Eishockey:Aufbruch und Umbruch

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft stimmt sich mit Rang drei beim Deutschland Cup für die Weltmeisterschaft 2017 im eigenen Land ein.

Von Johannes Schnitzler, Augsburg

Es herrscht Aufbruchstimmung im deutschen Eishockey. Sporttaschen werden verladen, Pizza-Kartons herumgereicht. Ein paar letzte Interviews und Autogramme noch. Dann müssen Busse bestiegen, Flüge erreicht werden. Es ist Sonntag. Am Freitag geht es in der Liga weiter.

Der Deutschland Cup endet mit der üblichen Putzkolonnen-Hektik. Wenn das Publikum sich längst auf den Nachhauseweg gemacht hat, und nur Spieler, Betreuer und Journalisten noch ihre Pflicht verrichten, ist die hohe Zeit der Bilanzen. Zu den Obliegenheiten von Franz Reindl, Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), gehört es, Ordnung in dem Durcheinander zu schaffen, aus einem dreitägigen Turnier eine Hochrechnung abzuleiten, mit der die Medienvertreter arbeiten können. Reindl steht am Sonntagabend also in der Mixed Zone des Augsburger Curt-Frenzel-Stadions, das letzte Spiel ist gerade vorbei, und sagt: "Die WM 2017 ist, was zählt." Hätte man sich denken können.

Die deutsche Mannschaft hat das letzte Spiele gegen Kanada 1:3 verloren, mit dem selben Ergebnis wie zum Auftakt gegen Turniersieger Slowakei, dazwischen gab es ein 3:2 gegen die Schweiz. Nach zwei Cup-Erfolgen in den vergangenen beiden Jahren diesmal also nur Platz drei. Aber wichtig ist die WM 2017 zu Hause in Köln.

DEB-Chef Reindl glaubt, dass sich sehr viele Perspektiven auftun

Die Mannschaft habe "ein extremes Lob" verdient, findet Reindl. Sie habe die ganze Woche hart gearbeitet, Siegeswillen gezeigt und auf "teilweise hohem Niveau" überzeugt. Das erste Drittel gegen Kanada (0:3), nun ja, "da sind wir ihnen ins offene Messer gelaufen". Insgesamt aber, glaubt Reindl, hätten viele neue Gesichter "sehr viele Perspektiven aufgetan". Was Marco Sturm seit seinem Amtsantritt im Juli 2015 bewegt habe, "das beeindruckt schon".

Der Bundestrainer ist etwas zurückhaltender. Das Team habe Charakter gezeigt. Viele hätten ihre ersten internationalen Erfahrungen gemacht. Zum Vergleich: Bei den Kanadiern, einer aus europäischen Ligen zusammengestellten Pop-up-Mannschaft, bringen es allein die Stürmer Maxim Talbot und Derek Roy auf 1500 NHL-Spiele. Der gesamte deutsche Kader in Augsburg verfügte über die Erfahrung von zwei NHL-Einsätzen - beide hatte Torwart Niklas Treutle, der gegen Team Canada zwischen den Pfosten stand. Wie viele aus diesem Kader, dem fast alle Stammspieler fehlten, im nächsten Jahr bei der WM dabei sein werden? Sturm zögert. Einige, sagt er, hätten sich "gut entwickelt".

Die generelle Aufbruchstimmung, ausgelöst durch die Teilnahme am WM-Viertelfinale und die erfolgreiche Olympia-Qualifikation, ist Sturms Verdienst. Das war auch in Augsburg zu spüren. Obwohl das Turnier zwischen den Großereignissen wie eingeschoben wirkte, war die Atmosphäre gut. "Die Fans, das Stadion, wir fühlen uns wohl hier", sagt Sturm. Aber was zählt, ist die WM 2017, und die ist noch weit weg. Und die Mannschaft, sagt Franz Reindl, befinde sich ohnehin "immer im Umbruch".

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