Eisbären Berlin:Als wäre nichts gewesen

Darin Olver Torschuß Tor zum 1 1 Ausgleich Torwart Drew MacIntyre Aktion Spielszene Zweikampf

Auch zwei Mann im Tor können den Treffer nicht verhindern: Darin Olver erzielt das 1:1 für die Eisbären Berlin gegen die Adler Mannheim.

(Foto: imago)

Berlin war eine der größten Enttäuschungen der DEL-Hauptrunde. Nun sind sie im Playoff-Viertelfinale auf Augenhöhe mit Meisterschafts-Favorit Adler Mannheim.

Von Sebastian Fischer, Berlin

Es gehört zu den letzten großen Rätseln des Sports, was auf den Zetteln steht, die Eishockeytrainer während der Spiele ihrer Mannschaften vollschreiben. Auf dem von Uwe Krupp zum Beispiel, dem Trainer der Eisbären Berlin. Vielleicht ist der letzte Eintrag einfach eine Notiz, dass Julian Talbot am Freitagabend den Puck zum 6:3-Endstand ins leere Tor der Adler Mannheim schoss. Doch solche Statistiken könnte Krupp eigentlich überall nachlesen. Vielleicht steht auf dem Zettel also auch so etwas wie: "Jaaa! Heute haben wir die Serie ausgeglichen! Wie gut ist das denn? Ich glaub's nicht!" Schließlich musste seine Freude, die er so gut versteckte, ja irgendein Vehikel finden.

Seit dieser Woche hat die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) ihren Saisonhöhepunkt erreicht, seit Dienstag laufen die Playoffs. Seitdem ist egal, was in der Hauptrunde war, es zählt nur noch die aktuelle Form. Die Vorzüge dieses Modus sind derzeit in Berlin und Mannheim zu sehen, zwei der traditionsreichsten DEL-Standorte. Die Eisbären haben sich gerade so über Platz acht und die Playoff-Vorrunde fürs Viertelfinale qualifiziert. Die Adler waren hinter dem EHC München die beste Hauptrundenmannschaft. Nun begegnen sie sich auf Augenhöhe, als wäre nichts gewesen. Das erste Spiel gewannen die Adler mit 4:3, das zweite - nicht minder spektakulär - am Freitag die Eisbären. Am Sonntag geht die Best of 7-Serie in Mannheim weiter. Es sieht nicht danach aus, als wäre sie schon bald entschieden.

Vor ein paar Wochen fürchteten die Eisbären noch um die Playoff-Teilnahme

Spiele wie das am Freitag sind einerseits Werbung für die Liga, die stets ihre Ausgeglichenheit betont. DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke lief am Freitag mit einem breiten Grinsen durch die Katakomben der Berliner Arena. Die Eisbären schlugen in einem hektischen Spiel nach frühem Rückstand zurück, profitierten zwar von Mannheimer Fehlern und vielen Strafzeiten, spielten teilweise aber auch einfach richtig gut. So wie beim Ausgleich zum 1:1, als Nicholas Petersen den Puck im gegnerischen Drittel eroberte, einen Mannheimer narrte und auf den Torschützen Darin Olver querlegte. Oder beim wegweisenden 4:3 durch Daniel Fischbuch: Der Berliner hatte die Scheibe von Florian Busch aufgelegt bekommen und traf per 122 Stundenkilometer schnellem Schlagschuss in die Ecke. Die Begegnung zeigte damit aber gleichzeitig, wie wenig von ihrem großen Potenzial die Eisbären in der Hauptrunde abgerufen haben.

Es ist ja, obwohl dies die Verantwortlichen versuchen, nicht allein mit Verletzungspech zu erklären, dass die Eisbären - die über eines der höchsten Budgets der Liga verfügen - im dritten Jahr unter dem früheren Bundestrainer Krupp noch immer nicht ihre Form fanden, teilweise absurd hohe Niederlagen wie ein 1:7 in Wolfsburg kassierten und sogar um Platz zehn und die Teilnahme an den Pre-Playoffs fürchteten. Und es war auch Ausweis einer sportlichen Misere beim DEL-Rekordmeister, dass sich Ende Februar Eigentümer Philip Anschutz aus Los Angeles meldete und künftig für seine Anschutz Entertainment Group einen Platz im Aufsichtsrat des Klubs beansprucht. Zu viel Geld war in Berlin für zu wenig Erfolg ausgegeben worden.

"Ball flach halten, bitte"

"Es ist nicht alles so gut, wie es jetzt war, und es war vorher auch nicht alles schlecht", sagte Kapitän André Rankel am Freitag, "Ball flach halten, bitte". So eindrucksvoll sich die Eisbären zurückgemeldet hatten, so verhalten waren ihre Reaktionen. Es war ja nur ein Sieg von vier, die es in der Serie für den Halbfinaleinzug braucht. Immerhin war Applaus aus der Kabine zu hören.

Und Uwe Krupp? Eishockeytrainer sind Meister der Zurückhaltung. Besonders in den Playoffs, in denen sich die Mannschaften alle paar Tage sehen, gilt es, besonders wenig preiszugeben. Also sagte Krupp in der Pressekonferenz neben seinem Mannheimer Kollegen Sean Simpson nur das: "Beide Mannschaften spielen gutes Eishockey und haben Chancen, Tore zu schießen." Dass es nach dieser Saison eine Überraschung ist, so einen Satz über sein Team und das des Meisterschafts-Favoriten Adler Mannheim zu sagen, ergänzte er nicht. Er weiß es aber. Und vielleicht steht so etwas Ähnliches ja auf seinem Zettel.

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