Einzelvergleich Deutschland - Holland:Wurstzipfel gegen Käsewürfel

Die deutsche Nationalelf bestreitet ihr zweites Gruppenspiel gegen die zum Siegen verdammte Auswahl der Niederlande - wo sind die Deutschen besser, was können die Holländer, was die DFB-Elf nicht beherrscht? Die SZ hat sich illegal Zugriff auf die geheimen Aufzeichnungen im Taktikbuch von Co-Trainer Hansi Flick verschafft. Die Erkenntnisse im direkten Vergleich der Spieler bringen Erstaunliches zu Tage.

Christof Kneer und Philipp Selldorf

1 / 13

Euro 2012: Deutschland - Portugal

Quelle: dapd

Die deutsche Nationalelf bestreitet ihr zweites Gruppenspiel gegen die zum Siegen verdammte Auswahl der Niederlande - wo sind die Deutschen besser, was können die Holländer, was die DFB-Elf nicht beherrscht? Die SZ hat sich illegal Zugriff auf die geheimen Aufzeichnungen im Taktikbuch von Co-Trainer Hansi Flick verschafft. Die Erkenntnisse im direkten Vergleich der Spieler bringen Erstaunliches zu Tage.

Oliver Bierhoff sagt, das 3:0 vom letzten Treffen zwischen Deutschen und Holländern (November 2011) habe keinen aktuellen Aussagewert: "Es war ein super Spiel - aber gegen eine holländische Mannschaft, die wir so nicht wieder antreffen werden." Daher hat der deutsche Trainerstab erneut akribische Studien über den Gegner angestellt und in Hansi Flicks berühmtes "Workbook" übertragen. Die Punkte werden in landestypischer Währung vergeben: Wurstzipfel für die Deutschen, Käsewürfel für die Holländer

2 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Manuel Neuer / Maarten Stekelenburg

Manuel Neuer: Libero, Regisseur und Vorlagengeber

Quelle: dapd/getty

Für Deutschland spricht, dass Neuer Holland in- und auswendig kennt. War als Junge regelmäßig mit der katholischen Jugendgemeinde Gelsenkirchen-Buer auf der Insel Ameland. Stekelenburg war bestimmt noch nie auf Sylt. Außerdem wird Neuer weltweit in einem Atemzug mit Cech, Buffon und Casillas genannt, während Stekelenburg lediglich in einem Atemzug mit Tim Krul und Michel Form genannt wird, den holländischen Ersatzkeepern. Stekelenburg war bei Manchester United als Nachfolger für Edwin van der Sar im Gespräch, hat den Job jedoch nicht bekommen. Neuer zwar auch nicht, aber Sir Alex bereut es längst. Nachteil Neuer: Er kommt von Bayern und Schalke - Klubs, die immer nur Zweiter werden. Trotzdem: Wurstzipfel für Deutschland.

3 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Jerome Boateng / Gregory van der Wiel

Netherlands v Denmark - Group B: UEFA EURO 2012

Quelle: Getty Images

Gegen van der Wiel spricht, dass ihn sein Landsmann Louis van Gaal für nicht gut genug befand, um unter ihm beim FC Bayern dienen zu dürfen. Für van der Wiel spricht, dass van Gaal die Riesen-Irrtümer Braafheid und Pranjic bevorzugte. Gegen ihn spricht, dass Dänemarks Torschütze Krohn-Dehli über seine Seite kam, während der große Cristiano Ronaldo auf Boatengs Seite kein Tor erzielte. Boatengs defensive Vorteile gleicht van der Wiel durch gekonnte Flankenläufe aus. Außerdem wurde der Holländer vor dem Abflug nach Polen mit keinem Nacktmodel gesehen. Van der Wiel wurde mit Ajax Meister, Boateng spielt bei Bayern. Fazit: Wurstzipfel mit Käsewürfel - unentschieden.

4 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Mats Hummels / John Heitinga

Germany vs Portugal

Quelle: dpa/getty

Für Mats Hummels spricht, dass er gute lange Bälle spielen kann. Für Heitinga spricht, dass er das auch kann. Erst recht spricht für Heitinga, dass ihm sein Trainer die langen Bälle erlaubt, während sich Hummels an Löws Langball-Verbot halten muss. Heitinga ist im Sprint nicht der Schnellste, dafür hat er aber einen lyrischen Namen wie aus einem stillen Georges-Simenon-Roman ("Der Mann, der langen Bällen nachsah"). Hummels hat den Vorzug, dass sein Mangel an Tempo dank intelligentem Stellungsspiel nicht auffällt; sein Name könnte im Übrigen einem schwedischen Kinderbuch entstammen. Hummels ist Meister, war der beste Mann im Auftaktspiel, wird mit Franz Beckenbauer verglichen. Heitinga wird nicht mit Frank Rijkaard verglichen. Daher: Wurstzipfel für den DFB.

5 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Holger Badstuber / Joris Mathijsen

England v Netherlands - International Friendly

Quelle: Getty Images/dapd

Für Badstuber spricht, dass er von einem Holländer in den Profifußball eingeführt wurde, und zwar vom größten Holländer seit Wilhelm von Oranien, Hieronymus Bosch und Frau Antje - Louis van Gaal höchstpersönlich. Mathijsen dagegen musste lange beim HSV spielen, unter 23 Sportchefs und 34 Trainern (u.a. Rudi Gutendorf, Kuno Klötzer, Michael Oenning). Jetzt darf Mathijsen beim reichen FC Malaga spielen, ist dadurch aber nicht schneller geworden. Routiniert wie der späte Rembrandt, stellungssicher wie die Nordseedeiche. Badstuber hat schon die Routine des späten Augenthalers und die Zukunft noch vor sich. Daher: Noch ein Wurstzipfel für den DFB.

6 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Philipp Lahm / Jetro Willems

Germany v Portugal - Group B: UEFA EURO 2012

Quelle: Getty Images

Holland hat nur einen einzigen Linksverteidiger, Erik Pieters, doch der fehlt verletzt. Deswegen spielt jetzt der 18-jährige Willems, seit Samstag der jüngste Debütant der EM-Geschichte (hat den großen Belgier Enzo Scifo abgelöst). Hat erst eine Profi-Saison gespielt, mutig in der Offensive, defensiv weniger naiv als sein Alter vermuten lässt. Erinnert also an den jungen Lahm. Willems kann außerdem lange Einwürfe, die kann Lahm immer noch nicht. Dennoch, sorry: Lahm bleibt Lahm. Zipfel für Deutschland.

7 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Sami Khedira / Mark van Bommel

Germany v Portugal - Group B: UEFA EURO 2012

Quelle: Getty Images/dapd

Für Khedira spricht, dass ihn José Mourinho nach dem Spiel gegen Portugal gelobt hat. Khedira wurde Meister mit dem VfB Stuttgart und kürzlich mit Real Madrid. Van Bommel wurde Meister mit Eindhoven, Barcelona, Milan und dem FC Bayern (als dieser noch Meister wurde). Während Khedira laut Joachim Löw "Symmetrie" ins Spiel bringt, bereichert es van Bommel durch gemeine Ellbogenstöße, hinterhältiges Schubsen und boshafte Tritte. Ist trotzdem ein respektierter, beliebter Spieler, zumindest bei denen, die er nicht stößt, schubst und tritt. Van Bommel ist 35, kann aber an guten Tagen das Spiel immer noch in seine Gewalt bringen. Nachteil: Nur an guten Tagen. Vorteil van Bommel: Er ist der Schwiegersohn des Nationaltrainers, anders als Khedira, denn sonst wäre Löw ja der Vater von Topmodel Lena Gercke. Fazit: Zipfel mit Würfel, remis.

8 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Bastian Schweinsteiger / Nigel de Jong

EURO 2012 - Deutschland - Portugal

Quelle: dpa/getty

Gegen de Jong spricht, dass auch er beim HSV unter Gutendorf und Klötzer spielen musste; für ihn spricht, dass er gerade mit Manchester City englischer Meister wurde. Kämpfer. Spielt aber ganz anders als van Bommel: Bereichert das Spiel durch furchtbare Kung-Fu-Tritte, brutale Grätschen und schrankenlose Gewalt. Schweinsteiger ist ein Weltklassespieler, er verkehrt mit Iniesta, Lampard, Drogba und anderen High-Society-Leuten des Fußballs. Zurzeit jedoch nicht in bester Form, dazu kommt seine dunkle Bayern-Vergangenheit. Deshalb: Wurst und Käse, remis.

9 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Thomas Müller / Arjen Robben

Germany vs Portugal

Quelle: dpa/dapd

Spielen beim FC Bayern um denselben Platz, nicht immer mit liebevollen Mitteln. Beide sind hoch motiviert, zurzeit mit verbissenen Untertönen. Wollen es sich, der Welt und dem Rivalen zeigen. Vorteil der Deutschen: Sie kennen, wie der Rest der Welt, Robbens Spielweise und seinen einzigen Trick - von rechts nach innen ziehen, vier Mitspieler übersehen, drüber schlenzen. Müller findet an guten Tagen 1000 Wege durch die Verteidigung, ist zurzeit aber ohne Kompass und Landkarte. Robben spielt gegen Routinier Lahm, Müller gegen Neuling Willems, das klingt nach Vorteil für die Deutschen. Vorteil Robben: Müller spielt bei den Vize-Bayern. Vorteil Müller: Robben auch. Fazit: Kein Zipfel, kein Würfel.

10 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Mesut Özil / Wesley Sneijder

Germany v Portugal - Group B: UEFA EURO 2012

Quelle: Getty Images

Zwei Genies, die zudem nicht bei Bayern oder dem HSV spielen müssen. Sneijder spielte gegen Dänemark den Pass des Jahrhunderts, mit dem Außenrist über 50 Meter exakt ans Ziel; Özil lieferte gegen Portugal für seine Verhältnisse Alltagsware. Am Mittwoch kann es genau umgekehrt sein. Fazit: Für jeden einen Zipfel und einen Würfel.

11 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Lukas Podolski / Ibrahim Afellay

Euro 2012: Deutschland - Portugal

Quelle: dapd

Podolski hat die beste Ligasaison seiner Karriere gespielt - und ist mit Köln abgestiegen. Afellay war lange Zeit verletzt - und wurde mit Barcelona Pokalsieger. Beide suchen die Wege in die Tiefe, der eine mit Wucht, der andere mit Dribblings. Der eine schießt mehr Tore, der andere bereitet mehr Tore vor. Podolski hat den besten linken Fuß in Köln und im Universum, aber auch den schwächsten rechten. Vorteil Deutschland: Sollte Podolski nicht zünden, stehen die Spitzenprofis Schürrle und Reus bereit. Vorteil Holland: Sollte Afellay an Boateng nicht vorbeikommen, stehen die Spitzenprofis Kuyt und van der Vaart bereit. Resultat: Halber Zipfel, halber Würfel.

12 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Mario Gomez / Robin van Persie

Euro 2012: Deutschland - Portugal

Quelle: dapd/getty

Van Persie ist torgefährlich, technisch perfekt, mit Blick für die Freiräume und den Nebenmann, großartig am Ball - er könnte Mehmet Scholls Lieblingsstürmer sein. Gomez ist nicht Scholls Lieblingsstürmer, hat aber anders als van Persie bereits ein Siegtor erzielt. Van Persie ist Schützenkönig in England, Gomez spielt bei Bayern, wurde daher Zweiter. Vorteil Holland: Als "Joker" steht der Top-Torjäger Huntelaar bereit. Vorteil Deutschland: Sollte Scholl wieder keinen Gefallen an Gomez finden, steht Klose bereit. Fazit: Unentschieden - und ein Extra-Käsewürfel für Mehmet Scholl.

13 / 13

Einzelvergleich Deutschland - Holland:Bundestrainer / Bondscoach

EURO 2012 - Deutschland ? Portugal

Quelle: dpa

Bert van Marwijk wurde von Königin Beatrix zum Ritter geschlagen. Löw erhielt das Bundesverdienstkreuz - allerdings von Christian Wulff. Beide sind immer lässig und gut angezogen, coole Plauderer und Fachleute. Verdrehte Rollen: Löw huldigt dem Geist des holländischen Voetbal Totaal, er besteht auf kultivierten, ästhetischen Offensivfußball; van Marwijk favorisiert deutschen Pragmatismus, was sich schon in der Wahl seines Schwiegersohns (van Bommel) ausdrückt. Arbeitete in Dortmund, als es dort noch finster und kein Hummels oder Götze in Sicht war. Wurde trotzdem dort zum Ritter geschlagen und erhielt den Ehrentitel "Prins Pilsken". Fazit: Ein badisches Viertele für Löw, ein frisch Gezapftes für van Marwijk. Dazu Wurst & Käse.

Fazit: Aus den präzisen Analysen geht eindeutig hervor: Jedes Ergebnis ist möglich.

© SZ.de/jüsc
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: