Eishockey:Auf der Suche nach Biss

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Kommandos ins Leere: Der Plan von Trainer Niklas Sundblad (Mitte) kam bei den Spielern der Kölner Haie nicht an. (Foto: Maja Hitij/dpa)

Obwohl sie ihm zuletzt noch ihr Vertrauen ausgesprochen haben, beurlauben die Gesellschafter der Kölner Haie Trainer Niklas Sundblad.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Der Eishockey-Trainer Peter Draisaitl hat einen neuen Job. Er muss einen traditionsreichen Verein aus dem Tabellenkeller befreien. Vor wenigen Tagen hatte der frühere Nationalspieler ein diesbezügliches Vorstellungsgespräch bei den Kölner Haien. Aber seine neue Aufgabe bewältigt er nun in Pardubice/Tschechien. Die Verantwortlichen in Köln hatten ihm mitgeteilt, man benötige zunächst keinen neuen Trainer. Also sagte Draisaitl dem HC Dynamo Pardubice zu.

Einem möglichen Nachfolger haben sie abgesagt, der andere ist nicht mehr verfügbar

Die Kölner wollten eigentlich mindestens bis zum kommenden Wochenende an ihrem zuletzt erfolglosen Coach Niklas Sundblad festhalten. Vor dem vergangenen Wochenende hatten sie ihm ein noch Ultimatum gestellt, nach einem Sieg in Düsseldorf und einer Niederlage gegen Schlusslicht Krefeld sprachen sie ihm jedoch zunächst wieder weiteres Vertrauen aus. Am Mittwoch haben sie es sich dann anders überlegt. Der Schwede Sundblad, 43, und sein Assistent und Landsmann Petri Liimatainen, 46, wurden beurlaubt. "Wir hatten bis zuletzt gehofft, dass wir mit unserem Trainerteam die Wende schaffen", sagte der Geschäftsführer Peter Schönberger, "aber dann haben wir viele Gespräche geführt, die uns dazu gebracht haben, diesen Schritt zu gehen." Wer am Freitag beim Spiel in München das Team betreut, wollten die Haie noch nicht bekannt geben. Der vormalige Ingolstädter Trainer Larry Huras gilt als Kandidat. Das Problem: Eishockey-Trainer überlegen sich in diesen Tagen zweimal, ob sie nach Köln wollen.

Die Wurzeln der Misere liegen ein paar Jahre in der Vergangenheit. Wirtschaftliche und sportliche Schwierigkeiten hatten zum Ende der Nullerjahre die Besucherzahlen gedrückt und Sponsoren vergrault. Dann engagierte der damalige Geschäftsführer Thomas Eichin den früheren Bundestrainer Uwe Krupp, eine Kölner Eishockey-Ikone. Eichin und Krupp führten die Haie zurück in die Spitze, die Gesellschafter ließen die beiden gewähren. Doch dann verloren sie 2012 Eichin an den Fußball-Bundesligisten Werder Bremen, 2013 und 2014 jeweils das Endspiel um die deutsche Meisterschaft - und im Herbst 2014 den Glauben an Krupp. Sie entließen ihn.

Die Gesellschafter, das ist vor allem der Unternehmer Frank Gotthardt. Er ist ein Fachmann in seiner Branche, seine börsennotierte Koblenzer Firma verkauft Software an Ärzte und Krankenhäuser. Gotthardts Anteile am Unternehmen sind mehr als 500 Millionen Euro wert. Nun interessiert er sich seit einigen Jahren auch für Eishockey. Und als die Kölner Haie vor sechs Jahren am Rande der Insolvenz standen, weil sie ihren Hauptgesellschafter verloren hatten, stieg Gotthardt als neuer Mehrheitseigner bei der Eishockey-GmbH ein. Doch zwei verlorene Endspiele waren dem Unternehmer zu viel.

"Warum seid Ihr so dumm?", haben damals einige Fans auf ein Banner geschrieben und dieses am Rande eines Heimspiels aufgehängt. Die Stammkundschaft hat verstört auf die Entlassung Krupps reagiert. Und sie war auch von Anbeginn nicht überzeugt davon, dass Gotthardt und seine Mitgesellschafter Schönberger und Ralf Pape Sundblad zurückholten, der in Köln einst Assistenztrainer gewesen war und die Haie im DEL-Finale vor zwei Jahren mit Ingolstadt besiegt hatte. Doch Niklas Sundblad sollte den Kölnern und ihren ambitionierten neuen Besitzern den ersehnten Meistertitel holen, den ersten seit 2002. Doch Sundblad, obwohl ihm allerhand personelle Wünsche erfüllt wurden, hatte keinen Erfolg. In der vergangenen Saison erreichten die Haie als Hauptrunden-Elfter nicht einmal die Vor-Playoffs, und in dieser Saison stehen die Kölner nach 37 Spielen nur auf dem zehnten Platz. Von den jüngsten acht Partien haben sie zwei gewonnen.

Die Kölner Haie haben ihre Bissigkeit schon wieder verloren. Ein örtliches Boulevardblatt nennt sie nur noch "Dosenfische". Es stehen ihnen unruhige Zeiten bevor. Wolfsburgs Trainer Pavel Gross, der ebenfalls als Sundblad-Nachfolger gehandelt wurde, hat seinen Vertrag bei den Grizzlys am Mittwoch bis 2018 verlängert. Und Peter Draisaitl kann jetzt ja auch nicht mehr.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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