Eishockey:Alles in Überzahl

EHC Red Bull München - Eisbären Berlin

Nicht zu früh gefreut: Die Münchner Derek Joslin (links), Jonathan Matsumoto, Yannic Seidenberg und Keith Aucoin bejubeln das 1:0.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Nach dem souveränen 4:1 gegen Berlin übernimmt Titelverteidiger München die Kontrolle über die Finalserie um die Meisterschaft und geht erstmals in Führung.

Von Christian Bernhard

Als Eishockey-Stürmer in einer vierten Angriffs-Formation ist es nicht leicht, auf seine Scorerpunkte zu kommen. Meist hat man dort defensive Aufgaben zu erledigen, fürs Tricksen und Zaubern ist dort im Normalfall kein Platz. Jonathan Matsumoto interessiert all das einfach nicht - vielleicht weil er schlicht kein klassischer Vierte-Linie-Spieler ist. Profis wie Matsumoto würden bei anderen Teams "nicht unbedingt" in der vierten Formation spielen, erklärte Nürnbergs Kapitän Patrick Reimer am Mittwochabend in der Münchner Olympia-Eishalle. Der Olympia-Silbermedaillengewinner ist bereits im Urlaub und schaute sich das dritte Finalspiel um den Titel in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zwischen Titelverteidiger EHC Red Bull München und den Eisbären Berlin an.

Er sah, wie Matsumoto seine Einschätzung bestätigte. Der Münchner Angreifer - Mitglied der vierten Reihe des Titelverteidigers - traf auch im dritten Endspiel und leistete mit seinem sechsten Endspiel- Scorerpunkt erneut seinen Beitrag zum 4:1- Sieg (1:0, 2:0, 1:1) der Münchner, durch den sie in der Best-of-seven-Serie die 2:1-Führung übernahmen. "Wir haben Berlin früh unter Druck gesetzt, so war es schwer für sie", sagte Münchens Yannic Seidenberg. Zur Tiefe im Kader meinte er: "Jeder Spieler bei uns hat das Potenzial, in den ersten Reihen zu spielen." Spiel vier findet am Freitag (19.30 Uhr) in Berlin statt.

"Wir müssen es den Münchnern ungemütlich machen", hatte Eisbären-Stürmer Sean Backman, der in den ersten zwei Final-Partien drei Tore erzielte, vor der Partie betont. "Wir müssen sie zurückdrängen, in die Abwehr zwingen, anstatt selbst dort beschäftigt zu sein." Berlins Verteidiger Jens Baxmann beschrieb es so: "Wenn das Forechecken nicht kommt, kommt der Druck von München." Er kam in der Tat. Nach einer kurzen Berliner Drangphase zu Beginn der Partie übernahm der EHC die Kontrolle. In Minute fünf meldeten sich die Münchner offensiv erstmals gefährlich zu Wort - und das doppelt: Der 40-jährige Eisbären-Torhüters Petri Vehanen parierte zweimal gut gegen Mads Christensen. Und anders als die Berliner, deren erstes Überzahlspiel schwach war, konnte sich der Titelverteidiger erneut auf sein Powerplay verlassen. Keith Aucoin, der DEL-Spieler des Jahres, fand Seidenberg mit einem seiner gefürchteten Querpässe, und der DEL-Verteidiger des Jahres hatte keine Mühe, Vehanen zum 1:0 zu überwinden (8.).

Steve Pinizzotto geht Berlin nach seiner Sperre schwer unter die Haut

Herausgeholt hatte die Strafe Steve Pinizzotto, der sein erstes Heimspiel nach seiner Fünf-Spiele-Sperre wegen seines Ellbogenchecks gegen Mannheims Matthias Plachta bestritt. Der streitbare Münchner Angreifer stand auch nach der Führung immer wieder im Mittelpunkt, er lieferte sich mehrere Rededuelle mit den Berlinern, am liebsten mit Eisbären-Angreifer James Sheppard. Pinizzotto ging den Eisbären unter die Haut - und die Münchner machten viel Druck. Sie schafften es im Startdrittel immer wieder, von den Außenpositionen gefährliche Pässe direkt vor den Kasten von Vehanen zu bringen. Brooks Macek (14.) und Jason Jaffray (17.) konnten die besten dieser Vorlagen nicht nutzen, Jaffrays Schuss kullerte erst an den Schoner von Vehanen und von dort an den Pfosten.

Zu Beginn des Mitteldrittels ertönte erneut die Tormusik in der mit 6142 Zuschauern ausverkauften Halle - allerdings zu früh, denn der Schuss von Dominik Kahun war nicht ins Tor, sondern an die Querlatte gegangen (23.). Eine Minute später bewahrte Vehanen die Berliner mit einer tollen Parade gegen Jerome Flaake vor dem 0:2. Dass dieses doch fiel, lag wieder einmal am Münchner Überzahlspiel. Als Berlins Jonas Müller zum zweiten Mal am Abend auf der Strafbank saß, stocherte Matsumoto die auf der Torlinie trudelnde Scheibe ins Tor (28.). Kapitän Michael Wolf erhöhte auf 3:0 - natürlich wieder in Überzahl (38.).

Nick Petersen verkürzte zwar in Überzahl (44.) und verlieh Berlin kurz neue Hoffnung. Doch der Satz, den Berlins Stürmer Martin Buchwieser nach dem zweiten Spiel ausgesprochen hatte, als die Eisbären nach einem 2:5 noch auf 4:5 herangekommen waren ("Diese Mannschaft ist einfach zu gut, dass man so einen Rückstand aufholen kann") war auch am Mittwochabend gültig: Patrick Hager machte mit dem 4:1 alles klar (51.) - und das nicht einmal in Überzahl. Die Berliner müssen nun schleunigst ein Mittel gegen die Münchner finden - nicht nur gegen Matsumoto.

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