Real Madrid in der Einzelkritik:Versagt im Elfmeter-Krimi

Ronaldo wie ein Flummi, Alonso wie ein baskischer Lotse, Khedira nah am Heiligen - und Mesut Özil zaubert Passgemälde. Es reicht dennoch nicht. Real Madrid scheitert erst im Elfmeterschießen nach einem nervenaufreibenden Kampf an den Bayern. Die Madrilenen beim Champions-League-Halbfinale in der Einzelkritik.

Jonas Beckenkamp, Madrid

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Real Madrid in der Einzelkritik:Iker Casillas

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Quelle: AFP

Ronaldo wie ein Flummi, Alonso wie ein baskischer Lotse, Khedira nah am Heiligen - und Mesut Özil zaubert Passgemälde. Es reicht dennoch nicht. Real Madrid scheitert erst im Elfmeterschießen nach einem nervenaufreibenden Kampf an den Bayern. Die Madrilenen beim Champions-League-Halbfinale in der Einzelkritik.

Von Jonas Beckenkamp, Madrid

Iker Casillas: Von allen Madrilenen der am besten geschulte im Umgang mit der bayerischen Bestia Negra - zwei Champions-League-Halbfinals gegen die Münchner (2000, 2001) stählten ihn bereits in jungen Jahren. Zum Anstoß plärrte die Kurve daher im Kollektiv: "Iker, Iker." Seine erste Parade misslang aber gänzlich und eröffnete Ribéry eine glänzende Nachschusschance. Dafür entschärfte er um ein Haar den Elfer und parierte Gomez' Flachschuss ebenso wie Robbens Freistoß. In der zweiten Hälfte trotz Bayerns Überlegenheit weniger im Fokus - bis das Elfmeterschießen folgte. Dort trugen ihn erneute "Iiiiiiker"-Schreie zu zwei Paraden.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Álvaro Arbeloa

Real Madrid - FC Bayern Muenchen

Quelle: dapd

Álvaro Arbeloa: Stellte sich als Rechtsverteidiger tapfer der kniffligen Aufgabe, die Wirkungskreise von Franck Ribéry einzudämmen. Wer bei ihm ein kleines Schnelligkeitsdefizit vermutet hatte, sah sich bestätigt: Alaba zischte ein, zweimal an ihm vorbei - unter anderem vor Robbens Jahrhundertchance am Anfang. Auch später - wie zum Beispiel in der Szene gegen Ribéry, die ihm Gelb einbrachte - insgesamt anfällig und nicht immer sicher, was die Bayern ruhig mehr hätten nutzen können. Von allen Galaktischen mit Abstand der irdischste.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Pepe

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Quelle: AFP

Pepe: Wird an Grimmigkeit nur von seinem Trainer Jose Mourinho übertroffen - in Sachen Schmerzverursachung hingegen unübertroffen. Fungiert als Bösewicht in Reals Abwehrzentrum, wo er aus Leidenschaft alles wegprügelt, was ihm entgegenkommt. Entsprechend furchtlos beim Klären per Kreisklassenkerze, aber auch beim Ringkampf im Sechzehner. Das Resultat: Der Strafstoß zum 1:2 - und das machte ihn nicht weniger grantig. Grollte sich durch die Partie, stocherte und zeigte schließlich, dass er sogar ganz passabel Fußballspielen kann.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Sergio Ramos

Bayern Munich's Gomez challenges Real Madrid's Ramos during their Champions League semi-final second leg soccer match at Santiago Bernabeu stadium in Madrid

Quelle: REUTERS

Sergio Ramos: Manche sagen ihm nach, er erinnere mit seinen ausladenden, glatten Strähnen ein wenig an die Damenhelden von der Tanzgruppe Chippendales. Wurde vielleicht auch deshalb schon beim Einlaufen lautstark gefeiert. Spielte dann bei allen auffälligen Äußerlichkeiten auch einen soliden Part in der Innenverteidigung, was vor allem an seinem variablen Aufbauspiel lag. Wer bei dem gebürtigen Andalusier auf eine ausgiebige Abwehrsiesta gehofft hatte, wurde enttäuscht: Ramos hatte nicht nur die Haare schön, sondern war zumeist auch hellwach. Außer im Elfmeterschießen - da drosch er den Ball Richtung Cadiz.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Marcelo

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Quelle: AFP

Marcelo: Er war der Überraschungsgast in Mourinhos auserwähltem Ensemble, denn viele hatten auf Links Fabio Coentrao erwartet. Vielleicht lag es an Marcelos Kernkompetenz, die der von Pepe ähnelt: Oft am Rande es Erlaubten, gerne auch ein Trittchen darüber - wie Thomas Müller nach der gemeingefährlichen Hinspielsense des Brasilianers gewiss bestätigen kann. Wirbelte deutlich offensiver los als sein portugiesischer Ersatz und legte hinten Robben rabiat aufs Kreuz. Vor der Elfmeterszene der Bayern dann aber jenseits von jedem und auch sonst stark abbauend - bis er wieder am herrlichen Grätsch-Contest mit Robben Gefallen fand.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Sami Khedira

Real Madrid - FC Bayern München

Quelle: dpa

Sami Khedira: Eine der Lieblingswaffen seines Trainers, weil er als kilometerfressender Kraftbolzen das "Box-to-Box-Spiel" wie kaum ein anderer bei Real beherrscht. Bei den Madridistas in der Kurve ist er seit seinem Tor gegen Barcelona ohnehin eine Koryphäe. Wäre wohl direkt heilig gesprochen worden, wenn er nach wenigen Minuten freistehend getroffen hätte. Danach zurückhaltender, aber stets seriös wie ein königlicher Vasalle: Half gerne hinten aus, leitete Bälle weiter und tat sich als Gestalter hervor.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Xabi Alonso

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Quelle: AFP

Xabi Alonso: Auf den Punkt gebracht: Was Khedira erläuft, löst Alonso mit Auge und Pässen. Verlieh den mitunter divenhaften Berühmtheiten der "Königlichen" mit seiner baskischen Bodenständigkeit ein wenig Erdung. Manövrierte seine Kollegen über weite Strecken als Lotse und umsichtiger Spielverlagerer durch das offene Mittelfeldmeer - auch wenn nicht jeder weite Schlag sein Ziel fand. Als Kommandogeber und Stratege bei Real unersetzlich.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Ángel Di María

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Quelle: AFP

Ángel Di María: Hatte im Hinspiel die ungemütliche Bekanntschaft eines gewissen David Alaba gemacht, der den Gaucho auf der rechte Offensivseite Reals in beinahe tangotaugliche Melancholie trieb. An diesem Abend deutlich motivierter und gleich zu Beginn mit feiner Ablage zu Khedira. Nur kurz darauf mit einem Volleyversuch, der wegen Alabas Handspiel zum Elfmeter führte. Flink auf den Füßen, aber auch flink im Fallen. Oft anspielbar - dafür aber mit Flanken ohne Mumm. Die Quittung für eine saftlose zweite Hälfte folgte in der 75. Minute: er musste für Kaká weichen.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Mesut Özil

Real Madrid - FC Bayern Muenchen

Quelle: dapd

Mesut Özil: Von den spanischen Medien als "Hellseher" und "Ma-gier" gefeiert, vom Stadionsprecher als "Ozzzzillll" vorgestellt, auf dem Platz dann mit einer Überraschung: quietschorangene Fußballschuhe - hatte er die Dinger in München etwa in Houdini-Manier aus Ronaldos Turnbeutel gezaubert? So wie er dem Portugiesen in der 14. Minute auf geniale Weise das 2:0 auflegte? Vorstellbar wäre das. Löste viele Szenen mit seinem verblüffenden Bewegungstalent - das entschädigte für so manche vorübergehende Unsichtbarkeit. Ging deshalb in der Verlängerung unter großem Aplaus vom Feld.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Cristiano Ronaldo

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Quelle: AFP

Cristiano Ronaldo: Ob er nach dem perfiden Latschenklau von München diesmal gleich einen ganzen Seesack an Tretern mit hatte, ist nicht überliefert. Stolzierte dafür gewohnt frisch frisiert und fit wie ein Flummi auf das heilige Geläuf des Bernabeu. Dort angekommen verwandelte er unter gesundheitsschädigendem Getöse erst den Elfmeter zum 1:0 und dann Özils Passgemälde zum 2:0. Es waren wettbewerbsübergreifend seine Saisontore 64 und 65 - noch Fragen, Lionel Messi? Zeigte sich in der Folge aber zumeist nur noch mit seiner Cowboy-Haltung bei erfolglosen Freistößen. War er müde vom Seesack-Schleppen? Vielleicht ja, denn im Elfmeterschießen versagte er.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Karim Benzema

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Quelle: AFP

Karim Benzema: War in München zwar ohne Tor geblieben, aber dennoch der Beste seines Teams. Diesmal zunächst ebenso aktiv, robust und stets ein Unheilfaktor für die Bayern - zum Beispiel bei seiner eleganten Einzelleistung in der 31. Minute. Danach immer wieder mit kleinen Pausen, die den Bayern die Möglichkeit zum durchschnaufen gaben. Sorgte dann mit einem gefährlichen Schuss und reichlich Einsatz dafür, dass nicht zu viel durchgeschnauft wurde. In der 116. Minute durfte dann auch er durchschnaufen und ging für Higuain raus.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Kaká

Real Madrid - FC Bayern Muenchen

Quelle: dapd

Kaká: Hatte vor der Partie per Twitter die Fans um besondere Unterstützung gebeten - und musste dann, wie so oft, auf der Bank brüten. Kam in der 75. Minute für Di María und schickte Özil auf die rechte Außenbahn, um selbst in die Mitte zu rücken. Dort verbrachte er einen eher unauffälligen Abend und erntete nach Fehlpässen sogar Pfiffe. Es kam noch schlimmer: Er verschoss vom Punkt.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Gonzalo Higuain

Bayern Muenchen v Real Madrid - UEFA Champions League Semi Final

Quelle: Bongarts/Getty Images

Gonzalo Higuain: Wäre in 99,99 % aller Fußballteams auf dem Planeten ein gefeierter Angreifer, denn er kann eigentlich alles: Tore erzaubern, Tore vorbereiten und Tore erschleichen. Doch unter Mourinho übernimmt diesen Job derzeit Benzema. Für den kam Higuain in der Verlängerung und tat: wenig.

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Real Madrid in der Einzelkritik:Esteban Granero

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Quelle: AFP

Esteban Granero: Die Madrider Sportzeitungen druckten Meinungsduelle ihrer Redakteure mit der Streitfrage: Soll er gegen die Bayern spielen? Die Antwort: Granero saß zunächst auf der Bank und betrat erst im Epilog für Özil den Platz. Sein Wirkungsgrad dort: überschaubar - wenn man von einer peinlichen Schwalbe im Sechzehner absieht.

© Süddeutsche.de/infu
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