrten Verteidiger Austin Madaisky und Dylan Yeo hatte der Verein bereits im Februar mit Vertragsverlängerungen geklärt. Dies gilt jedoch nicht für die Position von Torhüter Matt Climie, über den Mitchell während der Viertelfinalserie sagte, er sei "ein großer Grund, warum wir hier noch Eishockey spielen und nicht nach 52 Hauptrunden-Spieltagen Schluss war"; der Kanadier hat sich durch herausragende Leistungen seit dem Jahreswechsel in den Fokus anderer, finanzkräftigerer Vereine gespielt. Sicher nicht in der kommenden Saison für die Tigers spielen wird Angreifer Blaine Down. Die entscheidende Niederlage in München sei nach vier Jahren in Straubing sein letztes Spiel im Tigers-Trikot gewesen, sagte er dem Straubinger Tagblatt. Dem Vernehmen nach verlässt auch Verteidiger Alexander Dotzler den Verein und wechselt zu einem anderen DEL-Team.

Mitchell ist auf solche Dinge vorbereitet, er reist in den nächsten Tagen zusammen mit dem Sportlichen Leiter Jason Dunham nach Nordamerika, um zu scouten. Ziel der Reise ist es, die neuen Zalewskis und Madaiskys zu finden. Mitchell weiß, dass er erneut auf solche Transfers angewiesen ist, um auch in der kommenden Saison mit den Tigers für Furore sorgen zu können.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: